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Joyland

Titel: Joyland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wie ich von Wendys Freundin Renee. Damals dachte ich, das läge vielleicht daran, weil er auf sie eifersüchtig war. Inzwischen glaube ich, dass er sie mit klarerem Blick gesehen hat, als mir das möglich war. Aber mit Sicherheit weiß ich das nicht – wir haben nie darüber gesprochen. Ich weiß nicht, ob Männer sich über Frauen unterhalten können, ohne nur Unfug zu reden.
    Nachdem die Mahlzeit beendet und das Geschirr abgewaschen war, saßen wir auf der Couch, tranken Bier, aßen Popcorn und glotzten einen Film mit Gene Hackman als raubeinigem Bullen mit einem Fußfetisch. Ich vermisste Wendy – wahrscheinlich lauschte sie gerade dem Pippin -Ensemble, das »Spread a Little Sunshine« sang –, aber es hatte auch Vorteile, wenn zwei Kerle unter sich waren: Man konnte rülpsen und furzen, ganz wie es einem beliebte.
    Am nächsten Tag – meinem letzten daheim – machten wir einen Spaziergang die stillgelegte Bahnstrecke entlang, die durch das Waldstück hinter dem Haus verlief, in dem ich aufgewachsen bin. Mama hatte immer nachdrücklich darauf bestanden, dass meine Freunde und ich uns von den Gleisen fernhielten. Hier war seit zehn Jahren kein Güterzug mehr durchgerattert, und zwischen den rostigen Gleisen spross das Unkraut, aber für Mama hatte das keine Rolle gespielt. Sie war davon überzeugt gewesen, dass wir, wenn wir dort spielten, von einer letzten einsamen Lokomotive (sagen wir, einem kinderfressenden Sonderzug) plattgemacht werden würden. Nur dass dann sie von einem Schnellzug erwischt wurde, mit dem niemand gerechnet hat – metastasierendem Brustkrebs im Alter von siebenundvierzig. Und der hatte einen ziemlichen Zahn drauf.
    »Ich werde dich vermissen, wenn du den Sommer über nicht hier bist«, sagte Dad.
    »Ich dich auch.«
    »Ach! Bevor ich's vergesse.« Er griff sich in die Brusttasche und zog einen Scheck hervor. »Vergiss nicht, gleich ein Konto zu eröffnen und ihn einzureichen. Wenn möglich sollen sie die Auszahlung beschleunigen.«
    Ich schaute auf den Betrag: nicht die fünfhundert, um die ich ihn gebeten hatte, sondern eintausend. »Dad, kannst du dir das leisten?«
    »Ja. In erster Linie, weil du weiter in der Mensa gearbeitet hast. Deshalb musste ich bisher nicht für irgendwas aufkommen. Nimm's als Prämie.«
    Ich gab ihm einen Kuss auf die Wange. Sie kratzte. An dem Morgen hatte er sich nicht rasiert. »Vielen Dank!«
    »Mein Sohn, das hast du dir mehr als verdient.« Er zog ein Taschentuch hervor und trocknete sich die Augen, als wäre das überhaupt nichts Besonderes. »Tut mir leid, dass ich hier rumheule. Wenn die Kinder aus dem Haus sind, geht einem das schon an die Nieren. Irgendwann wirst du das selbst herausfinden, aber dann leistet dir hoffentlich eine brave Frau Gesellschaft.«
    Ich musste daran denken, was Mrs. Shoplaw gesagt hatte: Kinder sind ein solches Risiko. »Dad, kommst du denn zurecht?«
    Er steckte das Taschentuch weg und schenkte mir ein heiteres, ungezwungenes Grinsen. »Wenn du mich ab und zu anrufst, dann schon. Außerdem wäre es mir lieb, wenn du nicht auf diesen verdammten Achterbahnen herumkraxeln musst.«
    Das wäre zwar mal einigermaßen aufregend gewesen, aber ich versicherte ihm trotzdem, dass ich das nicht tun würde.
    »Und …« Aber ich sollte nie erfahren, was er mir als Nächstes mit auf den Weg geben wollte – einen Rat oder eine Ermahnung. »Schau dir das an!«
    Fünfzig Meter von uns entfernt war ein Reh aus dem Wald gekommen. Es stieg vorsichtig über eines der rostigen Gleise und blieb auf den Schwellen stehen, wo das Unkraut und die Goldrute so hoch wuchsen, dass sie es am Bauch streiften. Dort blieb es stehen und schaute ruhig in unsere Richtung, die Ohren nach vorn gestellt. Ich weiß noch gut, wie still es in dem Moment war. Kein Vogel sang, kein Flugzeug brummte über uns hinweg. Wäre meine Mutter noch am Leben gewesen, hätte sie nach ihrer Kamera gegriffen und wie verrückt Bilder geschossen. Als mir dieser Gedanke kam, vermisste ich sie so sehr wie seit Jahren nicht mehr.
    Ich nahm meinen Vater kurz und fest in die Arme. »Ich hab dich lieb, Dad.«
    »Ich weiß«, sagte er. »Ich weiß.«
    Als ich wieder aufschaute, war das Reh weg. Wie ich am nächsten Tag auch.
    *
    Als ich das große graue Haus am Ende der Hauptstraße von Heaven's Bay wiedersah, hatte Mrs. Shoplaw das Muschelschild abgenommen, weil sie den Sommer über voll belegt war. Ich würde mich bei Lane Hardy noch mal dafür bedanken müssen, dass er mir den Tipp

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