Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
Vom Netzwerk:
weiter keine Weisungen, der Kaiser ließ sie warten.
      Neue Sondermaßnahmen gegen die Juden der Stadt Rom wurden vorläufig nicht getroffen. Nur wurden die bisher erlassenen Judengesetze mit größter Strenge gehandhabt. Die Kopfsteuer zum Beispiel, welche die Juden als Sonderabgabe zu entrichten hatten, wurde mit schikanöser Pedanterie eingezogen. Persönlich mußte sich jeder Jude zum Quästor begeben und jene zwei Drachmen erlegen, die er ehemals für den Tempel von Jerusalem gezinst und die jetzt die Regierung höhnischerweise für die Erhaltung des Tempels des Capitolinischen Jupiter bestimmt hatte.
      Im übrigen aber blieb der Handel und Wandel der Juden, die Ausübung ihrer Bräuche und ihres Gottesdienstes unbehelligt. Aus der Provinz hörte man, daß da und dort die Bevölkerung versucht hatte., die judenfeindliche Stimmung zu Pogromen auszunutzen. Aber die Behörden hatten sogleich eingegriffen.
      Dann endlich traf der Kaiser in Rom ein. Es war ein heller, nicht zu heißer Junitag, und mit den Soldaten der Garde, die ihren freigebigen Feldherrn liebten, begrüßten jetzt Senat und Volk den heimkehrenden Herrscher, der in diesem Feldzug von seinen Truppen zum vierzehntenmal als Imperator gefeiert worden war. Es wurde ein schöner, festlicher Frühsommer für Rom. Jubel, strahlendes Licht war überall, die große Stadt, die oft ein so böses, verbissenes, düsteres Aussehen zeigte, war jetzt hell, gutmütig, lustig.
      Doch über den Juden lag es wie eine Wolke. Seit Jahrzehnten jetzt könnten sie, wenngleich die Zerstörung des Tempels auf ihnen lastete, in einer gewissen Sicherheit leben, wären nicht diese unseligen »Eiferer des Tages«, die mit ihrem törichten Fanatismus die gesamte Judenheit immer von neuem ins Unglück stürzten. Die »Eiferer« selber haben furchtbar büßen müssen. Aber was wird aus ihnen, aus den schuldlosen Juden der Stadt Rom?
      Nichts geschah den Juden in Rom, alles blieb ruhig. »Der Kaiser spricht niemals ein Wort von euch, weder für euch noch gegen euch«, berichtete Claudius Regin seinen jüdischen Freunden. »Der Kaiser spricht niemals ein Wort gegen euch«, versicherte ihnen auch Junius Marull. Aber: »Ich rieche, ich spüre es«, erklärte Johann von Gischala, »es bereitet sich was vor. Es bereitet sich etwas vor in der Seele des Domitian. Gewiß, mein Regin, und gewiß, mein Marull, Domitian spricht nicht von den Juden; vielleicht weiß er es selber noch nicht einmal, daß sich in seiner Seele etwas vorbereitet. Ich aber,

    Johann Ben Levi, Bauer aus Gischala, der es wittert, wenn in einem Jahr der Winter früher kommt als sonst, ich weiß es.«

    Das gleiche Schiff aus Judäa hatte Dorion und hatte Phineas Briefe des Paulus gebracht. Wortreich, mit naiver Freude erzählte der junge Offizier, wie sich Gouverneur Longin nicht genug darin tun könne, das Land zu säubern. Angeregt berichtete er von den vielen kleinen Strafexpeditionen gegen die letzten zersprengten Haufen der »Eiferer des Tages«.
      Phineas und Dorion tauschten ihre Briefe aus. Beide billigten es von Herzen, daß man die Frechheit der Juden züchtigte, doch beide bekümmerte es, daß der feine, schlanke, elegante Paulus, ihr Paulus, mit so sichtlichem Vergnügen über die unvermeidlichen Greuel berichtete, daß er sich dem Soldatenleben so schnell anpaßte. »Er sieht auf die Juden nicht wie auf Menschen«, klagte Dorion, »sondern wie auf schädliche Tiere, die gerade gut genug sind zu Zielen jagdsportlicher Unternehmungen. ›Amüsant‹ findet er das Leben in Judäa, haben Sie es bemerkt, mein Phineas? Er gebraucht sogar das griechische Wort.«
      »So war mein Unterricht wenigstens zu etwas nütze«, sagte grimmig Phineas. »Nein, erfreulich sind die Briefe nicht.« Er ließ den großen, krankhaft blassen Kopf vornübersinken, als wäre er zu schwer für den mageren Körper; unglücklich saß er da, die dünnen, übermäßig langen Hände schlaff niederhängend.
      »Auf die Dauer hätten wir ihn doch nicht halten können«, sagte Dorion, bemüht, gleichmütig zu sprechen. »Er wäre uns immer entglitten. Bei alledem ist es noch besser, er wird endgültig ein Römer als ein Jude. Und es ist ein Trost, daß er, Josephus, noch mehr darunter zu leiden hat als wir.« Ihre schleppende Stimme klang hart, nun sie von ihrem gehaßten, geliebten Manne sprach. »Sein Judäa ist endgültig untergegangen, und sein Sohn hat mitgeholfen, es zu zertreten.« Sie belebte sich, sie

Weitere Kostenlose Bücher