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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Josef, daß Claudius Regin recht gehabt und daß der langsame Gott Domitian die Maßnahmen gegen ihn aufgeschoben, doch nicht aufgegeben hatte. Er erschrak in seinem Herzen. Gleichzeitig aber beschloß er, daß, wenn Gott ihn wirklich als Opfer an Stelle Jabnes bestimmt haben sollte, er nicht dagegen murren, sondern dieses Opfer voll demütigen Stolzes auf sich nehmen werde.
      Messalin, während Domitian faul auf dem Sofa lag, eröffnete dem Josef, der Kaiser sei interessiert an gewissen jüdischen Fragen, und da die Doktoren von Jabne nicht mehr in Rom seien, möchte er von Josephus Auskunft haben als von dem besten Kenner der Materie. »Ja«, nickte träg und wohlwollend der Kaiser, »es wäre freundlich von Ihnen, mein Josephus, wenn Sie uns belehren wollten.«
      Josef, sich an Messalin allein wendend, fragte: »Habe ich diese Unterredung als ein Verhör zu betrachten?« – »Was für harte Worte, mein Josephus«, tadelte lächelnd von seinem Sofa her der Kaiser, und: »Es handelt sich lediglich um eine Unterredung über historische Gegenstände«, betonte nochmals liebenswürdig der Blinde. »Es interessiert den Herrn und Gott Domitian zum Beispiel, wie Sie, ein Mann des Ostens, über das Schicksal des Cäsarion denken, jenes Sohnes des Julius Cäsar und der Kleopatra.« – »Ja«, pflichtete der Kaiser bei, »das interessiert mich. Cäsar hat ihn offenbar geliebt, diesen seinen Sohn«, setzte er auseinander, »und ihm die Rolle zugedacht, der vermittelnde Herrscher zwischen Ost und West zu sein. Es scheint auch, daß sich Cäsarion zu einem jungen Mann von vielen Gaben entwickelt hat.« – »Und worüber«, fragte betreten Josef, »wünschen Sie mein Urteil?« Messalin beugte sich vor, richtete die blinden Augen auf Josefs Gesicht, als sähe er, und fragte langsam und sehr deutlich: »Finden Sie, daß Augustus recht daran getan hat, diesen Cäsarion zu beseitigen?«
      Jetzt war es dem Josef klar, worum es ging. Domitian wollte sich, ehe er die Sprößlinge Davids erledigte, auch noch von einem seiner Opfer bestätigen lassen, daß er recht daran tue, es zu beseitigen. Vorsichtig sagte er: »Julius Cäsar hätte vor dem Tribunal der Geschichte sicher gute und schlagende Gründe vorbringen können, um die Tat des Augustus zu verurteilen. Augustus seinesteils hätte wohl nicht weniger gute Gründe gewußt, seine Tat zu rechtfertigen.« Domitian lachte ein kleines Lachen. Auch über das Antlitz des Blinden ging ein Lächeln, und er anerkannte: »Gut geantwortet. Allein was uns hier interessiert, ist nicht das Urteil des Cäsar, auch nicht das Urteil des Augustus, sondern nur Ihr Urteil, mein Flavius Josephus.« Und: »Finden Sie«, wiederholte er langsam, jedes Wort unterstreichend, »daß Augustus recht daran tat, als er den Prätendenten Cäsarion beseitigte?« Er neigte das Ohr dem Josef hin, begierig.
      Josef biß sich auf die Lippen. Schamlos und geradewegs sprach der Mann aus, worum es ging, um die Beseitigung unliebsamer Prätendenten, um seine, des Josef, Beseitigung. Er war wortgewandt, er hätte weiter ausweichen und sich der billigen Schlinge entziehen können; doch sein Stolz sträubte sich dagegen. »Augustus hat recht getan«, urteilte er kühl und ohne Umschweif, »den Cäsarion zu beseitigen. Der Erfolg hat ihn bestätigt.« – »Danke«, sagte Messalin, wie er es vor Gericht zu tun pflegte, wenn ihm der Gegner hatte einräumen müssen, daß er im Recht war.
      »Und jetzt erzählen Sie uns von Ihrem König David«, fuhr er munter fort, »dessen Sprößlinge zu euern künftigen Herrschern bestimmt sind!« – »Ja«, pflichtete ihm Domitian bei, »lesen Sie uns vor, was Sie über diesen Ihren Ahnherrn geschrieben haben! Zu diesem Zweck hat unser Messalin Sie hergebeten.«
      In seinem Herzen liebte Josef mehr den dunklen, zerrissenen Saul als jenen David, dem sich so vieles so leicht und glücklich erfüllte, und er wußte, daß die Kapitel über David nicht die besten seines Werkes waren. Heute aber, als er las, riß ihn sein Gegenstand mit, und er las gut. Es bereitete ihm Genugtuung, diesem römischen Kaiser zu berichten von dem großen, jüdischen König, der ein so gewaltiger Herrscher war und ein Sieger über die Völker. Josef las gut, und Domitian hörte gut zu. Er verstand etwas von Geschichte, er verstand etwas von Literatur, Josephus interessierte ihn, König David interessierte ihn, sein Gesicht spiegelte seine Anteilnahme.
      Einmal unterbrach er den Josef. »Es ist

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