Joshua Fantasio & Kalitos Legende und der schwarze Zeitmesser (German Edition)
doch ein wenig makaber und so ließ er die Hummel wieder frei.
Während dessen versuchte auch Tom, eine der Hummeln zu bekommen, aber er war nicht schnell genug, und bald hatten die kleinen Flugtierchen eine Höhe erreicht, wo selbst der große Peter nicht mehr herankam. Leise summend schwebten die Gummihummeln an der Decke herum, und einige flohen durch das Treppenhaus weiter nach oben.
„Na, da hat sich Benjamin ja einen schönen Spaß erlaubt“, sagte Joshua.
„Ja, und ich habe nicht eine einzige abbekommen“, schimpfte Tom. „Wegfliegende Gummihummeln, wer denkt sich denn so etwas Blödes aus?“
Peter zuckte mit den Schultern und ließ es sich ordentlich schmecken, während Tom sich grummelnd setzte und beleidigt seine Arme verschränkte. Er schaute den fliegenden, unerreichbaren Pralinen eine Weile sehnsüchtig hinterher. Dann raschelte es plötzlich unten bei seinen Füßen. Die blaue Tüte bewegte sich ein kleines Stück und ein leises Summgeräusch drang daraus hervor. Toms Augen lachten wieder. Ihm lief das Wasser im Munde zusammen, als er die summende Tüte aufhob. Etwa zeitgleich polterte es plötzlich im Treppenhaus, als ob ein dicker Elefant die Treppe hinaufkam. Kurz darauf erschien der Zwergenkopf der Oberaufseherin. Laut trampelnd kam sie die Stufen hinauf.
„Pssst!“, machte Peter zu Tom. „Pack die Tüte weg , schnell! Da kommt Frau Hüftgold!“
„Frau Hüftgold?“, fragte Tom flüsternd und machte ein zerknittertes Gesicht. „Heißt die wirklich so?“
„Nein, sie heißt eigentlich Frau Hüpfgold, aber jeder nennt sie Hüftgold, wegen ihrem Hüft speck eben. Aber das ist jetzt wirklich nicht so wichtig, pack endlich die Tüte weg, sonst bekommen wir jede Menge Ärger!“
Tom ließ die summende Tüte gerade noch rechtzeitig unter seinem Anzug verschwinden, bevor die Zwergin sie mit ihrem Scharfsinn entdecken konnte. Ihre Augen hatten sich zu engen Schlitzen geformt und schienen alles und jeden durchlöchern zu können. Die Schüler wagten es nicht, sich zu regen und waren alle mucksmäuschenstill.
Schließlich blieb Frau Hüpfgold in der Mitte des Raums stehen und wandte ihren Blick langsam nach oben. Mit den Armen in die Hüften gestemmt schaute sie zur Decke und beobachtete die wilden Gummihummeln, die über ihr brummend im Kreis schwirrten. Anschließend warf die dicke Zwergin einen tadelnden Blick in die Runde und suchte nach den Verursachern.
„WER BITTESCHÖN IST FÜR DIESEN ZIRKUS HIER VERANTWORTLICH?!“, fragte sie laut und drehte sich einmal um die eigene Achse. Ein paar Kinder kicherten leise, aber antworten tat ihr niemand. Ihr Kopf lief langsam rot an, während sie mit ihren Fingerspitzen ungeduldig auf ihren weichen Hüften herumtrommelte. Dann machte sie einen Rundgang und inspizierte mit höchster Gründlichkeit jede Sitzecke. Schließlich kam sie auch zu Joshua, Peter und Tom. Mit hüpfenden Brauen blieb sie stehen und warf einen argwöhnischen Blick auf die rosafarbene Lampe mit der Schweinenase und den herunterhängenden Schlappohren. Dann atmete sie tief ein, so dass sie noch aufgeplusterter wirkte.
„Seid ihr das gewesen?“, fragte sie und bewegte ihren rechten Fuß ungeduldig auf und ab.
Peter zitterte ein wenig vor Angst. Er öffnete seinen Mund und überlegte, was er sagen sollte. Tom hingegen schaute Frau Hüpfgold unschuldig an und kam Peter dazwischen.
„Nein, natürlich nicht. Sie glauben doch nicht etwa, dass wir unsere eigenen Lampen von zu Hause mitbringen . Und für solche albernen Schweinchenlampen sind wir mittlerweile nun wirklich schon zu alt…“ Peter, dem die Schweißperlen mittlerweile auf der Stirn standen, deutete Tom mit einer knappen Geste an, still zu sein, aber Tom bemerkte sein Zeichen gar nicht und plapperte einfach munter weiter. „…ich zum Beispiel habe eine Batman-Lampe mit einer riesigengroßen, schwarzen Fledermaus auf meinem Nachttisch stehen. Aber die Schweinelampe stand natürlich schon da, als wir hier ankamen.“
Frau Hüpfgold hatte der Geschichte interessiert zugehört und schien ein wenig perplex zu sein. Mit so einer Antwort hatte sie wohl nicht gerechnet.
„Ach, wirklich? Ist das so?“, fragte d ie stämmige Zwergin, sichtlich mit ihrer Beherrschung ringend.
Tom spitzte nachdenklich die Lippen und nickte dann selbstbewusst. Nachdem er allerdings die irritierten Gesichter Joshuas und Peters bemerkte, war er sich der Sache doch nicht mehr so sicher.
Plötzlich kribbelte etwas in seinem Bauchnabel.
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