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Josepsson, Aevar Örn

Josepsson, Aevar Örn

Titel: Josepsson, Aevar Örn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer ohne Sünde ist
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Sie redete sogar davon, dass sie das Haus verkaufen müsse, und hat sie dich nicht sogar gefragt, ob du ihr Geld leihen könntest? War es nicht so?«
    »Moment mal, worauf willst du eigentlich …«
    Ragnar fiel ihm ins Wort und ließ nicht locker. »Aber du hast ihr nichts geliehen, oder? Daraus ist nichts geworden, und trotzdem hat sie seitdem kein Wort mehr über Geldprobleme verloren. Sie wohnt immer noch in ihrem schönen Haus, hat DSL-Anschluss und Digitalfernsehen und fährt überdies einen ziemlich neuen Wagen. Soweit ich mich erinnern kann, besaß sie letztes Jahr auch keinen Flachbildschirm. Deswegen frage ich jetzt danach, was sie so verdient, ist diese Frage vielleicht unnormal?«
    Sie sahen sich eine Weile in die Augen, dann zog Bárður sein Handy aus der Tasche und reichte es Ragnar. »Willst du sie nicht einfach selber fragen, wo du dir schon so viele Gedanken darüber machst?«
    »Warum machst du immer gleich so ein Theater«, beklagte sich Ragnar. »Weshalb schaltest du jedes Mal in diesen Gang, wenn ich deine Schwester überhaupt nur erwähne?«
    »Weshalb erwähnst du Hólmfríður nur, um sie madig zu machen?«, entgegnete Bárður wütend. »Was hast du eigentlich gegen sie? Was hat sie dir getan?«
    Ragnar hob resignierend die Hände. »Gar nichts, warum sagst du so etwas? Warum sagst du, dass ich sie madig mache, nur weil ich wissen möchte, was sie …«
    »Ach, Mensch, halt die Klappe. Ich kenne dich, Ragnar, du würdest nicht nach so etwas fragen, wenn dir nicht etwas im Hinterkopf herumspuken würde. Hinter solchen Fragen von dir steckt immer etwas. Glaubst du vielleicht, dass ich das nach all diesen Jahren nicht durchschaut hätte? Also raus damit, spuck’s aus, was steckt dahinter?«
    Ragnar stand mit feuerrotem Gesicht mitten im Zimmer und hielt ein leeres Rotweinglas in der Hand. »Nichts«, murmelte er, »lassen wir das.« Plötzlich war er nicht mehr darauf erpicht, weiterzumachen, und er bereute es zutiefst, das Thema überhaupt aufs Tapet gebracht zu haben. Er bezweifelte nämlich stark, ob es diesmal mit einem Tag Beleidigtsein abgetan sein würde, falls er Bárður sagte, was ihm wirklich auf der Seele lag. Doch nun war Bárður in Fahrt gekommen und nicht bereit, einzulenken.
    »Sag du mir doch, wo Hólmfríður ihr Geld her hat?«, fragte er höhnisch. »Du glaubst offensichtlich nicht, dass sie dafür arbeitet, also musst du doch irgendeine Theorie haben? Was meinst du, ist es Prostitution? Erpressung? Drogenhandel? Oder hat sie vielleicht im Lotto gewonnen und …«
    »Euer Vater hat im Lotto gewonnen«, entfuhr es Ragnar, ganz entgegen dem gerade eben gefassten Vorsatz, den Streit nicht auf die Spitze zu treiben. »Oder hast du das vergessen?«
    Bárðurs höhnisches Grinsen verschwand im Handumdrehen, und er wurde bleich. »Mein Vater hat behauptet, dass er im Lotto gewonnen hat«, korrigierte er. »Er hat gesagt, er hätte einen Haufen Geld auf der Bank, und das wollte er der WAHRHEIT überlassen, wenn wir nicht mit ihm zu dieser Versammlung gingen. Und ich hab dir auch gesagt, dass das wieder mal nur eine Lüge und ein Erpressungsversuch von dem Alten war, damit ich zum Licht fände, wie er sich ausdrückte, und mich entschwulen lassen würde, halleluja. Oder hast du das vergessen? Erinnerst du dich nicht, wie wütend du letztes Jahr warst, als ich dir das erzählte? Weißt du das nicht mehr?« Seine Stimme näherte sich dem hohen C und der Wein spritzte in alle Richtungen.
    »Doch«, sagte Ragnar, »das weiß ich noch.« Er schluckte heftig und beschloss, sich nachzugießen. »Verzeih mir«, murmelte er und kippte das halbe Glas hinunter. Aber Bárður gab sich noch nicht zufrieden.
    »Und?«, fragte er halsstarrig. Ragnar gab ihm keine Antwort. »Was willst du dann, verdammt nochmal?« Ragnar leerte den Rest des Glases in einem Zug und ging zum Fenster. Jetzt bleibt nichts anderes mehr übrig, dachte er, weshalb war ich bloß so blöd und hab meine Schnauze aufgerissen?
    »Und was, wenn er nicht gelogen hat?«, fragte er leise. Er hatte Bárður den Rücken zugewandt. »Was, wenn er tatsächlich Millionen im Lotto gewonnen und sie auf ein Bankkonto eingezahlt hat, für das Hólmfríður eine Vollmacht hatte?«
    Er rührte sich nicht, als das Rotweinglas direkt neben ihm an der Wand zersplitterte, zuckte aber ein klein wenig zusammen, als im Anschluss daran die Zimmertür heftig zugeschlagen wurde.
    »Regen«, brummte er, »ewig dieser Regen auf dieser elenden

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