Judasbrut
Ich bin sicher, dass es so ist, doch mein Wort allein nützt
ja nichts. Falls er Geld von der kb erhalten hat, dann hat er es gut verborgen.
Auf sämtlichen Konten, zu denen ich Zugang habe, war nichts, das habe ich in
den letzten Monaten sehr genau überwacht – allerdings konnte ich mir nicht zu allen Institutskonten Zugang verschaffen.«
»Ich
frage mich gerade, woher das kb die Kohle dafür hat«, meinte Michelle. »Das
kostet Millionen.«
»Millionen
wird Leonhard dafür kaum bekommen. Perez sagte, das kb hat keine großen
Geldgeber und sie finanzieren ihre Aktionen durch Spenden von Leuten, die ihnen
nahestehen, aber auch durch Banküberfälle, Einbrüche, Hehlerei und so weiter.
Ich glaube, Leonhard tut es nicht des Geldes wegen – auch,
wenn er um jeden Euro froh ist, den er in seine eigene Forschung investieren
kann. Die musste er nämlich im Laufe der Jahre sehr stark zurückschrauben,
sonst wäre das Institut den Bach runter gegangen.«
Nachdenklich
knetete Maria ihre Unterlippe. »Gut, gehen wir im Moment davon aus, dass Geld
eine untergeordnete Rolle spielt. Was glauben Sie, wie geht es jetzt weiter?«
»Laut
Perez erfolgt die Übergabe des biowaffenfähigen Materials in den nächsten
Tagen. Wir müssen entweder beweisen, dass es aus dem Institut stammt, oder bei
der Übergabe dabei sein – oder noch besser beides, denn Perez befürchtet, dass Leonhard
irgendwie versucht, sich aus der Affäre zu ziehen. Genau deswegen brauchen wir
Ihre Hilfe, Frau Ammon. Allein können wir das nicht. Und ich falle ja jetzt
auch aus.«
»Warum
bittet Perez nicht direkt um Unterstützung bei seiner Abteilung?«, wunderte
sich Maria laut. Schon die ganze Zeit fragte sie sich das, denn die Antwort war
Perez ihr vorhin schuldig geblieben.
Sara
gab einen ärgerlichen Laut von sich. »Als direkter Angehöriger hätte er von
Anfang an den Fall nicht bekommen. Wir dachten, er könnte es trotzdem tun, aber
mit der Zeit wurde es schwierig, weil er Dinge vor seinem Vorgesetzten
verheimlichen musste.« Sie hielt einen Moment inne. »Er hätte die Anschläge in
Berlin verhindern und Großmann und Lorenz ans Messer liefern müssen! Aber er
konnte es nicht – wegen Leonhard. Sowohl Perez als auch ich trauen ihm zu, sich
etwas Neues auszudenken. Dann hätten wir bei null anfangen müssen. Verstehen
Sie das Dilemma?«
Maria
überlief es kalt. »Moment, dann weiß der Verfassungsschutz nicht mal, dass eine
Biowaffe im Spiel ist?«
»Nein.
Niemand weiß davon – abgesehen von einem seiner Kollegen, der bis jetzt dicht gehalten
hat. Er besorgt Perez Informationen und hält ihm so weit es geht den Rücken
frei. Aber das wird von Tag zu Tag schwieriger, denn er hätte eigentlich längst
eine Stellungnahme zu den Anschlägen abgeben müssen. Die Zeit läuft uns davon.
Im Moment ist er auf sich allein gestellt.«
»Na,
super«, murmelte Michelle und ließ ihren Kopf in den Nacken sinken. »Mein Name
ist Bond.«
Zum
zweiten Mal an diesem Tag fühlte sich Maria unfähig zu reagieren. Einen Moment
lang wünschte sie sich mit einem Buch an den Strand von Mallorca. Franzi
spielte Beach-Volleyball mit Freunden und an der Bar winkte ein Café con Leche.
»Perez
hat versucht, das Schlimmste bei den Anschlägen zu verhindern«, unterbrach Sara
ihre Gedanken. »Aber er hat es nicht ganz geschafft. Wie Sie wissen, gab es
Tote. Er floh aus Berlin in das alte Ferienhaus meiner Eltern.«
»In der
Nähe von Aufseß?«, fragte Maria.
»Ja,
genau. Er wollte zur Ruhe kommen, ein paar Tage nachdenken. Er war kurz davor
aufzugeben. Als er mich mitten in der Nacht anrief – nach
dem Konzert in Interlaken – klang er verzweifelt. Er hat mir von der Frau erzählt, dieser
Nina … Er glaubte, sie habe ihn erkannt, aber er sagte, er habe dafür
gesorgt, dass sie nicht darüber reden würde.« Sie stieß ein humorloses Lachen
aus. »Es hätte ja auch fast geklappt.«
»Wir
sind gleich da«, meldete Jens.
»Jens,
fahr noch ein Stück«, bat Maria.
»Ich
sagte Perez, ich käme so schnell ich könnte nach Hause«, fuhr Sara fort.
»War
Dr. Cohen bei Ihnen?«, wollte Maria wissen.
Seufzend
verzog Sara die Lippen zu einem traurigen Lächeln. »Es ist nicht so, wie Sie
vielleicht denken … Dr. Cohen, also Meir und ich, wir verstehen und sehr gut, aber er
weiß, dass ich nicht sein will wie Leonhard. Er akzeptiert das und wir sehen
uns nur selten ganz allein. Ich wollte nicht, dass er in die Schweiz kam, doch
er tat es trotzdem. Wir … haben es
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