Joshua Fantasio & Kalitos Legende und der schwarze Zeitmesser (German Edition)
wirklich merkwürdiges Völkchen.“
Der Halbling mit seinem gelbbraun gestreiften Anzug blieb vor einer schlichten und mit Holz vertäfelte n Wand stehen. Er zog seinen Zauberstab aus der Innentasche seines Anzugs und berührte damit sanft ein paar der Holzfliesen. Er hielt dabei eine bestimmte Reihenfolge ein und murmelte irgendetwas vor sich hin. Dann steckte er den Stab wieder weg und nur einen Augenblick später öffnete sich eine in die Wand eingelassene Geheimtür.
„Hier entlang bitte“, sagte der Halbling und schritt voran.
Es ging zunächst eine lange Wendeltreppe hinunter. Dann marschierten sie durch ein paar Korridore mit vielen durchnummerierten Türen. Die Wände waren mit einem Blumenmuster tapeziert und in exakt gleichen Abständen hingen goldene Kerzenleuchter; auf dem Boden lag ein edler dunkelgrüner Teppich mit silbergrauen Fransen.
Vor einigen Türen standen Wachposten. Es waren Menschen, die Speere trugen und mit Harnischen und Lederhelmen bekleidet waren; sie glichen Kriegern aus dem Mittelalter, dachte Joshua.
H in und wieder kamen auch ein paar Halblinge an ihnen vorbei, die die zusammengewürfelte Gruppe mit argwöhnischen Blicken musterten.
„Bei so vielen Wachen und den ganzen Sicherheitsvorkehrungen ist Qworl bestimmt nicht einmal in die Nähe der Schatzkammer gekommen“, glaubte Joshua.
Zalantimo bedachte den jungen Schüler mit einem vielsagenden Blick.
„Oh, ein Homunkulus findet immer einen Weg“, sagte er und hob mahnend seinen Zeigefinger. „Aber wir wollen es nicht hoffen, dass er hier gewesen ist.“
Joshua nahm in Zalantimos Stimme plötzlich eine merkwürdige Anspannung wahr.
Nach einer Weile gelangten sie schließlich zu einem bronzefarbenen Fahrstuhl. Der edle Aufzug führte sie dreißig Stockwerke in die Tiefe. Beim Verlassen des Fahrstuhls sagte der Halbling: „Wir sind jetzt fünfzig Meter unter dem Meeresspiegel. Von hier geht es weiter mit dem Bahnwagen. Bitte folgen Sie mir.“
Die Gänge und Korridore unterhalb des Meeres wa ren weniger schön und glanzvoll, und in den letzten Jahren offensichtlich auch nur wenig gepflegt worden; sie spiegelten ganz und gar nicht den edlen Charakter eines Bankgebäudes wider und erst recht nicht den piekfeinen und säuberlichen Baustil der Halblinge. Es glich hier unten eher einem seit einhundert Jahren leer stehenden Hotel. Die goldenen Kerzenhalter hingen schief an den Wänden und die blumigen Tapeten hatten sich an einigen Stellen gelöst und hingen wellig hinunter.
Auch der kleine Bahnhof, der hinter einer gewöhnlichen Holztür lag, war im Stile eines altbackenen Hotelzimmers eingerichtet. Die niedrige, kuppelförmige Decke war ebenfalls im Blumenmuster tapeziert. Sie wies mehrere Risse auf und in ihrer Mitte war ein goldener Kerzenleuchter angebracht , an welchem mehrere Spinnweben klebten. Einmal quer durch den Raum führte ein Bahngleis, auf welchem eine gelbe Bahn stand, die einer Achterbahn ähnelte und den Modellen von Skryyfalls Bahnwagen sehr nahe kam. Auf dem ersten Wagen prangte das runde, goldenfarbene Drachenzeichen der Drachgoldbank.
Der Halbling machte einen Knicks und bat die Herren einzusteigen und sich anzuschnallen. Der Bankier selbst stieg in den ersten Wagen ein und legte in der Führerkanzel ein paar Schalter um.
„Wir fahren jetzt unter dem Himmelmeer hindurch zum westlichen Ausläufer des Himmelrandgebirges. Dort liegt die Schatzkammer der Familie Fantasio. Die Fahrt wird ungefähr sieben Minuten dauern.“
Toimgil rieb sich schon die Hände und freute sich, als er in dem letzten Wagen Platz nahm. Der Zwerg liebte rasante Bahnwagenfahrten, allerdings stellte sich kurz darauf heraus, dass die Fahrt in einem nur sehr gemächlichen Tempo vonstatten ging. Toimgils Vorfreude verflog letztendlich völlig, als der Halbling Toimgils Frage - ob er nicht ein bisschen schneller fahren könne –, mit einem verneinenden Kopfschütteln beantwortete.
Die kurze und relativ langsame Reise führte durch eine doppelgleisige Eisenröhre. Angetrieben wurde die Bahn durch elektrischen Strom, wodurch die Fahrt angenehm leise war. Der große Scheinwerfer am ersten Bahnwagen leuchtete ihnen den Weg und in regelmäßigen Abständen blitzte an den Rohrwänden das goldene Drachgoldsymbol auf. Viele Symbole waren allerdings stark verwittert, denn in der Röhre war es feucht und einige Stücke waren sogar patschnass; das salzige Seewasser hatte sich vielerorts durch die schmalsten Ritzen gepresst.
Nach einiger
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