Joseph Anton
SHOULDNT OTTER DONE IT , und eine Grußkarte mit dem Text FRÖHLICHE FATWAH BIS BALD ISLAMISCHER DSCHIHAD . Am selben Tag hielt Peter Temple-Morris von der ›Anti-Rushdie‹-Torygruppe bei einem Seminar der School of Oriental and African Studies eine Rede und sagte in der Gegenwart des iranischen chargé d’affaires Gholamreza Ansari und mit dessen Zustimmung, Mr Rushdie sei an der ganzen Sache schuld und solle endlich den Mund halten, denn ›Schweigen ist Gold‹. Das war ein Wortspiel: Im Iran wurde der Verfasser von Die satanischen Verse manchmal als ›goldener Mann‹ bezeichnet, was ein Farsi-Ausdruck für einen verschlagenen Menschen war. Ebenfalls am selben Tag rief Frances an und sagte, 1994 habe Artikel 19 insgesamt 60 000 Pfund für die Verteidigungskampagne ausgegeben, aber nur 30 000 Pfund an Spenden erhalten, zukünftig müssten sie ihre Bemühungen auf die Hälfte reduzieren.
Bei der jährlichen ›A‹-Kommando-Feier stellte er gerührt fest, dass das Malachite-Team echten Besitzerstolz für seinen neuen Roman empfand und beschlossen hatte, dafür ›müsse‹ er den Booker kriegen. »Okay«, sagte er seinen Jungs, »wir werden uns mit der Jury in Verbindung setzen und sie wissen lassen, dass sich einige schwerbewaffnete Männer lebhaft für das Ergebnis interessieren.« Danach wurde ihm und Elizabeth erlaubt , im Ivi zu Abend zu essen. (Die Eskorte saß an einem Tisch bei der Tür und gaffte wie alle anderen in die Runde.) Er sagte ihr, wie ergriffen er sei, weil sich die Fertigstellung von Des Mauren letzter Seufzer mehr noch als Harun und das Meer der Geschichten wie ein Sieg über die Mächte der Finsternis anfühlte. Selbst wenn sie ihn jetzt töteten, könnten sie ihn nicht besiegen. Man hatte ihn nicht zum Schweigen gebracht. Er hatte sich nicht unterkriegen lassen.
Draußen standen Paparazzi, die genau wussten, wer Elizabeth war, doch als er das Restaurant verließ und sagte, »Sie können mich fotografieren, aber nicht sie«, kamen alle seiner Bitte nach.
*
Clarissa ging es wieder gut. Zum ersten Mal war von vollständiger Remission die Rede. Schon lange hatte er auf Zafars Gesicht kein so breites Lächeln mehr gesehen. Auch bewarb sie sich auf seine Ermutigung hin um einen neuen Job als Literature Officer beim Arts Council. Er rief Michael Holroyd an, der im Bewerbungsgremium saß, und lobte sie in den höchsten Tönen. Das einzige Problem könnte ihr Alter sein, meinte Michael; das Arts Council wollte womöglich jemand Jüngeren. Sie ist erst sechsundvierzig, Michael, sagte er, und sie ist wie für die Stelle gemacht. Sie ging zu ihrem Bewerbungsgespräch und präsentierte sich in Bestform. Wenige Tage später hatte sie den Job.
Des Mauren letzter Seufzer gewann jeden Tag neue Freunde. Sein französischer Verleger Ivan Nabokov schrieb ihm einen begeisterten Brief aus Paris. Der üblich wortkarge Sonny Mehta hatte das Buch noch nicht gelesen. »Ja«, ließ dessen Assistent Andrew wissen, »es bereitet ihm Sorgen.« Das Albtraumszenario war, dass Sonny ob der Schilderung einer politischen Partei namens ›Mumbai’s Axis‹, eines satirischen Porträts der brutalen Shiv Sena, in Panik verfallen könnte und Random House deshalb wie damals bei Harun den Vertrag kündigen würde. Doch nach langen, bangen Tagen, an denen es nach der Nachricht ›Sonny bittet um einen Anruf‹ immer wieder hieß, der große Mann sei nicht erreichbar, sprachen sie sich endlich, und Sonny sagte, das Buch gefalle ihm. Diesmal würden keine Vertragsfetzen fliegen. Wieder ein kleiner Schritt nach vorn.
Ein größerer Schritt folgte. Nach langen Diskussionen zwischen ihm und Scotland Yard teilte Rab Connolly ihm mit, sobald Des Mauren letzter Seufzer erschienen sei, sei es ihm erlaubt , öffentliche Lesungen und Signierstunden abzuhalten, die sechs Tage vorher angekündigt werden dürften, ausgenommen Freitag, damit die muslimische Opposition das Freitagsgebet nicht dazu nutzen konnte, sich zu organisieren. »Ankündigung Samstag, Veranstaltung am Donnerstag drauf«, sagte Rab. »So lautet die Vereinbarung.« Das war ein Durchbruch. Sein Verleger Frances Coady und die Pressefrau Caroline Michel waren begeistert.
Der Rückschritt, der dann kam, traf ihn vollkommen unerwartet. Clarissa ging es jeden Tag besser, ihr Job machte ihr Spaß, Zafars schulische Leistungen steigerten sich mit dem gesundheitlichen Fortschritt seiner Mutter, und seine eigene Zuversicht wurde Woche für Woche größer. Mitte März rief
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