Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
Trappe, oder fangen auch einen Keiler ab und bringen ihn zur Strecke, daß wir eine Spende Rauschtranks ausgießen über ihn. Dazu stärken sich meine Gäste im Schlummer, der mir heilig ist, und abends wird weitergezecht. Du aber, wenn du am fünften Tage hervorgehst aus der Brautkammer, sollst dich uns ebenfalls anschließen zur fröhlichen Jagd.«
»Ich will nichts wissen von fröhlicher Jagd«, versetzte Jaakob, »und mir steht mein armer Sinn nicht danach, den du verwirrt und geschändet, daß es von der Erde zum Himmel schreit. Denn du hast mich über die Maßen betrogen, betrogen schändlich und grausam und hast heimlich Lea zu mir eingelassen, deine Ältere, statt Rahel, um die ich dir gedient. Was fange ich an mit mir und dir?«
»Höre«, erwiderte Laban. »Es gibt Worte, die du lieber nicht solltest auf die Zunge nehmen und solltest Scheu tragen, sie laut werden zu lassen, denn in Amurruland sitzt, wie ich weiß, ein rauher Mann, der weint und rauft sich das Vlies und trachtet dir nach dem Leben, der könnte wohl reden von Betrug. Es ist unangenehm, wenn ein Mann sich für den anderen schämen muß, weil dieser es nicht tut, und so steht es augenblicklich zwischen dir und mir, infolge deiner schlecht gewählten Worte. Ich hätte dich betrogen? In welchem Anbetracht? Habe ich eine Braut bei dir eingeführt, die nicht mehr unberührt gewesen wäre und wäre nicht würdig gewesen, über die sieben Treppen zu schreiten in die Arme des Gottes? Oder habe ich dir eine gebracht, die nicht rechtschaffen und tüchtig gewesen wäre am Leibe oder ein Jammern angestellt hätte wegen des Schmerzes, den du ihr angetan, und wäre dir nicht willig und dienlich gewesen in der Lust? Habe ich dich dergestalt betrogen?«
»Nein«, sagte Jaakob, »dergestalt nicht. Lea ist groß im Zeugen. Aber du hast mich hintergangen und hinter das Licht geführt, so daß ich nicht sah und Lea für Rahel hielt diese ganze Nacht, und habe der Unrechten meine Seele und all mein Bestes gegeben, daß es mich reut, wie ich nicht sagen kann. So hast du Wolfsmensch an mir getan.«
»Und du nennst es Betrug und vergleichst mich ungescheut mit Tieren der Wüste und bösen Geistern, weil ich es mit der Sitte hielt und als rechtlicher Mann mich nicht unterfing, dem heilig Hergebrachten die Stirn zu bieten? Ich weiß nicht, wie es zugeht in Amurruland oder im Lande des Königs Gog, aber in unserem Lande ist es nicht üblich, daß man die Jüngste ausgebe vor der Ältesten, das schlüge dem Herkommen ins Gesicht, und ich bin ein gesetzlicher Mann, ein Mann des Anstandes. So tat ich, wie ich tat, und handelte klüglich wider deine Unvernunft und wie ein Vater, der weiß, was er seinen Kindern schuldet. Denn du hast mich schnöde gekränkt in meiner Liebe zur Ältesten, da du mir sagtest: ›Lea entfacht meine männlichen Wünsche nicht.‹ Verdientest du etwa deswegen keine Lektion und Zurechtweisung? Da hast du nun gesehen, ob sie dich entfacht oder nicht!«
»Ich habe gar nichts gesehen!« rief Jaakob. »Es war Rahel, die ich umfing!«
»Ja, das hat sich gezeigt in der Frühe«, erwiderte Laban höhnisch, »aber das ist es eben, daß Rahel, meine Kleine, sich nicht zu beklagen hat. Denn Lea’s war die Wirklichkeit, aber die Meinung war Rahels. Doch habe ich dich auch die Meinung gelehrt für Lea, und welche du nun in Zukunft umfangen wirst, deren wird sowohl die Wirklichkeit wie auch die Meinung sein.«
»Willst du mir Rahel denn geben?« fragte Jaakob ...
»Selbstredend«, sprach Laban. »Wenn du sie willst und willst mir zahlen für sie das Gesetzliche, so sollst du sie haben.«
Da rief Jaakob:
»Aber ich habe dir gedient um Rahel sieben Jahre!«
»Du hast«, antwortete Laban mit Würde und Festigkeit, »mir gedient um ein Kind. Willst du auch das zweite, was mir genehm sein sollte, so mußt du zahlen abermals!«
Jaakob schwieg.
»Ich will«, sagte er dann, »den Kaufpreis beschaffen und sehen, daß ich beibringe den Mahlschatz. Ich werde eine Mine Silber leihen von Leuten, die ich vom Handel kenne, und will auch wohl aufkommen für dies und jenes Geschenk, der Braut an den Gürtel zu binden, denn es ist mir unversehens etwelche Habe zugewachsen in all dieser Zeit, und ganz so mausearm bin ich nicht mehr wie seinerzeit, als ich erstmals freite.«
»Schon wieder sprichst du ohne jedwedes Feingefühl«, versetzte Laban mit würdigem Kopfschütteln, »und redest liederlich daher von Dingen, die du tief im Busen verschließen solltest, und
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