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Josepsson, Aevar Örn

Josepsson, Aevar Örn

Titel: Josepsson, Aevar Örn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer ohne Sünde ist
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riss sich zusammen. Hier wohnten Menschen, dachte er, alle möglichen Menschen, angefangen von tatterigen Senioren mit armseligen Renten bis hin zu den etwas Betuchteren in den Penthousewohnungen ganz oben, und alles dazwischen. Normale Menschen mit Hoffnungen, Erwartungen, Freunden, Verwandten, Kindern und Enkelkindern, mit Schulden, Sorgen und Freuden. Glück und Trauer. Und hier war jemand tot, wenn er das richtig verstanden hatte. Er schloss das Auto ab und ging mit großen Schritten an den Streifenwagen vorbei, die vor dem Eingang standen.
    Der Treppenaufgang passte zu dem Haus, er war genauso grau und freudlos wie das Wetter draußen, und nur wenig wärmer. Ein schwacher Geruch von Müll hing in der Luft, die kaputte Neonleuchte im Eingang summte laut und blinkte auf. Stefán sah den bleichen Polizisten in Uniform, der ihm die Tür geöffnet hatte, fragend an. Der junge Mann war nicht älter als fünfundzwanzig und hatte erst vor kurzem die Polizeiausbildung hinter sich gebracht, glaubte Stefán sich zu erinnern.
    »Ist dir schlecht?«, fragte Stefán.
    Der junge Mann nickte. »Es geht aber schon wieder.«
    »Du hast den Einsatzbefehl bekommen?«
    »Ja. Einar und ich. Wir sind zusammen auf Schicht und waren hier oben in Breiðholt unterwegs.« Aus irgendwelchen Gründen nickte er immer noch. »Er ist noch oben. Ich …« Der junge Polizist sah Stefán betreten an. »Ich musste kotzen. Ich hoffe dass … dass das, na du weißt schon, dass ich da nichts für euch kaputtgemacht habe.« Der junge Mann würgte wieder heftig. Stefán hätte ihm am liebsten väterlich den Kopf getätschelt, setzte aber stattdessen eine strenge Miene auf.
    »Das hoffe ich auch. Und jetzt berichte. Was ist Sache, wer hat wann was gemeldet und so weiter?«
    »Sein Sohn hat die Hundertzwölf angerufen«, sagte der junge Mann und richtete sich auf, froh, dass er sich auf etwas anderes konzentrieren konnte als die eigene Fehlleistung. »Einar ist da oben bei ihm. Der war wohl ziemlich außer sich, soweit ich aus der Zentrale – ich meine, vom Wachdienstleiter bei Hundertzwölf – gehört habe, der hat uns hierhergeschickt …«, versuchte er zu erklären, aber Stefán machte eine abwehrende Handbewegung.
    »Und?«
    »Ja, er war ziemlich außer sich, sagte der Typ vom Notruf, und er war immer noch ziemlich durch den Wind, als wir eintrafen, aber jetzt hat er sich wohl wieder einigermaßen gefangen. Wahrscheinlich steht er unter Schock oder so was …« Stefán räusperte sich. Der junge Mann errötete bis zu den Haarwurzeln. »Ja, ähm«, murmelte er, während er sein Notizbuch aus der Brusttasche fischte. Er öffnete es und klammerte sich nun an das, was er da hineingekritzelt hatte.
    »Fünfzehn null vier, Einsatzbefehl von der Zentrale, Krummahólar zwölf. Ein Mann namens Bárður hat in großer Erregung den Notruf verständigt und gemeldet, dass sein Vater Ólafur Áki Bárðarson ermordet worden ist. Fünfzehn Uhr elf, Wagen siebenundzwanzig – das sind wir«, fügte er hinzu, während er dem Riesen mit der grünen Kappe einen scheuen Blick zuwarf, »Wagen siebenundzwanzig trifft in Krummahólar zwölf ein, und wir klingeln bei diesem Ólafur, und uns wird aufgemacht. Fünfzehn dreizehn …«
    »Schon in Ordnung, in Ordnung«, unterbrach Stefán ihn, »ihr seid also hierhergekommen. Der Sohn hat euch hereingelassen. Besteht Anlass zu glauben, dass er etwas damit zu tun hat?«
    Der junge Mann schüttelte energisch den Kopf. »Du verstehst das nicht – er ist …« Er senkte den Kopf und starrte eine Weile auf seine Zehen, bevor er sich traute, Stefán wieder in die Augen zu sehen. »Ich glaube, es ist am besten, wenn du nach oben gehst. Der Hund ist auch schon da.«
    »Der Hund?«, fragte Stefán, obwohl er genau wusste, wer gemeint war.
    »Entschuldigung, ich meine natürlich Friðjón vom Erkennungsdienst. Er ist schon da, und seine Lesbe auch.«
    Der junge Polizeidienstanwärter starrte wieder auf seine Zehen.
    Das war zu viel. Man konnte unter solchen Umständen jungen und unerfahrenen Dummköpfen alles Mögliche verzeihen, aber es gab doch Grenzen. Stefán fasste ihm mit seiner Pranke ans Kinn und zwang ihn, ihm direkt in die Augen zu sehen.
    »Vielleicht wirst du irgendwann mal ein anständiger Polizist«, sagte er, »und gemessen an dem, was ich letzten Winter von dir gesehen habe, sollte das eigentlich möglich sein. Aber über zweierlei musst du dir im Klaren sein. Erstens solltest du es dir verkneifen, Höhergestellte vor

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