Judassohn
Vampyren nicht sicher. Darum wird es dir von heute an gehen:
Unsterblichkeit!«
Dominic nickte und heuchelte Begeisterung. In Wahrheit legte er sich bereits einen Plan zurecht, wie er eine neue Bande gründen und die Villa des verrückten Blutsaugers ausräumen konnte.
Aber erst, wenn ich durch ihn mehr über meine Kräfte erfahren habe.
Die größte Barriere, um sein Verbrecherhandwerk auszuüben, bildete die Verständigung. Also müsste er hurtig Serbisch oder das Kauderwelsch lernen, das die meisten Halunken in dieser Gegend sprachen. In seiner freien Zeit würde er sich in die Bücher vergraben und Wissen sammeln. Über sich und seine Macht als Judassohn.
»Ich werde lernen«, versprach Dominic lächelnd.
»Das erwarte ich von dir.« Marek sah zufrieden aus. »Gehen wir wieder nach unten. In diese Kammer wirst du erst dürfen, wenn dein theoretisches Wissen ausreicht, um dich mit den Stoffen hantieren zu lassen, ohne dass du dich umbringst oder meinen Palast sprengst.«
Sie kehrten in die Bibliothek zurück.
Einer der blindstummen Diener hatte ein Feuer im Kamin entzündet, vor dem die Vampyre in gemütlichen Ohrensesseln Platz nahmen; die Schmucksteine in Mareks Perücke funkelten saphirgleich.
Dominic versuchte zu verarbeiten, was er alles gesehen hatte, und räusperte sich. »Wie …«
»Deine Mutter war die Elevin meines Vaters«, begann er seine Erzählung. Es schien ihm ein Bedürfnis zu sein, die Vergangenheit zu beleuchten. »Sie war auf einem sehr guten Weg und hatte alle Aussichten, die Beste von uns zu werden. Ich bin mir sicher, dass sie das Rätsel der Unsterblichkeit löste. Aber sie ließ uns nicht an ihrem Erfolg teilhaben, wie es die Cognatio verlangte.« Marek grollte und sah in die Flammen. »Sie hat die Kinder des Judas wegen eines Sterblichen verraten und sich von uns abgewandt. Ihre Flucht führte sie nach Frankreich, wie mir meine Spione sagten.«
»Dann … lebt sie noch?« Dominic war von der Neuigkeit überrumpelt.
»Ja. Aber ich habe im Namen der Cognatio Vorbereitungen treffen lassen, um das zu ändern. Eines Tages wird sie ihre Strafe erhalten. Außerdem haben zwei Barone auf eigene Faust Leute ausgesandt, die sie umbringen sollen.« Marek lehnte sich tief in das Polster. »Ich habe mit ihr abgeschlossen, weil ich
dich
gefunden habe, Dominic.«
Er spürte nicht das Bedürfnis, seine Mutter gegen die Mordpläne der Cognatio zu verteidigen. Und er wunderte sich, dass er im Begriff stand, Mareks Worten Glauben zu schenken. Labor und Bibliothek hatten Eindruck auf ihn gemacht. »Wie hast du mich gefunden, Oheim?«
»Meine Spione verfolgten ihre Spuren …«
»Wie hieß sie?«
Marek überlegte. »Als Mädchen hieß sie Jitka, als eine vonuns Scylla. Normalerweise wacht sie über ihre Nachkommen, die wie du ein normales Leben führen. Nach dem Tod können sie zu Vampyren werden.« Er zeigte auf Dominic. »
Du
hast dich gewandelt. Scylla hätte dich umbringen müssen, was sie aber nicht getan hat. Sie wurde nachlässig, schätze ich. Etwas lenkte sie ab.«
Eine Mutter, die ihre Nachfahren umbringt?
Dominic hatte zuerst lachen wollen, aber er sah an den blauen Augen, dass sein Oheim keinen Scherz machte. Er war dem zweiten Tod durch die Hand seiner Mutter durch Zufall entkommen. Bisher. »Sucht … sie nach mir?«
»Oh, höre ich da Angst? Erspar sie dir und mir. Scylla weiß nicht einmal, dass es dich gibt.« Marek beugte sich unvermittelt nach vorn und legte die Finger zusammen. »Was hast du mit den Menschenfressern zu schaffen?«
»Menschenfresser?« Dominic wusste mit der Frage nichts anzufangen. »Ich kenne niemanden, der Menschen …«
»Die Werwölfe, die dich verfolgt haben, und zwar von Frankreich bis nach Hohenlinden. Oder irre ich mich?«
»Nein, Oheim.«
»Und? Welche Erklärung vernehme ich?«
Dominic schaute hilflos. »Ich bin mir keiner Schuld bewusst.«
»Hast du einen von ihnen getötet?«
»Nein! Ich wusste bis zu dem Tag in Paris, als sie meine Liebhaberinnen getötet haben, überhaupt nicht, dass es sie wirklich gibt! Ammenmärchen, dachte ich. Loup-Garous wären erfunden, um Kinder zu erschrecken.«
Marek betrachtete ihn lange. Er schien Dominic nicht zu glauben, dann schüttelte den Kopf. »Nun hast du gesehen, dass sie da sind.« Er warf ein Scheit ins Feuer, knisternd tanzten die Funken in die Höhe. »Sie halten sich normalerweise fern von uns Vampyren, wir meiden wiederum ihre Reviere. Aber sie sind dir
gefolgt
, Dominic. Es muss einen
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