Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Josepsson, Aevar Örn

Josepsson, Aevar Örn

Titel: Josepsson, Aevar Örn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer ohne Sünde ist
Vom Netzwerk:
Alten. Hinzu kam ein undefinierbarer Cocktail aus allem möglichen anderen Mief, und das im Verein mit dem Dreck und der Unordnung hätte beinahe dazu geführt, dass Bárður kehrtmachte und die Wohnungstür hinter sich zuschlug. Doch stattdessen ging er zur Balkontür und stieß sie weit auf. Es war erstaunlich warm draußen, sogar wärmer als in Kopenhagen, und Bárður lehnte sich gegen die Brüstung. Die Aussicht war nicht schlecht, in der Ferne die Bergkette der Bláfjöll, und in der Nähe Wellblechdächer in allen Farben des Regenbogens. Die Luft war hier unbestreitbar besser als in Vesterbro, wo er die letzten Jahre gelebt hatte. Die Luft und das Wasser waren das Einzige an dieser gotterbärmlichen Insel, was er vermisste. Und Hólmfríður. Er drehte sich um. Ólafur stand mit einem Glas in der Hand in der Tür.
    »In Ordnung«, sagte Bárður, »da bin ich. Was willst du von mir?«
    Sein Vater zuckte die Achseln und lächelte. »Dasselbe wie immer, mein lieber Junge. Dir helfen. Dich retten. Dir einen Weg aus der Sünde weisen …«
    Bárður stöhnte. Ragnar hatte Recht gehabt, wie immer. Er bereitete sich auf das Schlimmste vor.
    *
    Einen kurzen Moment blickten sich die Brüder durch die Scheibe in Aris Büro in die Augen. Magnús winkte Ari noch einmal lächelnd zu, bevor er sich in seinen weißen Land-Cruiser-Jeep setzte und davonfuhr, als sei nichts vorgefallen.
    Ari nahm wieder hinter seinem Schreibtisch Platz. Es fiel ihm schwer, zu einem Fazit zu kommen. Zwischen ihnen beiden hatte immer vollstes Vertrauen geherrscht, und er konnte sich nur schwer mit dem Gedanken abfinden, dass das jetzt nicht mehr galt. Aber wie er die Dinge auch drehte und wendete, es blieb ihm gar nichts anderes übrig, als sich selber einzugestehen, dass er kein Wort von dem glaubte, was Magnús ihm während dieses kurzen und ungewöhnlichen Gesprächs aufgetischt hatte.
    »Wem kann man vertrauen«, seufzte er laut, »wem kann man denn noch vertrauen, wenn man seinem eigenen Bruder nicht vertrauen kann?« Christus an der gegenüberliegenden Wand sah ihn anklagend aus seinem goldenen Rahmen an, und Ari senkte den Kopf.
    Nach kurzem Überlegen blickte er auf. Jetzt war seine Miene entschlossen; er musste mehr in Erfahrung bringen. Er stand auf, zog seine Krawatte zurecht und steckte sein Handy ein.
    »Ich muss kurz weg«, sagte er zu der Sekretärin in der Rezeption. »Ich habe mein Handy dabei, falls mich jemand dringend erreichen muss. Und wenn ich dringend sage, dann meine ich es so.« Mit einem Kopfnicken eilte er hinaus in das ungewöhnlich milde Wetter.
    *
    »Du hast dich gestern gar nicht blicken lassen«, sagte Ólafur vorwurfsvoll. Er stand in der Tür zur Waschküche und sah seiner Tochter zu, wie sie die Wäsche sortierte.
    »Nein«, stöhnte Hólmfríður, »und ich werde auch morgen Abend nicht zu der Versammlung erscheinen, wenn du darauf anspielst. Und auch nicht am Samstag oder am Sonntag. Wie oft muss ich dir das noch sagen, Papa?« Hólmfríður zog eine Grimasse. Es war nicht das erste Mal, dass die Wäsche nach Urin stank, aber so schlimm wie diesmal war es noch nie gewesen. Machte der Alte sich jetzt schon in die Hose? Wundern konnte es einen nicht …
    Hólmfríður versuchte, nicht zu denken und nicht zu atmen, während sie die Buntwäsche in die Waschmaschine stopfte. Die seltenen Male, die sie ihn besuchte, wusch sie fast immer zwei Maschinen, erst die Kunststofftextilien, anschließend die Baumwolle. Dann nahm sie meist auch den Abwasch in Angriff, versuchte, im Wohnzimmer aufzuräumen und die Teppiche mit dem Staubsauger zu begehen. Nicht immer schaffte sie es, eine zweite Maschine in Gang zu setzen, und sie wartete nie darauf, bis das Programm zu Ende war. Aufhängen musste er das Zeug selber. Es kam ihr fast so vor, als würde der Alte zwischen ihren Besuchen nie selber Wäsche waschen, obwohl das eigentlich auch nicht sein konnte. Ihre Besuche waren sehr sporadisch geworden, seit er diesen frommen Fimmel bekommen hatte.
    »Wo ich schon mal hier bin, könntest du mir vielleicht auch ein Glas anbieten, Alter«, sagte sie, als sie die Tür zur Waschküche hinter sich zugemacht hatte. »Was bist du eigentlich für ein Gastgeber?«
    Er gehorchte, latschte in die Küche und kramte in Schränken herum. Sie zündete sich eine Zigarette an und inhalierte den mentholhaltigen Rauch tief. Immerhin waren das die Pluspunkte bei diesen Besuchen, dachte sie, der Alte hatte immer was zu trinken im Haus, und hier war

Weitere Kostenlose Bücher