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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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»Auch wäre es klug«, ergänzte Regin, »wenn gerade Sie die Bestattung vollzögen. Das Gerede, daß Sie etwas mit dem Verbrechen des untreuen Norban zu tun gehabt haben, wird dann wohl verstummen.« – »Des untreuen Norban«, sagte nachdenklich Lucia. »DDD hatte keinen Treueren.« – »Sie haben ihn ja auch nicht gehaßt, meine Lucia«, spöttelte Marull und legte einen Ton auf das »Sie«.
      »Gut«, gab Lucia nach, »ich werde ihn bestatten.«
      Allein es stellte sich heraus, daß des Domitian Leichnam schon aus dem Palatin fortgeschafft war. Es war seine alte Amme Phyllis, die ihn heimlich und unter Gefahr hatte wegbringen lassen.
      Man begab sich in das Haus der Phyllis, ein einfaches Landhaus vor der Stadt. Ja, dorthin hatte man den toten Mann geschleppt. Phyllis, eine ungeheuer fette Greisin, hatte nicht gespart; ja, die Leiche war bereits gewaschen, gesalbt, parfümiert, hergerichtet, die teuersten Kosmetiker hatten das besorgen müssen. Da saß nun Phyllis an dem Katafalk, die Tränen liefen ihr über die hängenden Backen.
      Der tote Domitian sah still und würdig aus. Nichts war da von dem krampfig Großartigen, das sein Antlitz im Leben manchmal gezeigt hatte. Die Brauen, die der Kurzsichtige dro hend zusammenzuziehen gepflegt hatte, waren jetzt entspannt, die geschlossenen Lider verbargen die Augen, die so finster und gewalttätig geblickt hatten, von all der übersteigerten Energie des Antlitzes war nur das entschiedene Kinn geblieben. Ein Lorbeerkranz saß auf dem halbkahlen Schädel, andere Insignien der Macht hatte die Alte zu ihrem Leidwesen nicht auftreiben können. Aber der Tote wies ein schönes, männliches Gesicht, und Marull und Regin fanden, DDD sehe jetzt kaiserlicher aus als so manches Mal, da er es mit Inbrunst darauf angelegt hatte, der Herr und Gott zu sein.
      Die Alte hatte den Holzstoß bereits gerichtet. Sie sträubte sich dagegen, daß Lucia, die Mörderin, der Verbrennung beiwohne. Die beiden Herren begaben sich nochmals zu Lucia; sie schlugen vor, die Leiche gewaltsam aus dem Haus der Phyllis nach Tibur zu schaffen, auf die Besitzung der Kaiserin. Doch Lucia wollte nicht. Im Innersten war sie froh, einen Vorwand zu haben, die Geste zu unterlassen, die Marull und Regin von ihr verlangt hatten. Sie war wieder die alte Lucia geworden. Sie hatte Domitian geliebt, er hatte ihr Böses und Gutes getan, sie hatte ihm Gutes und Böses getan, die Rechnung war ausgeglichen, der Tote hatte nichts von ihr zu fordern. Vor den Folgen ihrer Tat, vor Annius und seinen Soldaten fürchtete sie sich nicht.
      Es waren also nur Marull, Regin und Phyllis zugegen, als man die Leiche des letzten Flavierkaisers auf den Scheiterhaufen legte. Sie öffneten dem Toten die Augen, sie küßten ihn, dann zündeten sie, abgewandten Gesichtes, den Holzstoß an. Das Parfüm, mit dem er getränkt war, verbreitete starken Geruch. »Leb wohl, Domitian«, riefen sie, »leb wohl, Herr und Gott Domitian!« Phyllis aber schrie und heulte, zerriß sich die Kleider und zerkratzte ihr fettes Fleisch.
      Marull und Regin schauten zu, wie der Scheiterhaufen niederbrannte. Wahrscheinlich kannte niemand besser als sie, selbst Lucia nicht, die Schwächen des Toten, doch auch niemand besser seine Vorzüge.
      Als dann der Scheiterhaufen niedergebrannt war, löschte Phyllis die glimmenden Kohlen mit Wein, sammelte die Gebeine, begoß sie mit Milch, trocknete sie mit Linnen ab, legte sie, mit Salben und Wohlgerüchen vermischt, in eine Urne. Sie hatte mit Hilfe Marulls und Regins erwirkt, daß man sie des Nachts heimlich in den Tempel der flavischen Familie einließ. Dort setzte sie die Reste des Domitian bei, sie mischte sie aber mit den Resten der Julia, welche sie gleichfalls gesäugt hatte; denn die empörte Alte war der Meinung, nicht Lucia sei die Frau gewesen, die zu Domitian gehörte, sondern zu ihrem Adler Domitian gehöre ihr Täubchen Julia.

    Am Tage darauf, in Gegenwart seines Freundes Secundus, öffnete sich der alte, von der Gicht verkrümmte Senator Corell, der bisher seine unerträglichen Schmerzen mannhaft ertragen hatte, die Adern. Er hatte es erreicht, er hatte den Tod des verfluchten Despoten und die Wiedererrichtung der Freiheit erlebt. Der Tag war da. Er starb glücklich.
      Der Tag war da. In seinem Arbeitskabinett saß der Senator Cornel, der Historiker, und überdachte, was geschehen war. Die starken Falten des düsteren, erdfarbenen Gesichtes gruben sich noch tiefer, er war erst

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