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Josepsson, Aevar Örn

Josepsson, Aevar Örn

Titel: Josepsson, Aevar Örn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer ohne Sünde ist
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Stelle antrittst. Darum dreht sich das Ganze doch.«
    »Ja«, stimmte Stefán ihr widerwillig zu, »vielleicht.«
    »Was ist mit Guðni?«, fragte Ragnhildur, nun sehr viel ernster. »Was haben sie im Krankenhaus gesagt?«
    »Eigentlich nichts Neues«, antwortete Stefán mit einer leichten Grimasse. »Sie halten ihn noch in künstlichem Koma, gehen aber davon aus, dass sie ihn heute Nachmittag wecken können. Ich schaue bei ihm vorbei, wenn ich Zeit dazu habe. Übrigens, wie ist das eigentlich, sollten wir nicht bald mal die Jungs zum Essen einladen?«
    Ihre beiden Söhne wohnten im Großraum Reykjavík, Bjarni in Hafnarfjörður und Oddur in Mosfellsbær. Obwohl sie mitsamt ihren Frauen und Kindern ziemlich häufig zu Besuch kamen, fand Stefán, dass sie diesbezüglich eher träge waren. Ihre Tochter Hrefna lebte mit ihrem Mann und zwei Kindern in Dänemark, sie war Ärztin und hatte dort eine gute Stelle. Für sie war es wesentlich schwieriger, die Eltern zu besuchen, als für die Brüder, den Tischler und den Computer-Guru.
    »Oddur und Marianne fliegen am Mittwoch nach Frankreich«, erinnerte Ragnhildur ihn, »und Bjarni wird morgen mit seiner Familie in den Skagafjörður fahren, um dort zu angeln. Mit einer Einladung zum Essen werden wir wohl noch etwas warten müssen, fürchte ich.«
    Stefán grunzte etwas Unverständliches und trank seinen Kaffee aus.
    Er ging in die Diele, zog sich Schuhe und Anorak an und gab Ragnhildur einen Kuss. »Die Menschen müssen sich einfach dauernd in der Weltgeschichte herumtreiben«, sagte er. »Vielleicht sollten wir irgendwann im Herbst mal ein paar Tage zu Hrefna fahren? Wir haben sie so lange nicht gesehen, und dieses Jahr hat sie uns auch nicht die Kinder zu Besuch geschickt. Oder wollen sie etwa zu Weihnachten kommen?«
    »Was soll das denn jetzt auf einmal?«, fragte sie misstrauisch. »Du warst ja nicht gerade begeistert von der Idee, als ich das im Frühjahr vorgeschlagen habe.«
    »Da habe ich mich auch noch der Illusion hingegeben, dass uns hier ein anständiger Sommer bevorstünde«, antwortete Stefán. »Also bis heute Abend, Schatz.«
    Er zog den Kopf ein und stiefelte hinaus in den Regen. Auf dem Weg zu seinem Auto gab er sich Mühe, die platt gedrückten Ringelblumen zu ignorieren, aber ohne Erfolg.
    »Trostlos«, brummte er, als er die Wagentür zuschlug. »Trostlos bis zum Gehtnichtmehr.« Wie gewöhnlich fuhr er einen kleinen Schlenker zur Mosfell-Bäckerei an der Háaleitisbraut. Diesmal spendierte er sich zwei Kopenhagener mit Schokoladenguss. Das war wohl das Mindeste an so einem Tag.
    *
    Bárður wachte davon auf, dass jemand wiederholt ans Fenster klopfte, zwar leise und in unregelmäßigen Abständen, aber unendlich beharrlich. Es brauchte einige schlaftrunkene Sekunden, bis ihm klar wurde, dass dieser Jemand eine Pappel war, die vom unablässigen Südwestwind gepeitscht wurde. Da war es aber zu spät, um wieder einschlafen zu können. Er kroch aus dem Bett seines Neffen, der bei einem Freund übernachtet hatte. Nachdem er sich angezogen hatte, ging er leise in die Küche und begann, in einem der Schränke nach dem Kaffee zu suchen.
    »Dafür dass du Urlaub hast, stehst du aber früh auf«, gähnte Hólmfríður, die kurze Zeit später in die Küche kam, den hellblauen Bademantel eng um sich geschlungen.
    »Gleichfalls«, sagte Bárður, der jetzt hellwach war. »Entschuldige, ich wollte dich nicht wecken.«
    »Es war sowieso Zeit für mich. Nicht alle können Urlaub machen.«
    »Wo bewahrst du den Kaffee auf?«, fragte Bárður.
    Seine Schwester deutete wortlos auf den Schrank daneben, wo er die Packung fand. »Man soll wohl ordentlich wach werden«, sagte Hólmfríður und gähnte ein weiteres Mal, als sie sah, wie ein Kaffeelöffel nach dem anderen in den Filtertrichter wanderte. »Den trinkt man wohl am besten mit Messer und Gabel.«
    Bárður drehte sich um und verschränkte die halb nackten Arme vor der Brust. Schon sein Blick reichte aus, um das schläfrige Lächeln im Gesicht seiner Schwester zu vertreiben.
    »Was verdienst du da bei Marel eigentlich im Monat?«, fragte er.
    Unwillkürlich griff sie nach dem Gürtel ihres Bademantels und zog ihn enger.
    »Was soll denn das?«, war ihre Gegenfrage. »Wozu willst du das wissen?«
    Bárður zuckte die Achseln. »Ach, mir fiel nur gestern so ein, ob du vielleicht Unterstützung brauchst«, sagte er und versuchte, diese Lüge so natürlich wie möglich über die Lippen zu bringen. »Ich meine, voriges

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