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Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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das den aufgewühlten Dominic zur Ruhe kommen ließ. Das Festhalten fiel ihm leicht, er machte es sich halbwegs bequem; erst nach einer geraumen Zeit kletterte er auf die hintere Ablage des Kutschschlittens und setzte sich auf die Plane, mit der das Gepäck gegen die Witterung geschützt wurde.
    Die nächtliche Landschaft flog an ihm vorbei. Viele Wälder lagen unter dem Weiß begraben und wirkten wie künstliche Hügelketten. Sie passierten kleine Gehöfte, in deren Fenstern warmes Licht zu sehen war. Gelegentlich roch es nach Rauch.
    Wien.
    Eine große Stadt, das wusste er.
    Platz genug für mich und meinen Durst.
    Er würde wahrscheinlich eine neue Bande formen, auch wenn das »Kommando Necker« nicht bei den Habsburgern zuschlagen könnte.
    Es wird sich etwas finden, was uns beim Volk zumindest
Sympathien einbringen wird. Den Gesetzeshütern ist es gleich, warum man stiehlt und raubt.
    Er dachte kurz darüber nach, sein Studium nachts in aller Heimlichkeit aufzunehmen.
    Das Dasein als Räuber liegt mir mehr
, entschloss er sich nach einigem Abwägen.
Und Maitressen brauche ich auch wieder.
    Der Gedankengang war nicht gut gewesen, weil er die Erinnerung zurückbrachte: Dominic sah den von den Werwölfen aufgebrochenen und zur Hälfte gefressenen Frauenleichnam auf dem Billardtisch liegen. Es schüttelte ihn.
    Dann hörte er das Heulen.
    Hastig blickte er sich um. Schwarze Punkte hetzten mit rasender Geschwindigkeit über den Schnee. Das rote Funkeln ihrer Augen sah er sogar auf diese große Entfernung hin.
    Loup-Garous!
    Dominic zog den Silberdolch. Am liebsten wäre er auf den Kutschbock gesprungen und hätte persönlich auf die Pferde eingeprügelt, sie gekratzt und gebissen, um sie anzutreiben.
    Die Werwölfe hatten ihre Tiergestalt angenommen und preschten auf den festgepressten Spuren der Kufen dahin, kamen sehr rasch vorwärts. Hinter ihren großen Pfoten flog der Schnee auf, sie zogen eine glitzernde Spur hinter sich her.
    Dominic erkannte einen schwarzen, einen weißen und den Anführer, den braunrötlichen.
    Sie haben sich nicht abschütteln lassen.
    All das Vertrauen auf seine Kräfte als Vampyr half nichts: Die Furcht blieb. Kurz entschlossen verstaute er den Dolch wieder, stand auf und balancierte über das Dach des schaukelnden Gefährts. Dominic stieß den Kutscher und seinen Helfer flugs vom Bock und ergriff die abrutschenden Zügel selbst. Schreiend fielen die Männer rechts und links in den hohen Schnee und überschlugen sich mehrmals.
    »Los! Ihr Mähren, rennt!« Er peitschte auf die Pferderückenein, bis sie bluteten, und schrie und fauchte; seine Reißzähne wurden sichtbar. Die Geschwindigkeit nahm zu.
    Er sah über die Schulter nach hinten.
    Die Werwölfe jagten an den Männern vorbei, die sich aus dem Weiß stemmten. Die Bestien kümmerten sich nicht um deren einfach zu erlangendes warmes Fleisch. Es schien ihnen einzig um Dominic zu gehen.
    Das Schiebefensterchen zur Kabine hinter ihm wurde geöffnet. Ein bärtiges Männergesicht blickte zuerst verwundert, dann ängstlich zu ihm. »Wer … sind …?«
    Dominic stieß ihm den Ellbogen ins Gesicht, und der Mann fiel mit einem Schrei zurück auf seinen Platz.
    Keine Zeit fürs Vorstellen.
    Plötzlich führte der Weg mitten durch einen Wald, Stämme und Zweige wuchsen rechts und links in die Höhe und bildeten ein dichtes Geflecht.
    Pistolenschüsse krachten aus dem Innenraum.
    Eine Kugel durchschlug seinen Rücken und fuhr ihm quer durch den Leib, die andere streifte seinen Schädel und riss ihm das linke Ohr ab. Die Gesellschaft wehrte sich.
    Dominic schrie vor Schmerzen auf und starrte zu den Menschen hinein. »Hört auf damit!«, befahl er mit dunkler Stimme. »Schießt nach den Werwölfen! Die sind schlimmer als ich!«
    Kreischend rutschten die Frauen zusammen, die Männer reckten die Degen nach ihm, zwei waren mit Nachladen beschäftigt.
    »Schießt noch einmal auf mich, und ich töte euch«, versprach er und sah wieder nach vorne auf die Strecke.
    Zu spät!
    Die Pferde hatten sich im gestreckten Galopp auf eine Kurve zubewegt und waren von sich aus zu früh eingeschwenkt.
    Die linke Seite der Kutsche rammte einen Baum und wurde angehoben. Fünf Schritte weit glitt sie nur auf einer Kufe dahin, bis sie trotz Dominics Ausgleichsversuch Übergewicht bekam.Wieder riefen die Passagiere durcheinander, und es rumpelte laut, als sie übereinanderfielen. Das Gefährt kippte zur Seite und geriet in starke Rotation.
    Dominic sprang ab, geradewegs

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