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Josepsson, Aevar Örn

Josepsson, Aevar Örn

Titel: Josepsson, Aevar Örn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer ohne Sünde ist
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E-Mail an das Hotel geschickt hatte. Beim Anflug auf London war er zu dem Ergebnis gekommen, dass Úlfur sich mit diesem Ólafur im Suff gestritten und ihn umgebracht hatte, wahrscheinlich glaubte er, gute Gründe dafür gehabt zu haben, obwohl in den Unterlagen nicht sehr ausführlich auf sie eingegangen wurde.
    Erstens war es in Anbetracht dessen, was über Ólafur und Úlfur und ihre Verbindung bekannt war, ganz einfach die allerwahrscheinlichste Erklärung. Stefán hatte ihm beigebracht, dass die wahrscheinlichste Erklärung meist die richtige war und dass erst dann Anlass bestand, nach anderen Erklärungen zu suchen, wenn sie hinfällig geworden war.
    Zweitens war es die Mordwaffe. Katrín hatte der Tochter das Brotmesser gezeigt, das im Bauch des Opfers gesteckt hatte, und die Bestätigung erhalten, dass es ihrem Vater gehörte. Die Tatsache, dass der Täter die Waffe sowohl am Tatort vorgefunden als auch dort zurückgelassen hatte, deutete nicht darauf hin, dass der Betreffende mit dem Vorsatz zu Ólafur gekommen war, ihn umzubringen. Es handelte sich wohl eher um eine spontane Handlung mit anschließender Panik, was gut zu einem Streit im Suff passte, der ausgeartet war.
    Und drittens war es die Post. Árni verspürte ein intensives und überaus angenehmes Gefühl der Erleichterung, als ihm das aufging. In den Anhaltspunkten, die Stefán ihm geschickt hatte, war dieses kleine, aber überaus wichtige Detail nirgends aufgeführt. Ólafur war mehr als ein Jahr tot. In allen normalen Wohnblocks – und Árni glaubte genau zu wissen, dass Krummahólar zwölf trotz seiner Größe ein ganz normaler Wohnblock war – besaß jeder Hausbewohner einen nicht sonderlich großen Briefkasten unten im Eingangsbereich. Ein solcher Kasten würde mit Sicherheit nach einigen Tagen, spätestens nach einem halben Monat überquellen. So etwas müsste doch bei irgendjemandem Aufmerksamkeit und Verwunderung hervorrufen, und sei es auch nur beim Postboten. Was wiederum nur eines bedeuten konnte: Jemand musste den Briefkasten in regelmäßigen Abständen geleert haben, um zu vermeiden, dass sich andere den Kopf über das Schicksal des Eigentümers zerbrachen. Beinahe hätte Árni vor lauter Zufriedenheit über die eigene Kombinationsgabe laut aufgestöhnt, als die Maschine auf britischem Boden aufsetzte.
    Eine halbe Stunde später saß er an einer Bar auf dem Heathrow-Flughafen vor einem Bier und wartete auf den Abflug der Maschine nach Keflavík, als ihm die nächste Erleuchtung kam. Da dieser Ólafur tot gewesen war, hatte er keine Post beantworten oder in irgendeiner Form auf sie reagieren können.
    »Hat der Mann keine Rechnungen bekommen?«, fragte er sich laut. Die sommersprossige, rothaarige Frau neben ihm blickte ihn fragend an.
    » Sorry «, sagte Árni. »Ich habe bloß laut gedacht.«
    » Excuse me ?«, fragte die Frau verwundert.
    » Nothing «, antwortete Árni.
    *
    »Es sieht nicht gut aus für Úlfur«, sagte Stefán und blickte auf die verknitterten Umschläge vor ihnen.
    »Nein«, pflichtete Katrín ihm bei, »ganz und gar nicht.« Sie hatte die Briefe aus dem Abfalleimer unter der Spüle gefischt. Sie steckten in Fensterumschlägen, der eine war vom Telefonanbieter, der andere von der Rentenversicherung. Beide waren an Ólafur Áki Bárðarson adressiert, auf dem einen war der Poststempel vom vergangenen Donnerstag. Um den anderen zu entziffern, würde man andere Mittel zu Hilfe nehmen müssen.
    »Über die Sache mit der Post habe ich gestern auch nachgedacht«, sagte Stefán, »da muss irgendjemand den Briefkasten geleert haben. Sonst hätte nicht so viel Zeit verstreichen können …«
    »Vielleicht nicht«, sagte Katrín zweifelnd, »aber ich bin mir da nicht sicher. Was wäre geschehen, wenn er übergequollen wäre? Jemand hätte das gemeldet, der Postbote hätte einen Zettel an den Briefkasten geklebt, jemand hätte natürlich irgendwo nachgefragt – aber was dann? Wenn niemand Ólafur erreicht hätte und niemand etwas wusste, meine ich? Hätte das irgendetwas geändert?«
    »Vielleicht nicht«, gab Stefán nach langem Schweigen zu. »Vielleicht hätte es nichts geändert. Irgendwie kommt es einem aber so vor, verflixt nochmal, als hätten da doch irgendwo bei irgendwem irgendwelche Alarmglocken losgehen müssen.«
    »Es gab da letztes Jahr zwei Fälle, oder waren es sogar drei, wo alte Menschen verstorben waren und wochenlang niemand etwas gemerkt hat. Und vor kurzem habe ich gelesen, dass eine arme alte Frau

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