Joshua Fantasio & Kalitos Legende und der schwarze Zeitmesser (German Edition)
rosafarbenen Horizont rasch entgegen, und als er nur noch ein kleiner schwarzer Punkt am Himmel war, krächzte er leise und ließ Joshuas Blut in seinen Adern gefrieren. Das Krächzen hatte dem des Papageien bis auf den kleinsten Ton geähnelt!
Dann war es wieder ruhig , und in Joshuas Kopf spielten sich nun die verrücktesten Dinge ab, aber er schüttelte sie sogleich wieder beiseite, weil er sie doch für zu absurd hielt. Das konnte nicht der grüne Papagei gewesen sein, dachte er sich, aber er konnte es nach all den Merkwürdigkeiten, die in letzter Zeit geschehen waren, auch nicht mehr ausschließen.
Max war noch tiefer unter das Bett gekrochen, aber bei seinem Herrchen siegte nach einiger Zeit schließlich doch die Neugier über seine Furcht. Er zog langsam die Decke beiseite. Leise schlich er ans Fenster heran und warf einen vorsichtigen Blick auf den grünen Vorgarten. Alles schien in bester Ordnung zu sein, aber das beruhigte ihn nur wenig. Das kleine Erdhügelgrab des Papageien konnte er von hier oben nicht sehen, völlig gleich wie weit er sich aus dem Fenster strecken würde. Er musste schon nach unten gehen, um es sich ansehen zu können.
Nach kurzer Überlegung zog er seinen Morgenmantel enger um seinen Leib und öffnete seine Zimmertür.
Im ganzen Haus war es noch ganz still. Alles schien noch zu schlafen, aber er hatte nach dem gestrigen Abend sowieso nicht die Absicht, die anderen zu wecken, auch wenn er dann vielleicht nicht mehr so große Angst gehabt hätte.
„Ein richtiger Zauberer kennt keine Furcht“, flüsterte er sich leise zu und schlich nach unten.
A ls plötzlich eine der Treppenstufen ein ächzendes Geräusch von sich gab, zuckte er trotzdem zusammen. „Das ist nur die alte Treppe, keine Panik“, machte er sich Mut und ging weiter. Hinter ihm tapste Max wachsam hinterher und folgte seinem Herrchen auf Schritt und Tritt. Im Flur schlüpfte Joshua in seine Pantoffeln und öffnete behutsam die Haustür.
Der Garten war in einen orangefarbenen Sonnenschimmer getaucht und der Morgentau glitzerte an den Blumen und Blättern, aber Joshua hatte nur Augen für das kleine Vogelgrab im Blumenbeet. Behutsam pirschte er sich näher heran und musste bald feststellen, dass seine schaurige Befürchtung sich erfüllt hatte. Das Grab war aufgewühlt und leer, der Papagei war fort!
Joshua lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Max beschnüffelte das kleine Erdloch argwöhnisch und warf seinem Herrchen kurz darauf einen fragenden Blick zu. Joshua zuckte mit den Schultern. „Wie es aussieht, ist der Papagei von den Toten auferstanden und einfach fortgeflogen“, sagte er zu ihm. „Komm, gehen wir lieber wieder ins Haus.“
Der kleine Vierbeiner zog ihn am Hosenbein und schaute hasenherzig hinauf zum Dach des Hauses. Im ersten Moment wusste Joshua nicht, was der Hund ihm damit sagen wollte, doch als er sich umwandte und ebenfalls nach oben blickte, sah er, dass die Dachluke auf dem Schrägdach offen stand; das wollte Max ihm sagen.
„Dann müssen wir beide wohl auch noch einmal auf dem Dachboden nachschauen“, meinte Joshua kurzerhand.
Eine Minute später standen die beiden vor dem düsteren Eingang des Dachbodens. Das klaffende schwarze Deckenloch wirkte bedrohlich und schien alles Licht aufzusaugen.
Joshua leuchtete mit seiner Taschenlampe nach oben und stieg mit klopfendem Herzen die Leiter hinauf. Er spähte zunächst nur vorsichtig über den Rand des Bodens und verschaffte sich einen ersten Überblick.
Plötzlich huschte eine graue Maus piepsend an ihm vorbei und jagte ihm einen kleinen Schrecken ein. Er atmete zweimal durch und kletterte das letzte Stück hinauf. Max folgte ihm zögerlich.
Alles war ruhig und nichts bewegte sich. Durch die Bullaugenfenster drang mattes orangefarbenes Licht ; es beleuchtete den Dachboden nur kärglich, so dass Joshua froh war, seine Taschenlampe dabei zu haben.
Er bahnte sich den Weg zur offen stehenden Luke und sein haariger Begleiter wich ihm dabei nicht von der Seite. Als er das kreisförmige Fenster erreichte, fand er auch hier nichts Ungewöhnliches vor. Im Halbdunkel tastete er sich langsam weiter vorwärts, doch plötzlich stieß er mit seinem rechten Fuß gegen einen leichten Gegenstand. Ein buntes Paket kullerte aus dem Schatten hervor und blieb im Lichtstrahl liegen. Daneben rieselte eine grüne Feder herab.
„ Eine Papageienfeder! “, schoss es Joshua durch den Kopf. „ Also lebt der Papagei doch wieder?! Das kann doch nicht
Weitere Kostenlose Bücher