Joshua Schreck: Fischer. Nur für Jungs (German Edition)
vorn.
»Wie Sie sehen, besitzt diese Substanz hier das Aussehen und die Beschaffenheit von Hirn. Sie riecht und schmeckt sogar erstaunlich ähnlich. Doch in Wahrheit handelt es sich« – sie senkte die Stimme – »um Tofu.«
Sie warf dem Zombie eine Handvoll von dem Tofuzeug hin. Er verschlang es in einem einzigen schaurigen Bissen.
»Der erfrischende und nährstoffreiche Snack hält Ihre Zombies bei Laune und lässt sie gehorchen. Und weil es kein echtes Hirn ist, werden sie auch nicht Amok laufen und blindwütig töten, solange Sie nicht den Befehl dazu geben.«
Alle klatschten. Mom kaufte drei Kisten.
Wir liefen weiter in die Halle hinein. Ich sah jede Art von Superschurken, die ich mir vorstellen konnte (und auch viele, die ich mir nicht vorstellen konnte). Ein Schwert schwingendes siamesisches Zwillingspaar. Einen Mann, dessen Kopf aus Feuer bestand. Verschiedene Gruppen internationaler Schurken, die sich in Sprachen unterhielten, von denen ich noch nie gehört hatte. Kranke Wissenschaftler. Gesunde Wissenschaftler. Bösartige Milliardäre, die in ihre Handys brüllten. Diktatoren, die mit Regierungsunternehmen sprachen.
Ab und zu stießen meine Eltern auf jemanden, den sie kannten, und ich musste dabeistehen, während sie sich über irgendein neues Modell eines Mehrzweckgürtels unterhielten, den sie gesehen hatten, oder darüber, welches Supervirus am tödlichsten sei.
In der Mitte der Tagungshalle gab es eine Bühne. Und in der Mitte der Bühne stand ein Mann. Er war kahlköpfig, trug eine Augenklappe, und eine Narbe lief ihm seitlich übers Gesicht. In der Hand hielt er einen Stock mit einem Griff, der wie ein Totenschädel geformt war.
»Das ist Phineas Vex!«, sagte Dad und deutete auf den Mann.
»Wer?«
»Der Chef von VexaCorp Industries.«
Das sagte mir etwas. Das VexaCorp-Logo hatte ich schon auf allen möglichen Sachen bei uns zu Hause gesehen. VexaCorp war die Firma, die die Flugroller, die Mehrzweckgürtel und die Plasma-Revolver meiner Eltern gebaut hatte. Jedes Vierteljahr lag ein neuer Katalog in der Post. Er war dicker als ein Telefonbuch.
»Ich versuche schon seit Jahren, VexaCorp zu überzeugen, dass sie eine meiner Erfindungen kaufen«, sagte Dad. »Stell dir nur mal vor – Superschurken auf der ganzen Welt benutzen etwas, das ich gemacht habe.«
Ich schaute wieder zurück zu Phineas Vex. Er stand vor einem Mikro und starrte mit einem Funkeln in seinem sehenden Auge über die Menge. Zu beiden Seiten von ihm flackerte das bekannte VexaCorp-Logo über Dutzende himmelblauer Flachbildschirme.
VEXACORP INDUSTRIES
DIE MARKE, DER DU VERTRAUST UND DIE DIE GESELLSCHAFT FÜRCHTET
Vex beugte sich zum Mikro vor. »Ich grüße euch, meine Schurkenbrüder!« Seine Stimme dröhnte durch die Halle.
Die Menge jubelte. Vex wartete, bis der Jubel verstummte, dann sprach er weiter.
»Ich und alle Mitarbeiter von VexaCorp Industries heißen euch herzlich willkommen zur jährlichen Schandmesse, die nun schon zum zwölften Mal stattfindet«, rief er.
Die Halle brach wieder in Beifallsstürme aus.
»Vieles hat sich in den letzten vierzig Jahren, seit ich VexaCorp gründete, in der Schurken-Gemeinde verändert«, sagte Vex. »Das moderne Superhirn des Bösen ist nicht mehr die zweidimensionale Figur aus den verstaubten alten Comic-Heften. Heute muss der Schurke seine Aufgabe in einem globalen Zusammenhang begreifen, die Technologie und Effizienz mit einer kompetenten Medienstrategie verbindet. Zusammen haben wir bedeutende Fortschritte erreicht. Internationale Konflikte sind um dreihundert Prozent gestiegen, und die globale Schurkerei befindet sich auf einem Allzeithoch.«
Ein weiterer Beifallssturm brandete durch die Halle.
»Doch es gibt immer noch viel Raum für Verbesserungen«, sagte Vex. »Bei VexaCorp arbeiten wir ständig an neuen Technologien, die euer Leben vereinfachen werden. An Software, die eure Terminpläne überschaubarer macht, damit ihr eure Projekte des Bösen und die Zeit mit der Familie besser in Einklang bringen könnt. Oder an der neuesten Generation von schwebenden Fahrzeugen – Autos, Flugrollern und SUVs –, die garantieren, dass ihr fahren könnt, wohin ihr wollt und wann immer ihr wollt.«
Während Vex sprach, liefen Bilder über die Flachbildschirme hinter ihm – von Superschurken, die zusammen um einen Computer saßen, einer grünhäutigen Frau, die Lebensmittel in den Kofferraum ihres SUVs lud, oder von Kindern, die zum ersten Mal ihre Umhänge
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