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Joseph Anton

Joseph Anton

Titel: Joseph Anton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rushdie
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Faradsch Fouda, Tahar Djaout, U ˘ g ur Mumcu – sind wegen ihrer Entschlossenheit, es mit einem ›bekannten Feind aufzunehmen‹ ermordet worden. … Ich bin nicht der Ansicht, dass Priester und Mullahs und erst recht nicht Bombenleger und Mörder besonders prädestiniert sind, uns zu sagen, was wir denken dürfen und was nicht.«
    Le Carré verstummte, doch jetzt stieg sein Freund William Shawcross in den Ring. »Rushdies Behauptungen sind haarsträubend und … stinken nach triumphierender Selbstgerechtigkeit.« Das war ungeschickt, denn Shawcross war der scheidende Vorsitzende von Artikel 19, der sich später in einem Brief von seinen Äußerungen distanzieren musste. The Guardian ließ die Story nur ungern enden, und der Redakteur Alan Rusbridger rief an, um zu fragen, ob er vielleicht auf Shawcross’ Brief antworten wolle. »Nein«, sagte er. »Wenn le Carré seine Freunde ranholt, um für ihn ein bisschen herumzunörgeln, dann ist das seine Sache. Ich habe gesagt, was ich zu sagen hatte.«
    Viele Journalisten führten le Carrés Feindseligkeit auf den alten Verriss von Das Russlandhaus zurück, doch plötzlich überkam ihn Traurigkeit für das, was passiert war. Den le Carré von Dame, König, As, Spion und Der Spion, der aus der Kälte kam hatte er immer sehr bewundert. In glücklicheren Zeiten hatten sie sogar einen kamerad schaftlichen Bühnenauftritt im Rahmen der Nicaragua Solidarity Campaign gehabt. Er fragte sich, ob le Carré positiv reagieren würde, wenn er ihm den Ölzweig reichte. Doch als le Carrés Schwester Charlotte Cornwell in Nordlondon auf der Straße Pauline Melville in die Arme lief, machte sie ihrer Wut Luft – »Also! Was Ihren Freund angeht!« –, was darauf schließen ließ, dass die Emotionen im Cornwell-Lager noch nicht sonderlich empfänglich für eine Friedensinitiative waren. Er bedauerte den Streit und hatte das Gefühl, keiner hatte dabei gewonnen. Sie hatten beide verloren.
    Nich lange danach wurde er in die Spitzelzentrale eingeladen, um vor einer Runde Station Chiefs des britischen Geheimdienstes zu sprechen, und die furchteinflößende Eliza Manningham-Buller vom MI 5, deren Aussehen exakt ihrem Namen entsprach, eine Mischung aus Bertie Woosters Tante Dahlia und der Queen, war außer sich über le Carré. »Was fällt dem eigentlich ein?«, fragte sie erbost. »Kapiert der gar nichts? Ist der völlig bescheuert?« – »Aber war er nicht früher einmal einer von euch?« Eliza Manningham-Buller gehörte zu jenen seltenen, schätzenswerten Frauen, die tatsächlich schnauben konnten. »Hah!«, schnaubte sie wie eine echte Wodehause’sche Tante. »Ich nehme an, er hat höchstens fünf Minuten in irgendeinem niederen Dienst für uns gearbeitet, aber niemals, mein Lieber, hat er Ebenen erreicht, zu denen Sie heute Abend gesprochen haben, und glauben Sie mir, nach dieser Geschichte wird er das auch nie.«
    Elf Jahre später, im Jahr 2008, las er ein Interview mit John le Carré, in dem sein einstiger Gegner über ihre einstige Schlammschlacht sagte: »Vielleicht lag ich falsch; wenn ja, dann aus den richtigen Gründen.«
    *
    Er hatte fast zweihundert Seiten von Der Boden unter ihren Füßen fertiggestellt, als Paul Austers Hoffnungen, ihn in seinem Film Lulu on the Bridge unterzubringen, platzten. Die amerikanische Transportarbeitergewerkschaft Teamsters Union – »Kannst du dir das vorstellen, die großen, starken Teamsters?«, klagte er – hatte erklärt, sie hätten zu große Angst, Mr Rushdie mit im Film zu haben. Natürlich wollten sie mehr Geld, Gefahrenzulagen, doch das Budget war winzig, und es gab nicht mehr. Paul und sein Producer Peter Newman versuchten, sich irgendwie durchzusetzen, doch am Ende mussten sie sich geschlagen geben. »Als ich begriffen habe, dass wir es nicht schaffen würden, habe ich mich allein in ein Zimmer eingeschlossen und geheult«, erzählte Paul.
    Seine Rolle ging an Willem Dafoe. Das zumindest war schmeichelhaft.
    *
    Als er sich in den Räumen von The London Review of Books einen Vortrag von Edward Said anhörte, kam ein junger Mann namens Asad auf ihn zu und gestand, 1989 die Islamische Gesellschaft in Coventry geleitet zu haben und der Organisator der Demos gegen Die satanischen Verse für die West Midlands gewesen zu sein. »Aber das hat sich erledigt«, brach es aus ihm heraus, »inzwischen bin ich nämlich Atheist.« Na, das sei ein Fortschritt, sagte er zu Asad, doch der junge Mann war noch nicht fertig. »Und dann habe ich vor

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