Judasbrut
tristen Innenhof spähte.
Die Tür
öffnete sich und Cohen wurde von einem Beamten hereingeführt. »Soll ich
hierbleiben?«
»Nein,
danke.« Maria wartete, bis er den Raum verlassen hatte. Sie bedeutete Cohen,
der misstrauisch wirkte, sich hinzusetzen. Alle drei platzierten sich am Tisch.
Maria kam gleich zur Sache: »Wir haben Sara Eichmüller verhaftet. Sie ist
ebenfalls hier im Gefängnis.«
Bei der
Erwähnung von Saras Namen merkte Cohen auf. Doch gleich hatte er sich wieder
unter Kontrolle. Er wirkte noch wachsamer als vorher.
Maria
wurde allmählich müde, daher hielt sie sich nicht mit taktischen
Vernehmungs-Spielchen auf, sondern informierte ihn über Leibls
Selbstmordversuch. Cohen hörte sehr aufmerksam zu, sagte jedoch nichts dazu.
»Dr.
Cohen«, sagte sie schließlich, »wir wissen, dass Frau Esser sich im Labor an
der Tularämie infiziert hat. Wir wissen auch von den Phagen, die Dr. Eichmüller
entwickelt hat. Und ich kann Ihnen versichern, dass wir auf Ihrer Seite sind.
Ich habe mit Perez gesprochen.«
Cohen
verengte die dunklen Augen zu Schlitzen. »Wann?«
»Heute
Nachmittag. Bitte sagen Sie uns, was wirklich mit Frau Esser passiert ist.«
Auch,
wenn seine Mimik durch seinen Bart zum Teil verborgen war, konnte Maria sehen,
wie sehr Cohen mit sich rang. Er schien nicht genau zu wissen, ob er es
riskieren konnte.
»Sara
hat mir von Ihnen beiden erzählt«, sagte Maria freundlich. »Sie waren bei ihr
in Interlaken. Sie beide haben keine … keine
richtige Beziehung, doch ich glaube, Sie lieben sie. Ist das richtig?«
Er
wandte den Blick ab und nickte stumm. Erst nach einem Moment fand er die
richtigen Worte: »Er tut ihr nicht gut. Er tut keiner Frau gut. Er ist ein
Egoist. Sara ist ehrenhaft und würde sich nicht auf eine Stufe mit ihm stellen.
Während Eichmüller im Krankenhaus war, sollte Bianca einige Versuchsreihen für
ihn durchführen. Sie hat sich dabei infiziert. Sie traute sich nicht, es ihm zu
sagen. Als sie mich am Donnerstag anrief, war sie bereits sehr krank. Sie
brauchte dringend einen Arzt, aber sie hat mich nicht in die Wohnung gelassen.
Sie wollte mich wahrscheinlich nicht anstecken.«
»Hat
sie Ihnen das gesagt?«
Betrübt
schüttelte er den Kopf. »Natürlich nicht. Ich konnte es mir aber denken.«
»Also
haben Sie sie gar nicht untersucht?«
Er
schüttelte den Kopf. »Sie hat mir gesagt, welches Antibiotikum ich ihr
mitbringen soll und sich bedankt. Das war alles. Am nächsten Tag bin ich noch
einmal hingefahren, um sie zu fragen, ob ich noch etwas für sie tun kann.
Essen, trinken oder andere Medikamente. Sie ließ mich wieder nicht hinein. Ich
spürte, dass sie Angst hatte und … ich
wusste ja Bescheid, aber das durfte sie nicht wissen. Ich musste so tun, als
wäre alles in Ordnung. Ich sagte ihr, sie könne mich jederzeit anrufen. Ich
ließ ihr das Handy da, das ich für Notfälle in meinem Auto habe. Zuerst war
alles gut, doch dann antwortete sie mir nicht mehr. Ich schrieb ihr, ich wollte
kommen. Am Montagnachmittag um vier war ich da. Ich sah Leonhards Auto vor der
Tür. Ich wartete und plötzlich kam er heraus. Er hatte eine große Plastiktüte
dabei und Putzlappen in der Hand.«
»War er
in Eile?«, fragte Maria.
»Nein.
Er fuhr weg und ich klingelte bei Bianca. Als niemand öffnete, dachte ich, sie
schläft vielleicht. Möglicherweise war sie da schon tot und er hatte sie
bereits weggebracht … «
Maria
nickte. »Würden Sie diese Aussage wiederholen, sobald es nötig wird?«
»Wenn
es Sara hilft – ja!«
»Danke,
Dr. Cohen. Ich glaube, fürs Erste genügt es. Bitte erzählen Sie vorläufig
niemandem, was Sie wissen. Auch nicht Ihrem Anwalt.«
Kurz
darauf saßen sie im Auto. Maria rief bei Holzapfel an, nur um zu erfahren, dass
Perez nicht aufgetaucht war. Sie vertröstete Paul, der sich jedoch ungern
abwimmeln ließ. Am Telefon wollte Maria allerdings nicht ins Detail gehen. Sie
bat ihn, sich umgehend zu melden, falls der angekündigte Besucher doch noch
auftauchen sollte.
»Wo
steckt der Kerl?«, murmelte Maria, während sie zurück nach Erlangen fuhren.
Dechsendorf
Als Maria endlich nach Hause
kam, war Franzi schon im Bett und schlief – was
vor zehn eher selten vorkam, doch offenbar war das sonntägliche Grillen nicht
ganz spurlos an ihr vorübergegangen. Gewohnheitsmäßig schaute Maria im
Wohnzimmer ihrer Eltern im Erdgeschoss vorbei und war dankbar, dass gerade auf
BR die finalen Minuten einer älteren Tatort-Folge liefen. Sie
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