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Judasbrut

Judasbrut

Titel: Judasbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Fink
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wir ihr Handy gefunden und einen anderen
Vertrag besitzt sie nicht.«
    »Vielleicht
Prepaid?«
    »Könnte
sein. Ich nehme das gleich mit – einverstanden?« Die Frage war
reine Formalität, was Dörfler natürlich wusste. Er machte daher eine Geste, die
wohl seine Zustimmung ausdrücken sollte.
    Als
Maria aus dem Keller hinaus trat, kam es ihr vor, als klettere sie aus einem
Grab. Im Grunde war es das ja für eine Weile gewesen. Sie zog Maske und
Handschuhe aus und atmete die frische, warme Luft. Drei bis vier Wochen. Also
war Bianca Esser gleich nach ihrem Verschwinden gestorben. Oder sogar davor.
    Sie
fand die recht unglücklich dreinschauende Michelle im Auto.
    »Ich
bin ein Feigling!«
    »Das
hat nichts mit Feigheit zu tun«, beruhigte Maria sie. »Anderen fällt es auch
nicht leichter. Mir macht es auch etwas aus – sehr
viel sogar.«
    Michelle
schielte sie von der Seite an. »Echt jetzt? Du wirkst aber nicht so.«
    »Ich
kann es vielleicht besser verbergen als du«, erwiderte Maria. »Den Opfern kann
ich nicht mehr helfen. Aber ich kann ihren Tod aufklären, herausfinden, wie es
dazu kam und denjenigen finden, der das zu verantworten hat. Aber damit ich das
kann, reiße ich mich zusammen, verstehst du?«
    Michelle
zog die Nase hoch. »Ja, du hast recht.«
    Maria
klopfte ihr aufmunternd auf die Schulter. »Komm, ich muss noch mal mit Herrn
Dörfler sprechen. Wir bleiben draußen.«
    »Warum
heißt das eigentlich ›Keller‹?«, fragte Michelle, die aussah, als würde sie
sich jeden Schritt abringen.
    Maria
blieb vor dem höhlenartigen Eingang stehen, in den gerade zwei Leute mit einem
Zinksarg verschwunden waren.
    Um
Michelle ein wenig abzulenken, erklärte sie: »In den Felsenkellern haben die
Menschen früher empfindliche Vorräte gelagert – aber
vor allem brauchten sie die, um das untergärige Bier herzustellen. Da drinnen
herrscht das ganze Jahr eine ideale Temperatur von 8-10 Grad.«
    »Ein
natürlicher Kühlschrank.« Michelle sah angespannt in den Keller hinein.
    »Genau.
Deswegen sieht Biancas Leiche noch ganz gut aus.«
    »Gut?«
Michelles Stimme war eine Terz höher als gewöhnlich.
    Maria
verkniff sich, auf pathologische Details von dem Zustand einer Leiche bei
unterschiedlichen Umgebungsbedingungen einzugehen.
    Nach
ein paar Sekunden sagte Michelle leise: »Sie war nicht viel älter als ich.« Und
dann, nach einer noch längeren Pause, fügte sie sehr inbrünstig hinzu: »Welches
Arschloch war das?«
    Maria
hob die Brauen. »Genau das meinte ich vorhin.« Sie zeigte Michelle das Handy,
das Dörfler bei Bianca gefunden hatte. »Das hatte sie übrigens in der Tasche.«
    Während
Michelle das Handy unter die Lupe nahm, wurde der Zinksarg herausgetragen. Die
junge Frau sah hinterher. »Wie geht es jetzt weiter?«
    »Ganz
einfach: Wir finden denjenigen, der das getan hat!«
    Michelle
hatte wieder Farbe im Gesicht und nickte grimmig. »Und ob!«
     
     
    Erlangen, Felix d’Herelle
Institut
     
    Sie hatten sich nicht
angekündigt. Maria wollte die ungeschminkte Reaktion von Eichmüller sehen, wenn
sie ihm von Biancas Tod berichtete. Daher waren sie von der Vahlenmühle aus
direkt hierher gefahren. Von außen wirkte das Institut wie ein gewöhnliches,
zweistöckiges Wohnhaus, das es vermutlich auch einmal gewesen war. Eichmüllers
Büro im Erdgeschoss bot einen wunderschönen Blick auf den Sebalder Reichswald.
Gegenüber war Biancas Büro gewesen. Neben der Tür hing immer noch das Schild
mit ihrem Namen. Michelle wandte schnell den Blick ab.
    Als sie
den Raum betraten, stand Eichmüller auf, um ihnen die Hand zu reichen. »Grüß
Gott, Frau Ammon. Frau Schmitz. Bitte nehmen Sie Platz.« Er deutete auf einen
runden Tisch, der mit Papieren und Ordnern bedeckt war. Er räumte alles zur
Seite und erkundigte sich, ob sie etwas trinken wollten.
    Maria
winkte ab und kam gleich zur Sache. »Herr Dr. Eichmüller, wir müssen Ihnen
leider mitteilen, dass wir heute eine Leiche gefunden haben, von der wir
annehmen müssen, dass es sich um Frau Esser handelt.«
    Sekundenlang
reagierte Eichmüller nicht. Nur sein Adamsapfel hüpfte auf und ab. Schließlich
blinzelte er und stand auf. Er trat ans Fenster. Mit dem Rücken zu ihnen fragte
er: »Sind Sie sicher?«
    »Nicht
zu einhundert Prozent, nein, aber das werden wir bald wissen. Ich persönlich
halte eine Verwechslung für ausgeschlossen, ansonsten wären wir nicht hier … es tut
mir leid.«
    Er
atmete tief durch, bevor er zu ihnen zurückkam, um sich zu setzen.

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