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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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die Idee gekommen, daß vielleicht er, dein Sohn, der Auserwählte sein könnte, euer Messias?« Josef, die Lippen sehr blaß, die Kehle trocken, antwortete: »Nein, daran hab ich nicht gedacht.«
      Zuerst war es dem Domitian als eine schwere Aufgabe erschienen, sich mit dem Juden auseinanderzusetzen, als eine Aufgabe, die er nur auf sich genommen, um sich vor Jahve zu rechtfertigen. Nun er aber das Gesicht des Josef sah, dieses hagere, gepeinigte Gesicht, da war es keine qualvolle Mühe mehr, sondern es packte ihn eine große, wilde, grausame Lust, zu sehen, was der Mann nun tun wird, wie er sich verhalten, wie sich sein Gesicht ändern, welche Worte er sprechen wird, wenn er erfährt, was mit seinem Sohne geschehen ist. Des Kaisers Augen sehnten sich danach, dies zu sehen, seine Ohren sehnten sich danach, den Aufschrei des getroffenen, verhaßten Feindes zu hören, der ihm ins Gesicht seine Frechheiten gesagt und der seiner Lucia gefallen hatte.
      Bedachtsam also, nachdenklich, mit besonders sanfter Tücke die Worte wägend, sprach er weiter: »Wenn du in deinem Sohne niemals den Gedanken geweckt hast, er könnte der Auserwählte eures Jahve sein, dann hast du vielleicht auf irgendeine andere Art seinen Ehrgeiz gestachelt, oder vielleicht hat er dich mißverstanden, oder vielleicht auch hat euer Gott ihm von Anfang an ein sehr ehrgeiziges Herz mit auf seinen Weg gegeben.« Josef folgte des Kaiser Worten mit peinvoller Gespanntheit. »Ich bin sehr töricht«, sagte er, »oder zumindest habe ich heute einen schlechten Tag und ein fettes Hirn, und ich verstehe die Worte Eurer Majestät nicht zu deuten.« Immer mit der gleichen, unerbittlichen Sanftheit fuhr Domitian fort: »Auf alle Fälle ist es gut, daß es gerade Ruhe und Sicherheit ist, was du vom Himmel für deinen Matthias erbittest.« Josef, Herz und Stimme geschnürt von Pein, flehte: »Ich wäre Eurer Majestät unendlich dankbar, wenn Sie zu einem geängstigten Vater in so einfachen Worten sprechen wollten, daß er es versteht.« – »Du bist sehr ungeduldig«, tadelte Domitian, »du bist so ungeduldig, daß es gegen den Anstand verstößt, den du deinem kaiserlichen Freunde schuldest. Aber ich bin es gewöhnt, verzeihen zu müssen, gerade dir hab ich oft Nachsicht geschenkt, mag es denn auch diesmal sein. Also höre, du Ungestümer! Es ist dies: dein Matthias hat sich in ein höchst ehrgeiziges Unternehmen eingelassen. Ich glaube, ich hoffe, ich seh es deinem Gesicht an, ich bin überzeugt, du weißt nicht darum. Das freut mich für dich. Es war nämlich ein sehr gefährliches Unternehmen, und es ist ihm nicht geglückt. Es war leider auch ein verbrecherisches Unternehmen.« – »Haben Sie Mitleid mit mir!« flehte Josef ihn an, leise, doch voll letzter Qual. »Haben Sie Mitleid mit mir, mein Herr und Gott Domitian! Was ist es mit meinem Matthias? Sagen Sie es mir! Ich flehe Sie an!«
      Domitian beschaute ihn mit der ernsten, sachlichen Neu gier, mit der er die Tiere seiner Käfige und die Pflanzen seiner Treibhäuser betrachtete. »Er hat die Geschäfte der Kaiserin in Massilia verrichtet,« sagte er, »wie es ihm aufgetragen war, er hat sie gut verrichtet, zu gut.« – »Und ist er weg von Massilia«, fragte atemlos Josef, »oder wo ist er?« – »Er hat sich eingeschifft«, antwortete der Kaiser. »Und wann wird er zurückkehren?« drängte Josef. »Und wann werde ich ihn wiedersehen?« Und da der Kaiser nur ein langsames, leises, bedauerndes Lächeln hatte, vergaß Josef alle Ehrfurcht, es sprach aus ihm nur eine ungeheure, sinnlose Angst, und: »Er wird also nicht zurückkehren?« fragte er, die Augen starr auf dem Kaiser, und er ging ganz nahe an ihn heran, ja er berührte das kaiserliche Gewand. Domitian, der sonst die Berührung jedes Fremden verabscheute und darin die schändlichste Verletzung aller Ehrfurcht sah, entzog sich ihm sanft. »Du hast noch mehr Kinder, nicht?« sagte er. »Zeig jetzt, mein Jude, daß deine Verse vom Mut mehr sind als bloße Worte!« – »Ich habe nur einen Sohn gehabt, und er ist nicht mehr.« Josef wiederholte sinnlos, beharrlich: »Er wird also nicht zurückkehren?« Er stammelte so, daß man die Worte kaum verstehen konnte, aber der Kaiser verstand sie doch, und er genoß die Vernichtung des Gegners. »Es ist ihm ein Unglück zugestoßen«, berichtete er mit freundlicher, bedauernder Stimme. »Er ist gefallen. Er hat sich in ein knabenhaftes Wettspiel eingelassen mit einem Schiffsjungen. Sie sind einen

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