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Joyland

Titel: Joyland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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leibhaftig, sondern auch in Gedanken. Weil ihm hier etwas widerfahren war, was er nicht verstand. Und was er auch nicht verstehen wollte, was ich wiederum, wenn ich ehrlich sein soll, ziemlich albern fand. Ich spürte, wie mich eine Welle der Eifersucht durchströmte, und mein Magen krampfte sich um das Essen zusammen, mit dessen Verdauung er beschäftigt war.
    Dann lächelte ich – was mich einige Mühe kostete, wie ich betonen möchte – und sagte: »Botschaft erhalten. Was mich betrifft, ist unser kleines Forschungsprojekt beendet.« Also entspann dich, Thomas. Du brauchst nicht mehr über das nachzudenken, was im Horror House passiert ist. Was du dort gesehen hast.
    »Gut. Und wir sind immer noch Freunde, ja?«
    Ich reichte ihm über den Tisch hinweg die Hand. »Freunde auf immer«, sagte ich.
    Er schlug ein.
    *
    Die Märchenbühne im Wiggle-Waggle Village hatte drei Kulissen: das Schloss, in dem Schneewittchen wachgeküsst wurde, die magische Bohnenranke vom diebischen Jack und ein sternenübersäter Nachthimmel, auf dem sich im roten Neonschein das Carolina Spin abzeichnete. Alle drei waren im Laufe des Sommers im Sonnenlicht verblichen. An jenem Montagmorgen war ich hinter der Bühne damit beschäftigt, sie auszubessern (wobei ich inständig hoffte, sie nicht zu versauen, schließlich war ich kein van Gogh), als eine der Hilfskräfte vorbeischaute und mir erklärte, Fred Dean wolle mich in seinem Büro sehen.
    Auf dem Weg dorthin war mir reichlich mulmig – würde er mich zusammenscheißen, weil ich Erin am Samstag in den Park mitgenommen hatte? Zu meiner Überraschung trug Fred weder einen Anzug noch seine neckische Golfmontur, sondern ausgeblichene Jeans und ein gleichermaßen ausgeblichenes T-Shirt. Die hochgerollten Ärmel ließen richtige Muskeln zum Vorschein kommen. Ein Schweißband mit Paisleymuster zierte die Stirn. Er sah weder wie ein Buchhalter noch wie der Personalchef eines Vergnügungsparks aus; er sah aus wie ein Schockfreier.
    Er bemerkte meine Überraschung und lächelte. »Gefällt dir meine Kluft? Mir gefällt sie nämlich sehr. Das hatte ich immer an, als ich bei der Blitz-Brothers-Show im Mittleren Westen angeheuert hab, damals in den Fünfzigern. Meine Mutter hatte nichts dagegen, aber mein Vater war entsetzt. Und dabei war er selbst Schausteller!«
    »Ich weiß«, sagte ich.
    Er hob eine Augenbraue. »Wirklich? Dergleichen spricht sich schnell herum, was? Na egal, heute Nachmittag gibt's viel zu tun.«
    »Geben Sie mir einfach eine Liste. Mit den Kulissen bin ich fast…«
    »Auf keinen Fall, Jonesy, Sie machen heute um Punkt zwölf Schluss. Vor morgen früh um neun, wenn Sie hier mit Ihren Gästen antanzen, will ich Sie nicht wiedersehen. Und machen Sie sich keine Gedanken wegen Ihrem Lohn. Ich werde dafür sorgen, dass Ihnen die Fehlstunden nicht abgezogen werden.«
    »Fred, wofür die ganze Ehre?«
    Er schenkte mir ein Lächeln, das ich nicht zu deuten wusste. »Das ist eine Überraschung.«
    *
    An jenem Montag war es warm und sonnig, und als ich nach Heaven's Bay zurückschlenderte, sah ich Annie und Mike am Strand zu Mittag essen. Milo erkannte mich schon von Weitem und rannte mir freudig entgegen.
    »Devin!«, rief Mike. »Kommen Sie doch, es gibt Sandwiches! Jede Menge!«
    »Nein, ich kann wirklich nicht …«
    »Wir bestehen darauf«, sagte Annie. Dann runzelte sie die Stirn. »Außer Sie sind krank. Ich möchte nicht, dass Mike sich etwas einfängt.«
    »Mir geht's gut, ich bin nur früher nach Hause geschickt worden. Mr. Dean – mein Boss – hat mir nicht verraten, warum. Er hat gesagt, es sei eine Überraschung. Wahrscheinlich hat es etwas mit morgen zu tun.« Ich sah sie besorgt an. »Das klappt doch morgen, oder?«
    »Ja«, sagte sie. »Wenn ich kapituliere, dann ganz. Nur … wir werden ihn doch nicht zu sehr ermüden, oder, Devin?«
    »Mama!«, sagte Mike.
    Sie achtete nicht auf ihn. »Ja?«
    »Das werden wir nicht, Ma'am.« Obwohl mir schon einigermaßen mulmig war, nachdem ich Fred Dean in voller Kirmesmontur gesehen und er auch noch ungeahnte Muskeln zur Schau gestellt hatte. Hatte ich ihm nicht klargemacht, wie anfällig Mike war? Eigentlich schon, aber …
    »Dann kommen Sie her, und essen Sie ein Sandwich mit uns«, sagte sie. »Ich hoffe, Sie mögen Eiersalat.«
    *
    In der Nacht von Montag auf Dienstag schlief ich nicht gut. Halb befürchtete ich, das tropische Unwetter, von dem Fred gesprochen hatte, würde früher eintreffen und Mikes Ausflug in den Park

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