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Josepsson, Aevar Örn

Josepsson, Aevar Örn

Titel: Josepsson, Aevar Örn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer ohne Sünde ist
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noch ein paar Jahre genutzt, aber …« Er blickte zur Seite. »In diesen Sommern bei ihnen habe ich mich wohl gefühlt, so gut ist es mir nie wieder gegangen. Sie sind 1985 kurz nacheinander gestorben, da waren nur zwei Wochen zwischen ihnen.«
    Katrín schauderte es unwillkürlich. Úlfur Kolbeinsson war ihr als nicht sonderlich sympathischer Zeitgenosse vorgekommen, als sie zuerst von ihm hörte, und kaum etwas von dem, was sie seitdem über ihn erfahren hatte, war dazu angetan, sein Ansehen zu verbessern. Ein hoffnungsloser Kleinkrimineller, der wer weiß wie viele Male wegen Einbruchs, Diebstahls und Körperverletzung, darunter einer lebensgefährlichen, angeklagt und verurteilt worden war. Ein Kerl, der trank und seine Frau schlug. Ein Kotzbrocken der schlimmsten Sorte, Punkt.
    Etwas menschlicher war der Mann, den sie vor drei Wochen beinahe umgebracht hatte, er spielte eine sehr viel konkretere Rolle für sie. Und jetzt auf einmal war er ein Wrack, das ihr einen von Oma und Opa vorsülzte – er war irgendwann einmal ein kleiner Junge gewesen, der neugeborene Lämmer mit der Flasche aufzog und die Hunde auf hartnäckige Schafe gehetzt hatte, die immer wieder auf die Heuwiese einzudringen versuchten. Von den drei Ausgaben seiner Person konnte sie am besten mit der ersten zurechtkommen, und sie hielt es für geraten, eine Unterhaltung mit den beiden anderen auszuklammern.
    »Interessant«, sagte sie kurz angebunden und stand auf. »Wir unterhalten uns, sobald Árni das Aufnahmegerät geholt hat, okay?«
    *
    Zwar genoss Stefán die Fahrt über die Þrengsli-Strecke am meisten, doch auch das Lavafeld Svínahraun besaß seine Reize, und nicht zuletzt die kleine Raststätte Litla Kaffistófan oder das am schwarzen Sandstrand gelegene Restaurant »Hafið bláa« waren lohnende Ziele. Kaffee in einer großen weißen Tasse zu trinken, mit einem gezuckerten isländischen Pfannkuchen oder einem im Fett gebackenen Räderkuchen mitten unter LKW -Fahrern und allen möglichen Menschen jeglicher Gesellschaftsschichten, war ein schwer zu erklärendes, aber sehr konkretes Vergnügen, während der Hummer und die Aussicht auf Meer und Strand im »Hafið bláa« eine ebenso abstrakte wie undefinierbare Sehnsucht nach etwas in ihm weckte, von dem er noch nicht herausgefunden hatte, was es war.
    No, I won’t forget to put roses on your graaa-a-a-ve , summte er auf der Brücke über die Ölfusá vor sich hin, und als er auf dem Parkplatz vor dem Gefängnis Litla-Hraun anhielt, lief die Moonlight mile . Stefán hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, ein Tempo zu halten, bei dem auf dem Weg nach Eyrarbakki Sticky Fingers einmal durchlaufen konnte. Er wartete, bis der Song zu Ende war. Manches war einfach so, wie es zu sein hatte. Sein Handy hörte er erst, als er den Motor abgestellt hatte.
    *
    Die Ärztin war Mitte vierzig, trug eine billige Bónus-Brille auf der Nase und hatte ihr braunes Haar zu einem strengen Knoten gezwungen, der an Festigkeit ihren verkrampften Schultern in nichts nachstand. Sie betonte ein weiteres Mal, dass sie mit dieser Aktion keineswegs einverstanden war. Aber da Úlfur sich einfach nichts sagen lassen wollte, könne sie nichts anderes tun, als an das Verantwortungsbewusstsein von Katrín und Árni zu appellieren, nicht auf diesen unvernünftigen Wunsch des Patienten einzugehen. Sie zogen es jedoch vor, die Bitte der Ärztin in den Wind zu schlagen, und wandten sich Úlfur zu. Árni schaltete das Aufnahmegerät ein.
    *
    »Ich versuche seit einer halben Stunde, dich anzurufen«, beklagte sich der Gefängnisdirektor, während er zusammen mit Stefán den Korridor im Trakt für die Untersuchungshäftlinge entlangmarschierte. »Weshalb hast du nicht geantwortet?«
    »Ich hatte das Ding auf stumm geschaltet«, log Stefán. »Wie kann so etwas passieren? War der Kerl nicht in Isolationshaft?«
    »Selbstverständlich hat eine Leibesvisitation stattgefunden«, knurrte der Gefängnisdirektor, »aber wir durchleuchten diese Leute nicht, bevor wir …«
    »Er wird wohl kaum eine Spritze in seinen Eingeweiden gehabt haben«, fiel Stefán ihm ins Wort. »Die muss von außerhalb gekommen sein. Ási hat zwar mit Anabolika rumgemacht, wenn man den Geschichten und seinem Namen Glauben schenken darf, aber nicht mit Rauschgift. Lalli Fett duldet im engsten Kreis keine Süchtigen, deswegen ist es völlig ausgeschlossen, dass er sich selber den goldenen Schuss gesetzt hat. Wer hat Zugang zu den Zellen?«
    »Wer hat

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