Joshua Fantasio & Kalitos Legende und der schwarze Zeitmesser (German Edition)

Er kann aber auch Kerzen und Laternen entflammen, und mit dem richtigen Fingerspitzengefühl sogar Glühbirnen zum Leuchten bringen.“
    Mrs. Hobbingons drehte sich um und schnippte einmal mit dem Finger, woraufhin eines der magischen Kreidestücke aufstand und sich einmal kräftig schüttelte, als ob es gerade geschlafen hatte. Anschließend schrieb es den alten Zauberspruch in Schönschrift an die Tafel.
    „ Wir versuchen es gleich alle einmal zusammen.“ Sie holte tief Luft und breitete theatralisch beide Arme aus. „Bitte sprecht mir nach: Flamolus!“
    Sie hatte die Worte fast gesungen. Als die Kinder die Silben wiederholten, bekam Mrs. Hobbingons ein vollkommen durcheinander klingendes Stimmengewirr zur ück.
    „Ja, und gleich noch einmal“, sagte sie heiter.
    Die zweite Schuldirektorin ließ den Zauberspruch noch weitere sieben Male wiederholen, bis die Klasse halbwegs im Einklang war. Joshua fiel das Aussprechen des Zauberspruchs relativ leicht, Peter kannte den Spruch ohnehin schon, nur Tom hatte ein wenig Schwierigkeiten. Er konnte sich Fremdwörter so oder so schon schwer merken und warf sie auch des Öfteren durcheinander, aber Zaubersprüche waren da noch ein ganz anderes Kaliber.
    Mrs. Hobbingons weckte in der Zwischenzeit die laufende Truhe, die daraufhin müde ein paar Schritte nach vorn trabte und quietschend ihren Deckel öffnete. Joshua vermutete, dass die Truhe jede Menge Zauberkristalle enthielt, aber als die Hauslehrerein ihren Zauberstab schwang, stiegen keine Kristalle aus der Kiste empor, sondern, zu seiner Überraschung, dutzende kleiner Kerzen. Die Kerzen wanderten durch die Lüfte und verteilten sich auf zauberhafte Weise auf den Tischen der Schülerinnen und Schüler.
    „Wir werden heute und auch in den nächsten Wochen mit Kerzen zaubern müssen…“ Mrs. Hobbingons unterbrach sich kurz. „…denn leider haben wir momentan nicht genügend Kristalle auf Lager.“ Ihre Stimme klang ein wenig verlegen und besorgt, aber die Kinder störten sich kaum daran, Hauptsache, sie konnten heute zaubern, und da war es ihnen recht egal, ob nun mit Kristallen oder Kerzen. „Nun gut, wir werden das Ganze nun einmal richtig üben. Ich hoffe, ihr habt alle eure Zauberstäbe mitgebracht!“
    Voller Spannung holten die Kinder ihre magischen Stäbe hervor. Joshua zog seinen hellbraunen Birnbaumstab heraus, sein Herz begann dabei, ein wenig schneller zu klopfen. Gleich durfte er seinen ersten, richtig gelernten Zauberspruch aufsagen! Auch Peter hielt seinen nussbraunen Zauberstab bereit, nur Tom saß da, als hätte er einen Kloß im Hals.
    „Was ist mir dir? Wo ist dein Zauberstab?“, fragte Joshua.
    „Den wollten mir meine Eltern aus Sicherheitsgründen doch noch nicht geben“, antwortete Tom kleinlaut. „Ich sollte ihn doch erst in der ersten Zauberstunde ausgehändigt bekommen.“
    „Ach, stimmt ja“ , erinnerte sich Joshua. „Und jetzt?“
    Aber da hatte Mrs. Hobbingons das kleine Malheur bereits bemerkt und stand mit einem entschuldigenden Lächeln vor ihm.
    „Oh, Mr. Wardrobkins, ihren Zauberstab habe ich in der Eile völlig vergessen. Ihre Eltern hatten mir den Stab während der Einschulungszeremonie übergeben. Heute Morgen habe ich den noch im Kopf gehabt, aber dann…“ Mrs. Hobbingons fiel kurz in Gedanken. „...nun wie auch immer, der Zauberstab liegt noch im Lehrerzimmer. Wären Sie so lieb und würden ihn holen, Mr. Wardrobkins? Sie brauchen dort nur anzuklopfen und zu fragen.“
    „Kein Problem , Mrs. Hobbingons“, antwortete Tom und blieb dabei recht höflich, aber Joshua wusste, dass sein Kumpel ein wenig angefressen war; nicht nur weil das Gespräch alle aus der Klasse mitbekommen hatten und die Mädchen leise kicherten, sondern hauptsächlich, weil er die ganze lange Wendeltreppe einmal hinunter und wieder hinauflaufen musste.
    Mit langem Gesicht trottete er hinaus und machte sich auf den Weg ins Lehrerzimmer. Mrs. Hobbingons hatte sich derweil wieder mit hoch erhobenem Zauberstab vor der Klasse postiert.
    „So, n un lasst euren Zauberstab zweimal über der Kerze kreisen und sprecht laut und deutlich den eingeübten Zauberspruch. Es hilft, wenn ihr dabei eure Stimme ein wenig hebt.“
    Anschließend übten die Kinder fleißig. Das Wort „Flamolus“ hallte immer wieder und in den verschiedensten Formen durch den Raum. Die wenigsten Kerzen gingen auf Anhieb an, aber einige Kinder hatten den Dreh recht schnell heraus und sowohl die richtige Tonlage getroffen als auch