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Josepsson, Aevar Örn

Josepsson, Aevar Örn

Titel: Josepsson, Aevar Örn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer ohne Sünde ist
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man keine Geächtete, wenn man sich eine Zigarette ansteckte. Aber die Minuspunkte waren in der Überzahl und wesentlich schlimmer. Der Mief. Der unglaubliche Dreck. Und natürlich der Alte selber.
    »Du musst morgen mit mir zu der Versammlung kommen, Hólmfríður«, lamentierte ihr Vater, als er ihr das Glas reichte. »Das musst du einfach, und ich will dir sagen, warum. Wir leben in einer gottlosen Welt …«
    Wirklich die einzigen Pluspunkte, dachte Hólmfríður und trank einen ordentlichen Schluck. Wenn es so weiterging, würde sie es bestimmt nur eine Waschmaschine lang aushalten, und er musste dann seine pissnassen Unterhosen ohne ihre Hilfe in die Maschine stopfen. Sie setzte das Glas ab, drückte ihre Zigarette aus und holte den Staubsauger.
    »Hör mit deinem Gesülze auf und sammle mal den Müll hier im Wohnzimmer ein, damit ich staubsaugen kann. Und bring die dreckigen Gläser in die Küche.«
    »Liebe Hólmfríður, wie kannst du nur so reden? Ich versuche, dir zu sagen, dass …«
    Sie schaltete den Staubsauger ein. »Ein neuer Sessel?«, fragte sie und nickte in Richtung des Lazy Boy.
    *
    Magnús fuhr auf den Parkplatz an der Nordseite des Versammlungssaals vor und begab sich tief in Gedanken versunken in sein Büro im Erdgeschoss, setzte sich auf seinen Stuhl, griff nach der Bibel und öffnete sie aufs Geratewohl.
    » Nun, Israel« , las er, » was fordert der Herr, dein Gott, noch von dir, als dass du den Herrn, deinen Gott fürchtest und immer auf seinen Wegen wandelst und ihn liebst, und dem Herrn, deinem Gott dienst, von ganzem Herzen und von ganzer Seele …« Magnús schloss die Bibel und strich sich über den Bart. Antwort auf alles, dachte er. Weshalb sollte ich mich um irdische Dinge sorgen, was habe ich zu fürchten, wenn all meine Arbeit IHM geweiht ist?
    Er legte die Hand auf die Bibel und lächelte.
    »Nichts«, murmelte er, »ich habe nichts zu fürchten, denn der Herr ist mein Hirte, und nichts wird mir fehlen …«
    *
    »… dein dich liebender Ehemann in Christo, Ólafur«, sagte er zum Schluss, bevor er auflegte. Sie hatte sich natürlich wieder einmal nicht blicken lassen. Er hatte allerdings auch nicht damit gerechnet. Aber vielleicht würde sie nach dieser Nachricht zur nächsten Versammlung erscheinen. Vielleicht hatte er sich bislang nicht deutlich genug ausgedrückt. Diese Nachricht würde aber Klarheit schaffen. Sie würde kommen. Sie musste kommen. Wenn nicht, war sie ein schlechterer Mensch, als er glaubte, und in dem Fall wahrscheinlich überhaupt nicht zu retten.
    Ólafur hatte sich noch keine zwei Schritte vom Telefon entfernt, als er zusammenschrak. Es war lange her, seit er dieses Geräusch gehört hatte. Er nahm den Hörer ab.
    »Hallo?«, sagte er.
    »Bist du heute Abend zu Hause?«
    »Ja, was …«
    »Gut. Ich komme vorbei.«
    Ólafur hielt den tutenden Hörer von sich weg und starrte ihn einen Augenblick ungläubig an. Dann ging ein Strahlen über sein Gesicht.
    »Wunder an jedem Tag«, murmelte er und legte auf. »Wundertaten an jedem gesegneten Tag des Herrn.« Dann ließ er sich vor dem Fernseher nieder und schaltete auf den Alpha-Sender.

4
Dienstag
    Der Schmerz hatte nachgelassen, Ólafur verspürte nur noch ab und zu ein Ziehen unten im Bauch, die Abstände dazwischen wurden aber größer. Er hatte Durst. Ansonsten ging es ihm relativ erträglich. Sogar die Rückenschmerzen waren weg.
    »Eehrrre sei Gott«, sagte der Meister, »und-nun-alle-miteinander: Ameen!« Ólafur versuchte einzustimmen. »In dieser Welt ist jedoch nicht alles so, wie es sein sollte«, fuhr der Meister fort. »O nein! O nein, sage ich! Aber wir wissen, dass die Rettung naht! Wir wissen, dass ER auf dem Weg zu uns ist! Halleluja!«
    Ólafur nickte zustimmend. Zumindest im Geiste, denn der Kopf bewegte sich nicht. Der Meister hatte vollkommen Recht. Wie bei allem, was er sagte. Wie bei dem, was er gestern gesagt hatte, als Ólafur zusammen mit Dutzenden, nein Hunderten von glücklichen Seelen seiner Osterbotschaft gelauscht und gespürt hatte, wie der Heilige Geist seine Sinne erfüllte und Blut, Herz und Seele aufwühlte.
    Und jetzt, fast anderthalb Tage später, saß er vor dem Fernseher und lauschte ein weiteres Mal dem Meister. Er konnte sich nicht so recht erinnern, was in der Zwischenzeit passiert war, doch das spielte keine Rolle. Die Hauptsache war, dass er das Heil gefunden hatte. Aber er war durstig.
    »Wir wissen, dass die goldene Stadt, das neue Jerusalem, zur Erde

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