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Judasbrut

Judasbrut

Titel: Judasbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Fink
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sind wir ja da«, kam die fröhliche Antwort. Während Maria wartete und
sich dabei gern in einen Plausch mit der Buchhändlerin verwickeln ließ, hatte
sich auch Michelle in ein Gespräch mit einer blonden jungen Frau vertieft, von
der sie sich gleich mehrere Bücher empfehlen ließ.
    Als sie
zurück zum Auto gingen, begann Michelle zu sinnieren. »Sind die Menschen hier
eigentlich immer so? So … unaufgeregt. Gemütlich, als hätten sie alle Zeit der Welt. Selbst
die Kunden, die auf uns warten mussten, sahen nicht aus, als hätte sie das
gestört. In Köln gibt es das nicht. Da wirken immer alle, als seien sie auf der
Flucht und wehe, man muss irgendwo länger als zehn Sekunden rumstehen – das
geht gar nicht.«
    »Das
ist Franken«, antwortete Maria schlicht.
    Kurz
darauf standen sie vor der Gemeinschaftspraxis, die sich in einem liebevoll restaurierten
Fachwerkhaus befand. Als sie die Räume betraten, verließ gerade der letzte
Patient das Wartezimmer in Richtung Behandlungsraum, daher dauerte es nicht
lange, bis Maria beginnen konnte, die Sprechstundenhilfen zu vernehmen. Eine
nach der anderen holte sie ins Wartezimmer, das sie kurzerhand als Verhörraum
benutzte. Zunächst erfuhr sie lediglich übereinstimmend, dass Sara Eichmüller
eine wundervolle Arbeitgeberin und Ärztin sei. Wegen ihrer einfühlsamen Art sei
sie bei den Patienten und besonders bei Kindern beliebt. Wie der
Praxismitinhaber Dr. Frank Hüttner setzte sie auf Naturheilkunde und
alternative Therapien.
    »Wissen’s,
Frau Kommissarin«, sagte Karla, die den Empfang der Gemeinschaftspraxis seit
zehn Jahren betreute, »da wo die Frau Doktor Zöller vor zwei Jahren in Rente
ging und der Doktor Cohen dazu kam, da dacht ich – Allmächd, hab ich gedacht – das wird doch nie was. Er ist ja sehr – wissen’s – sehr anders als der Doktor Hüttner und vor allem als die Frau
Doktor.«
    »Wie
meinen Sie das?« Maria unterdrückte ein Gähnen. Die Lobhudelei war schrecklich
ermüdend. Wie es schien, hatte Sara Eichmüller Privates vollkommen aus der
Praxis herausgehalten, denn bis jetzt schienen alle überrascht gewesen, dass
Sara und Leonhard überhaupt Eheprobleme gehabt hatten. Das geradezu ungläubige
Erstaunen der Angestellten über Saras Tat war für Marias Empfinden nicht
gespielt.
    »A weng
verschlossen ist er, der Doktor Cohen – ja
wissen’s, so ernst. Manchmal ist er direkt unheimlich, wenn er einen so ansieht
mit seinen schwarzen Augen und dann, wenn er spricht – manchmal verstehn’s ihn nicht – das sagen auch die Patienten.
Und wissen’s was«, sie beugte sich vor und senkte verschwörerisch die Stimme,
»einmal hatte er Streit mit der Frau Doktor. Da hab ich schon gedacht, gleich
passiert es! Gleich schmeißt sie ihn raus. Sie haben sich angeschrien, dass ich
dachte, das hört man sogar auf dem Marktplatz.«
    »Wann
war das?«
    »Wann?
Jessas, naa, da fragen’s mich was, also das war Mittag. Gott sei Dank waren die
letzten Patienten gerade weg und der Doktor Hüttner war an dem Tag gar nicht
da. Und die anderen waren auch schon heim, weil es war ein Mittwoch und da
haben wir ja nachmittags zu – wie heute. Allmächd! Wenn das
jemand gehört hätte, wissen’s, ich rede über so etwas ja eigentlich nicht … «
    »Ich
meine eher: Wie lange ist das her?«, korrigierte Maria ihre Frage, wobei sie
krampfhaft Michelle ignorierte, die sich die Nase zuhielt, um wegen des
ungebremsten Redeschwalls nicht loszuprusten. »War das erst kürzlich oder ist
das länger her?«
    »Ja,
des wenn ich wüsst … Kürzlich? Nein, das war … Moment, das war … im Sommer. Genau. Vor den Ferien.«
    »Letztes
Jahr also.«
    »Ja.
Ich weiß leider nicht, worum es ging, weil sie haben kein Deutsch gesprochen.
Aber wenn man sich streitet – ich mein, das hört man ja,
wenn man sich streitet und … «
    »Ja, da
haben Sie recht«, unterbrach Maria sie. »Hatten Sie das Gefühl, es sei wichtig?
Etwas, das die beiden schon länger beschäftigte?«
    Karla
dachte ernsthaft nach. Dann schüttelte sie den Kopf. »Also an dem Tag hab ich
die beiden ja nicht mehr gesehen. Ich bin lieber gegangen, wissen’s, das geht
mich ja nichts an. Und am nächsten Tag hatte der Doktor Cohen frei und danach
war alles wieder in Butter.« Sie zuckte mit den Achseln.
    »Gut,
danke sehr. Wenn ich noch etwas von Ihnen brauche, melde ich mich. Würden Sie
bitte Dr. Hüttner hereinschicken?«
    »Ja,
freilich. Aber bitte sagen Sie nicht, dass Sie das von mir haben. Das mit

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