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Joy Moci - Ab jetzt wird alles anders

Joy Moci - Ab jetzt wird alles anders

Titel: Joy Moci - Ab jetzt wird alles anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Winter
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alles nach Plan. Aber wehe, wenn etwas dazwischen kam. Dann schaukelte sich auch eine Lappalie extrem hoch.
    Robert konnte sich noch genau an die Worte erinnern.
     
    „ Meine Herren“, sagte Michael Southerland damals in einer Sitzung der Leadergroup, „es ist uns ein unglaubliches Malheur passiert. Wir haben ein gewaltiges Lieferproblem, und zu allem kommt noch, dass wir es derzeit nicht beheben können, weil der Zulieferer des Materials, mit dem wir nachproduzieren müssten, in die Insolvenz gegangen ist. Nun bitte ich sie höflich und dringlich, alle Hebel in Bewegung zu setzen, damit sie eine Lösung finden. Egal welche – finden sie eine Lösung, und das „asap“ (as soon as possible).“
     
    Das war das Einzige, was Michael Southerland dazu zu
    sagen hatte. Kein Druck, ruhig und sachlich vorgetragen und mit einer Bitte beendet. Doch dann ging die Lawine los. Wie eine stille Post schien sich die Angelegenheit im Werk auszubreiten. Es kamen die ersten Spekulationen auf, wann es denn wohl Kündigungen hageln würde. Der eine oder andere Fließbandarbeiter machte sich darüber Gedanken, wie groß der Schaden wohl in Euro gewesen sein muss.
    Hätte ich auf einer Wolke gesessen und nach unten geschaut, wäre es wohl das Bild eines Ameisenhaufens gewesen, der sich von Minute zu Minute schneller bewegte‘, dachte Robert.
     
    Hektisch, gestresst, ständig in Eile und völlig konfus schaukelte sich dieses Problem nach oben. Von den Führungskräften wurden einige Sitzungen einberufen. Robert selbst nahm an mehreren Teil, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Als Personalchef muss man ja ständig informiert und auf alles gefasst sein. Wird heute über Neueinstellungen gesprochen, so kann das morgen schon wieder völlig anders aussehen. Es war, als spielte sich bei Alliventi ein Krimi ab. Nach jeder Sitzung wurde der Angelegenheit etwas mehr Dramaturgie hinzugefügt.
    ,Schade, dass man davon keinen Film gedreht hat‘, dachte Robert schon damals. Das war ein wunderbares Beispiel dafür, wie erwachsene Menschen stille Post spielen. Der Film hätte es wunderbar widergespiegelt, wie sich Stress aufbaut. Da gab es keinen von oben, der ständig mit den Füßen nach unten trat. Da gab es keine Führungskraft, die den Auftrag bekommen hatte, Druck nach unten zu machen. Es reichte aus, dass ein kleines Problem auftrat, und schon war es vorbei mit der Ruhe im Arbeitsalltag. Jeder war am Problem beteiligt, jeder Einzelne war selbst das Problem. Es war interessant, die Menschen dabei zu beobachten und ihren Gefühlszustand zu analysieren. Dem einen oder anderen brauchte man nur ins Gesicht zu gucken, und es spiegelte sich in den Gesichtern fast aller Mitarbeiter wie-der, wie sich von Tag zu Tag mehr Druck aufbaute, der sich über die ganze Firma ausbreitete. Wenn es das war, was man Stress nannte, dann gab es dafür eigentlich keinen Grund, der wirklich gerechtfertigt gewesen wäre. Alliventi hatte schon andere Probleme gelöst. Dieses war zwar nicht unbedingt eine der leichtesten Übungen, doch mit solch einem perfekt aufgestellten Mitarbeiterteam hätte man noch ganz andere Dinge klären können.
    ,Warum bemerkt man so etwas in Stresssituationen nicht‘, fragte sich Robert? Warum ist der Blickwinkel völlig verzerrt? Warum lassen Emotionen keine objektive Betrachtungsweise zu? Alle Welt redet von Stress, und keiner kennt sich aus – so fühlte es sich auf jeden Fall damals und auch noch heute für Robert an. Innerlich war Robert etwas aufgewühlt, er döste noch immer vor sich hin, und ihm fielen zwei Sätze ein, an die er auch damals gedacht hatte: Alles kein Problem – und jeder macht mit. Alles nicht so schlimm, doch jeder zieht in den Krieg. In den Krieg mit sich selbst. Er hatte sich damals vorgenommen, in Stresssituationen den äußeren Beobachter zu spielen. Stell dich einfach mal neben dich, wenn du wieder ausrastest, hatte ein guter Freund einmal zu ihm gesagt. Doch leichter gesagt als getan. Wenn die Lampe dann wirklich durchknallt, dann ist es kaum möglich, die Angelegenheit sachlich und objektiv zu betrachten. Jeder meint, dem anderen die Schuld in die Schuhe schieben zu müssen. Und in der Regel bekommt die Führungskraft, die eine oder mehrere Stufen drüber steht, die Schuld für den ganzen Stress. Denn dieser wird ja schließlich nur von ihr ausgelöst. Welch falsches Denken.
    Es kam natürlich, wie es kommen musste. Die ganze
    Aufregung bezüglich der Lieferprobleme von Alliventi war umsonst

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