Judassohn
prallte gegen den stattlichen Baron und riss ihn um, fiel auf den Marmorboden. Er schrie ihr seine Wut und seine Schmerzen entgegen.
Sandrine setzte unverzüglich nach und schlug senkrecht von oben nach unten, die Schneide zeigte auf Octavius’ Kopf. Ein Murony konnte die Gestalt nicht wechseln. Also gab es auf diese Weise keine Möglichkeit, dem Hieb zu entgehen.
Der riesige Vampir beugte den Oberkörper im Sitzen leicht zur Seite und hob die Arme zur Abwehr.
Das Schwert schlug ihm die Unterarme durch und hackte dann schräg bis zur Nasenwurzel in den Schädel, bevor es stecken blieb; leise rumpelnd fielen die breiten Hände auf den Boden.
»Berühren wirst
du
mich nicht mehr«, schleuderte sie ihm entgegen, während der Baron sich unter dem schweren Körper herauszog und auf die Beine sprang. Er war ein kleiner Mann, der in einen aufwendig bestickten schwarzen Seidengehrock gekleidet war, und fauchte sie an. Der Unterkiefer klappte weit nach unten; die messerlangen Fänge glitzerten feucht. »Du wirst ebenso sterben, Judassohn!«, verkündete sie unerschrocken.
Sandrine trat Octavius mit unbändiger Kraft ins Gesicht, so dass er nach hinten kippte und die Schneide aus dem Knochen riss. Sein Blut spritzte aus dem Kopf und den Stümpfen. »Geh in die Hölle und grüße den Dämon, der dich erschaffen hat!« Sie führte den waagrechten Hieb mit unglaublicher Härte und sank dabei auf die Knie herab, damit sie den Hals richtig traf.
Die Klinge fuhr durch den Adamsapfel und teilte ihn, schnitt durch die Sehnen, Knochen und Muskeln, bis das Rückgratdurchtrennt wurde. Das Schwert zersprang, als es mit voller Wucht gegen den Steinboden schmetterte.
Octavius hatte seinen Kopf verloren. Das Haupt kullerte einen halben Schritt weit und blieb mit dem Gesicht nach rechts gewandt liegen.
»Er hat seine Strafe bekommen.« Sandrine ließ das nutzlose Heft fallen und zog die Dolche, wandte sich dem zurückhaltenden Baron zu.
Der Judassohn betrachtete sie aufmerksam, als wolle er ihren Kampfstil ergründen. »Du musst Sandrine sein.« Er lachte. »Wie töricht von mir. Wer solltest du sonst sein: hübsch, lange blonde Haare und sehr ungestüm.« Er trug seine prunkvolle Perücke weit nach hinten geschoben, so dass man den roten Haaransatz sah. Die blaugrauen Augen glänzten wie im Fieber, und die Falten in seinem alten Gesicht wirkten grau wie mit einem Pinsel nachgezogen.
Sandrine griff ihn an und stach von oben sowie gleichzeitig von der Seite nach dem Baron.
Doch er wich ihren Attacken mit einem Lachen aus und wollte ein Spiel daraus machen – das abrupt endete, als er einen Dolch in die Brust und den zweiten durch den Hals gejagt bekam. »Du«, sprach er gurgelnd und überrascht, »bist so schnell wie ich?« Dann verlor er seine feste Gestalt. Die Kleidung und die Waffen fielen auf die Platten.
Er flüchtet vor mir! Dieser …
Sandrine sah den Baron als Umriss, als eine Spukgestalt, die auf das Fenster zuwaberte. »Feigling!«, rief sie. »Komm her!«
Er lachte sie aus. »Einen Teufel werde ich tun!«
»Dann komme ich zu dir!« Sie rannte, um ihn einzuholen.
Plötzlich materialisierte er vor ihr, den Mund weit aufgerissen und die Arme ausgestreckt, um sie zu packen. »Bist du derart einfach zu täuschen? Komm her, damit ich dich zerfetzen kann!« Die langen Nägel bohrten sich in ihre Haut.
Sandrine schrie auf – und wurde gläsern.
Der Baron sprang durch sie hindurch und prallte auf den Marmorboden. Er rollte sich über die Schulter ab und sah nach ihr. »Du … beherrschst die Windgestalt!«, entfuhr es ihm perplex.
Wie ging das? Was habe ich gemacht?
Sie fühlte sich merkwürdig und trudelte umher, bis sie nach einigen Herzschlägen auf wundersame Weise verstanden hatte, wie sie sich in dieser Form vorwärtsbewegte.
Der Baron wusste sehr genau, wo sie sich befand, und drehte sich um die eigene Achse, damit er sie nicht aus den Augen verlor. Ȇberraschen kannst du mich nicht. Nicht
damit!
«
Sandrine nahm durch ihren Willen feste Gestalt an, landete federnd auf dem Boden – und war nackt!
Der Baron bückte sich und zog das Hornschwert aus der Silberscheide, die an Octavius’ Gürtel hing. »Es soll besondere Kräfte haben, sagte er zu mir«, sprach er. »Mal sehen, was passiert, wenn ich dir damit eine Wunde zufüge.«
»Du wirst es nicht erleben«, versprach Sandrine ihm finster.
Er griff sie mehrfach an, und sie machte jedes Mal einfach einen Schritt zur Seite. Die Art seiner Attacken kam ihr
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