Josepsson, Aevar Örn
dem auch sei, ich habe Árni angerufen und ihm gesagt, er solle mit der nächsten Maschine kommen.«
»Und was sagt Ásta dazu?«, fragte Katrín.
»Wie zum Teufel soll ich das denn wissen«, fragte Stefán im Gegenzug und klang dabei bärbeißiger als beabsichtigt. Katrín hob entschuldigend die Hände.
» Sorry «, sagte sie, »das ist mir so rausge …«
»Ach, Mädel, nun mach kein Theater draus«, unterbrach Stefán sie, »und ich entschuldige mich auch.« Er lächelte ihr müde zu und beugte sich vor. »Er scheint durchzukommen, der Kerl, und das hat er in erster Linie dir zu verdanken, ist mir zu Ohren gekommen. Er ist jetzt wieder imstande, selber zu atmen, und alles ist so normal, wie es unter den gegebenen Umständen sein kann, soweit ich verstanden habe.«
Katrín nickte und war auf einmal etwas verlegen. »Das ist gut«, sagte sie. »Prima. Weißt du etwas … Wie steht es also …«
»Nur, dass es auf der Kippe stand. Ich erinnere mich nicht mehr, was sie genau gesagt haben, drei oder vier Bypässe und was weiß ich, wie das alles heißt. Und er wird lange brauchen, um sich davon zu erholen. Falls er sich denn je wieder davon erholt, der Kerl war ja wirklich alles andere als in Topform. Und genau genommen ist er ja auch nicht mehr der Jüngste, genauso wenig wie andere hier. Wir beide sind nur drei Jahre auseinander.« Er nahm sich die Kappe ab, kratzte sich im Nacken und starrte wie in Trance vor sich hin. Katrín war sich nicht sicher, wie sie darauf reagieren sollte, und zog es deshalb vor, nichts zu sagen. Stefán kam nach einiger Zeit wieder zu sich, schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch und räusperte sich.
»Also«, sagte er dann, »vielleicht machen wir uns einfach an die Arbeit. Du hast ein Foto von Úlfur an alle Streifenwagen geschickt, nicht wahr?«
»Ja«, antwortete Katrín, froh, wieder zu den Tatsachen zurückkehren zu können. »Ich habe zumindest den Wachdienstleiter gestern damit beauftragt, und angeblich hatte er das auch gemacht, als ich gestern Abend hierherkam, um das Foto auch nach Keflavík weiterzuleiten.«
»Akureyri, Egilsstaðir, Seyðisfjörður?«, fragte Stefán.
»Ja, auch dorthin. Und an alle Häfen, alle Polizeistationen und an den Busbahnhof, wo wir das schon einmal angeleiert haben. Im Nachrichtensender NFS haben sie das Fahndungsfoto schon dreimal gezeigt, und heute Abend kommt es auch im Fernsehen. Und die Beschreibung wurde im Rundfunk verlesen. Für die Sonntagszeitungen kam es zu spät, aber morgen früh bringen sie es in allen Zeitungen.«
»Der Mann kann ja kaum weit kommen«, sagte Stefán ruhig, »was meinst du?«
»Wohl kaum«, pflichtete Katrín ihm bei.
»Und seine Frau?«, fragte Stefán. »Hast du die erreicht? Heißt sie nicht Tinna, oder was hast du gesagt?«
»Tinna Dagsdóttir«, bestätigte Katrín und schüttelte den Kopf. »Nein, die habe ich noch nicht erreicht. Ich habe eine Handynummer und habe eine Nachricht in der Voicemail hinterlassen. Ihre Mutter weiß nichts von ihr, genauso wenig ihre Schwester. Sie muss aber früher oder später wieder auftauchen.«
» All right «, sagte Stefán, »ich werde mein Bestes tun, um Leute zu bekommen, die nach ihr suchen. Haben wir wirklich überhaupt keine Anhaltspunkte, wo sie sein könnte?«
»Nein, nicht die geringsten.«
»Hm. Dann ist die Frage, was wir als Nächstes in Angriff nehmen«, sagte Stefán. »Eins steht fest, wir beide werden nicht in der Stadt herumkutschieren, um nach dem Ehepaar zu suchen. Irgendwelche Vorschläge?«
»Nur den einen, der eigentlich auf der Hand liegt«, sagte Katrín.
»Jawohl«, stimmte Stefán zu, »worauf warten wir also noch? Ich gehe davon aus, dass die Verfügung in der nächsten halben Stunde oder so eintreffen wird. Vielleicht schaffen wir es, bis dahin einen Happen zu uns zu nehmen, und dann befassen wir uns mit Krummahólar.« Er stand auf. »Obwohl ich mir wirklich kaum vorstellen kann, dass wir nach all dieser Zeit irgendetwas bei diesem unseligen Úlfur finden.«
*
Nicht zu fassen, was für ein Dreck sich in ein paar Tagen ansammeln kann, dachte Hólmfríður, als sie das Tuch auf dem Balkon ausschüttelte. Feuchtes Tuch oder trockenes, das war die Frage, und da ihre Mutter noch keinen endgültigen Schiedsspruch abgegeben hatte, welches die einzig wahre Staubputzmethode war, und sie selber nie zu einem schlüssigen Ergebnis gekommen war, wandte sie sie abwechselnd an. Manchmal mit einem feuchten, manchmal mit einem trockenen
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