Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
abendlich, und daß es viel Fackellicht gab in den mit bunten Webereien ausgehangenen und überall mit Myrtengrün geschmückten Räumen lag in der Natur der Dinge. Aber von diesen Bränden, an die sich ja fast unvermeidlich die Vorstellung knüpft, daß sie bestimmt sind, Gelasse zu beleuchten, in die das Tageslicht nicht dringt, war hier ein so überreichlicher und betonter Gebrauch gemacht, daß er den praktischen Zweck überschritt und deutlich mit der berührten Vorstellung zu tun hatte. Die Brautmutter, Potiphars Weib, wenn man sie, ohne Verwirrung zu stiften, so nennen darf, – ganz in ein dunkel veilchenfarbenes Gewand gehüllt und von tragischer Erscheinung –, trug zeitweise in jeder Hand eine Fackel oder zweie in einer Hand, und Fackelträger waren alle Personen, Männer und Frauen, die an dem großen Auf- und Umzuge teilnahmen, der, Hauptakt der ganzen Feierlichkeiten, durch alle Gemächer des Hauses ging und sich dann im Brunnenhof, wo Pharao als höchster Gast in überlässiger Haltung zwischen Joseph und der ebenfalls violett verschleierten Asnath saß, zu einem kunstreichen und wirklich sehenswerten Fackeltanz entwickelte oder vielmehr: verwickelte; denn der qualmig-flammende Reigen ging in neunfacher Spirale, in der Richtung nach links sich bewegend, um den Mittelpunkt des Brunnens herum; und daß dabei ein rotes Seil, alle Windungen des drehenden Labyrinths verfolgend, durch die Hände der Tanzenden lief, hinderte diese nicht, ihre Darbietungen mit einem wahren Fackelspiel und Feuerwerk der Geschicklichkeit zu krönen, indem sie die Leuchten kreuz und quer und oft vom Innersten der Schraube nach ihrem Rande hin tauschweise einander zuwarfen, ohne daß ein einziges Mal ein fliegendes Feuer sein Ziel verfehlt hätte und zu Boden gefallen wäre.
Man muß das gesehen haben, um die Versuchung mitzufühlen, ausführlicher darüber zu berichten, als mit unserem Vorsatz übereinkommen mag, bei der Schilderung von Josephs Hochzeit Zurückhaltung zu beobachten – aus schonender Rücksicht auf einen Alten, der, wenn er zugegen gewesen wäre, sich über manches entsetzt hätte, was hier geschah. Aber er war ja fern und geborgen in der Vorstellung von Josephs ewiger Siebzehnjährigkeit. Auch hätte er an dem geschickten Fackelspiel, rein als Anblick genommen, gewiß sein Wohlgefallen gehabt, wenn auch an anderem nicht. Sein Sinn war väterlich, und er hätte es, um nur ein mäßiges Wort zu gebrauchen, mißbilligt, daß bei seines Sohnes Hochzeitsceremonieen das Mütterliche, die angeblich beraubte und in ihrer Tochter selbst geraubte, zürnende und drohende Mutter des Mädchens Asnath eine so vordringliche Rolle spielte. Dies zeigte sich unter anderem darin, daß auch die an dem Spiral-Tanz und an dem großen Aufzug beteiligten Männer und Jünglinge, wenigstens die Mehrzahl von ihnen, als Weiber gekleidet waren, nämlich so, wie die BrautMutter, – was natürlich in des frommen Jaakobs Augen ein Baalsgreuel gewesen wäre. Offenbar betrachteten sie sich als jene, gingen mit ihrer Persönlichkeit ein in die ihre; denn dasselbe veilchenfarbene Schleiergewand, das die Grollende trug, wallte ihnen herab, und auch Groll gaben sie kund, indem sie öfters, die Fackel in die linke Hand nehmend, die rechte Faust drohend schüttelten, was sich umso schreckhafter ausnahm, als sie Masken vor den Gesichtern trugen, die nun freilich keine Ähnlichkeit mit dem Matronen-Antlitz von Potiphera’s Gattin, sondern einen Ausdruck zeigten, daß man bei ihrem Anblick hätte erstarren mögen, gräßlich aus Wut und Gram gemischt – und dazu das Schütteln der Fäuste. Außerdem hatten viele sich unter dem Trauergewand den Leib ausgestopft, als wären sie in vorgeschrittenen Umständen – stellten also die Mutter dar, wie sie das Mädchen-Opfer noch unter dem Herzen trug – oder wie sie es wieder dort trug – oder wie dieses ein neues Opfer-Mädchen dort trug, – darüber hätten sie wohl selbst genaue Rede nicht stehen können.
Männer und Jünglinge, die sich den Leib erhöhen – das wäre nun freilich nichts für Jaakob ben Jizchak gewesen – doch wünschen wir, unsere Ausführlichkeit darüber ohne weiteres als Gutheißung gedeutet zu sehen. Aber für Joseph, den ins Weltliche Abgesonderten, war nun einmal die Zeit der Lizenzen gekommen; seine Hochzeit selbst war eine große Lizenz, und im Geist der Erlaubnis und der Nachsicht, der die Stunde bestimmt, berichten wir von ihren Einzelheiten.
Diese also waren teils
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