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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Kreis? Oder vor einem größern Publikum im Hause des Marull oder des Regin? Oder vielleicht gar auf dem Palatin selber im großen Saale des Hauses der Lucia?
      Lucia hatte eine Idee. Wie wäre es, wenn Josef im Friedenstempel läse?
      Im Friedenstempel? In dem Hause, aus dem der Kaiser seine Büste hat entfernen lassen? Ist das nicht eine ungeheuerliche Herausforderung? Wird da nicht die große Halle vereinsamt liegen, weil niemand wagen wird, an einer so gefährlichen Veranstaltung teilzunehmen? Besteht nicht selbst die Möglichkeit, daß der Kaiser den Josef verhaften läßt vor seiner Vorlesung?
      Lucia sagte: »Wir kommen so nicht weiter. Wir stoßen immer wieder auf den gleichen Punkt des Widerstands: auf DDD. Ich seh mir das nicht länger mit an. Er will uns zermürben durch diese Taktik. Er will unsern Josephus totmachen durch sein Schweigen. Aber das soll ihm nicht glücken. Ich möchte wissen, woran wir sind. Ich gehe zu ihm.«

    Als sich Lucia bei ihm ansagte, ahnte Domitian sogleich, daß es um den Juden oder um seinen Sohn gehen werde.
      Er war in den letzten Monaten mit Lucia nur selten zusammengekommen. Er war die meiste Zeit mißgestimmt, er wurde fetter und schlaffer von Körper, er hatte einen großen Verbrauch an Frauen, ohne daß sie ihm rechten Spaß gemacht hätten. Er ließ sich genau Bericht erstatten über alles, was um Lucia geschah. Mißtrauisch, übelwollend bedachte er, daß sie nun also den jungen Juden an ihren Hof gezogen hatte, den Sohn dieses gefährlichen Josephus. Da Josephus alt wurde, ließ er sich wohl durch seinen Sohn vertreten.
      Der Kaiser empfing Lucia höflich, mit distanzierter, ironischer Liebenswürdigkeit. Man sprach ziemlich lange über Gleichgültiges. Lucia betrachtete den dicken, kahlen, alternden Herrn; er zählte nicht viel mehr Jahre als sie selber, doch er war alt und sie war jung. Sie hatte das Gefühl, er sei ihr fremder als seit Jahren, sie vermöge wenig mehr über ihn, und sie fragte sich, ob sie nicht vielleicht besser von ihrem Plan abstehen und von Josef gar nicht erst reden solle. Dann aber siegte ihre angeborene Kühnheit über ihre Vorsicht.
      Sie habe, begann sie in der Richtung ihres Vorhabens vorzustoßen, in letzter Zeit viel hören müssen über Judenverfolgungen in der Provinz und über Schikanen, denen die Juden in der Stadt selber ausgesetzt seien. Sie habe, wie er wisse, jüdische Freunde, darum interessiere sie sich für diese Angelegenheit. Auch er selber, der Kaiser, finde sie, sollte sich mit diesen Dingen beschäftigen. »Sie haben mir einmal auseinandergesetzt, mein Domitian«, erinnerte sie ihn, »daß ein Kampf ist zwischen Ihnen und dem östlichen Gott. Ich würde an Ihrer Stelle mir jeden Schritt in diesem Kampf zehnmal überlegen, ehe ich ihn unternehme. Ich selber bin, wie Sie wissen«, lächelte sie, »ein wenig lau in der Verrichtung der religiösen Pflichten, aber ich bin eine gute Römerin und glaube an die Götter. Wenn ich auch nicht viel tue, um ihnen meine Verehrung zu bezeigen, so vermeide ich doch alles, was sie gegen mich aufbringen könnte. Nun hat aber auch mit der Größe des Reichs die Zahl seiner Götter zugenommen. Ich denke, mein Domitian, wir sind einer Meinung darin, daß Sie als der Zensor berufen sind, alle Götter des Reichs zu schützen. Ich weiß nicht, ob Sie über diesen schwierigen Gott Jahve, den Sie für Ihren Feind halten, hinlänglich informiert sind. Er ist ein schwieriger Gott, und es wäre vielleicht gut, wenn Sie sich über sein Wesen und seine Art möglichst genau unterrichteten.«
      »Denken Sie an unsern Juden Josephus, meine Lucia?« fragte lächelnd, sehr höflich Domitian und schaute ihr mit seinen kurzsichtigen, etwas vorgewölbten Augen in das helle, große Gesicht. »Ja«, antwortete sie ohne weiteres. »Dieser Josephus hat das neue Buch erscheinen lassen, an dem er seit vielen Jahren geschrieben hat, und ich finde, es ist ein Buch, das wir Römer mit größter Aufmerksamkeit lesen sollten. Wenn Sie dieses Buch gelesen haben werden, mein Domitian, werden Sie über das Wesen Ihres Feindes, des Gottes Jahve, viel besser informiert sein.«
      »Erinnern Sie sich, meine Lucia«, antwortete, immer sehr höflich, der Kaiser, »daß ich, nachdem ich Teile dieses Buches gelesen hatte, die Büste dieses unseres Josephus aus dem Friedenstempel habe entfernen lassen?« – »Sehr wohl erinnere ich mich«, erwiderte Lucia. »Ich habe mich schon damals gefragt, ob diese

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