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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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haben wir immerhin etwas Rundes, Faßbares, Greifbares.« Und: »Gibt es solche Abkömmlinge Davids?« stieß sogleich mit seiner sanften Stimme der blinde Messalin weiter vor. »Kennt man sie? Gibt es viele? Und wo findet man sie?«
      Außer Josef und Gamaliel wußte unter den Juden wohl keiner Bescheid um die dunkle Funktion dieses Senators Messalin. Trotzdem überfröstelte es die Doktoren. Sie merkten den bösen Hintersinn der sanften Frage, sie erkannten, daß dies die gefährlichste Minute dieses schicksalsträchtigen Gespräches war, die gefährlichste Minute dieser bedenklichen Reise nach Rom. Was sollte man antworten? Sollte man die Namen der Sprößlinge Davids und ihrer Häupter diesen bösartigen Heiden und ihrem Kaiser preisgeben? Nicht als ob sie sehr geachtet gewesen wären, diejenigen, die heute der Finger des Volkes, und nicht einmal mit Sicherheit, als Sprößlinge Davids bezeichnete; seit vielen Geschlechtern waren viele berufen. Trotzdem waren sie heilig, denn unter ihnen war der Auserwählte oder der Stammvater des Auserwählten. Und die Hoffnung auf den Auserwählten war das Lichteste an der Lehre. Ja, ein großes Licht würde für immer verlöschen, wenn man leichtfertig das Geschlecht Davids preisgäbe und damit die Möglichkeit, daß der Messias je erscheine. Es wob um die Hoffnung auf den Messias Geheimnis, ein anziehend Urheiliges; wenn mit dem Geschlechte Davids dieses Heilige, Geheimnisvolle aus der Welt verschwand, dann war der Lehre ihr tiefster Zauber genommen.
      Was also sollte man tun? Wich man der sanften, tückischen Frage des blinden Mannes aus, verweigerte man die Namen, dann, sicherlich, wird sich der Zorn des Kaisers über das Lehrhaus von Jabne ergießen. Sollte man also die Sprößlinge Davids ausliefern?
      Der Wind war stärker geworden, er ging in Stößen und bauschte die Galakleider. Dunkelgrün glänzten Buchs und Taxus, silbern glitzerten die Ölbäume, von unten erschimmerte besonnt, leicht bewegt der See. Doch niemand achtete darauf. Der Kaiser saß auf den Stufen des Pavillons, die andern standen herum. Sie schauten auf den Großdoktor, an ihm jetzt lag es, zu antworten, und was wird er antworten? Selbst die Architekten Grovius und Larinas vergaßen den Ärger darüber, daß die Schaustellung ihrer Leistung beeinträchtigt war durch die Anwesenheit der barbarischen Gesandtschaft. Was wird der Erzpriester der Juden jetzt sagen?
      Bevor er indes antworten konnte, erklang die brüchige, grobe Stimme Doktor Helbos. Hatte nicht dieser Josef Ben Matthias soeben erst nochmals den Frevel der Lästerung begangen und so sich selber zur Ausrottung bestimmt? »Die vom Stamme Davids sind berufen«, sagte also Doktor Helbo, »aber nur wenige sind auserwählt. Da ist zum Beispiel dieser Josef Ben Matthias, früher Priester der Ersten Reihe, jetzt aber in Bann und ein Ketzer. Wie könnte ein solcher auserwählt sein? Und dennoch ist er vom Stamme Davids, wenn auch nur von Großmutterseite her. Sein Vater jedenfalls hat sich des vor meinen Ohren gerühmt.«
      »Interessant«, sagte der Kaiser, »interessant.«
      Alle Blicke richteten sich auf Josef. Es hatte sich um ihn ein kleiner, freier Raum gebildet; es war so wie damals, als der Bann gegen ihn ausgesprochen war und alle die sieben Schritte Abstand hielten. Sonderbar teilnahmslos stand er da, als wäre von einem Dritten die Rede, das Galakleid mit dem schmalen Purpurstreif legte sich im Wind an seine magern Glieder, mit abwesenden Augen beschaute er den Ring an seinem Finger, den Goldenen Reif des Zweiten Adels. In seinem Innern war Panik. Aus dem Geschlechte Davids, dachte er. Es ist wohl so. Aus Königsgeschlecht vom Vater und von der Mutter her, aus dem Geschlechte Davids und aus dem Geschlechte der Hasmonäer. Daß dieses jetzt über mich kommt, ist die Strafe dafür, daß ich damals den Römer als den Messias begrüßt habe. Mittlerweile aber hatte der Großdoktor seine Antwort gefunden. In seiner überlegenen, weltmännischen Art erklärte er: »Wenn das Volk den oder jenen als einen Abkömmling Davids bezeichnet, so ist das ein vulgärer Aberglaube, gegründet nicht auf die leiseste Spur eines Beweises. Manchmal sind es sehr geringe Männer, an welche dieser Aberglaube sich heftet, ein Fischer, ein Zimmermann. Wie sollte ein Sprößling Davids so herunterkommen?« Diesmal wurde er berichtigt von einem, von dem es keiner erwartet hätte. »Es ist aber manchmal ein großer Glanz auch um diese niedrigen

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