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Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Tanguy es gewohnt war, sich schneller als ein Mensch zu bewegen, bedeutete das gleichbleibende Trotten der Esel eine Qual.
    Als es zu dunkel wurde, entzündete er die beiden Laternen am Bock, damit die Räuber ihn kommen sahen.
Wo bleiben sie denn?
    Doch die Wegelagerer ließen auf sich warten.
    Schließlich musste Tanguy absteigen und die Tiere führen, da sie in der Finsternis keinen Schritt aus eigenem Willen machenwollten. Er hingegen sah immer noch ausgezeichnet. »Kommt schon, ihr störrischen Grautiere«, sagte er und streichelte ihre Blessen; das Fell staubte. »Ich brauche euch doch, um meine Rache zu bekommen. Danach schenke ich euch die Freiheit. Dann könnt ihr zu eurem Besitzer zurück, wenn ihr möchtet.«
    Die Esel folgten ihm, wenn auch mit zurückgeklappten Ohren. Geheuer war ihnen die Dunkelheit nicht.
    Ist das zu glauben? Ich möchte doch einfach nur überfallen werden!
Als Tanguy gar nicht mehr daran glauben wollte, knackte es im Gebüsch.
Na, endlich!
    Ein Maskierter mit einer Muskete trat hervor, die Mündung war auf ihn gerichtet. »Bleib stehen, du Geck!«, wurde er angeherrscht. »Her mit deinem Geld und deiner Ladung!« Sechs weitere Räuber kamen aus dem Unterholz, drei von ihnen waren ebenfalls kampfbereit. »Wenn du dich wehrst, stirbst du.«
    »Nein, bitte«, stammelte Tanguy und musste sich das Lachen verkneifen. »Es ist doch so wertvoll!« Sie schoben ihn gegen die Wagenwand, die Mündung einer Muskete wurde ihm auf die Brust gesetzt. Er hob die Arme, während ihn ein Zweiter durchsuchte.
    Die Plane wurde von den Fässern entfernt, die Deckel geöffnet.
    »Salz?«, machte einer der Räuber ungläubig.
    »Ist das so ungewöhnlich für Guérande?«, merkte Tanguy an und bekam dafür einen Schlag in den Magen. Er grinste trotzdem heimlich voller Vorfreude auf das, was er gleich mit ihnen anstellen würde.
Ihr werdet leiden. Ich werde euch die Haut abziehen, euch mit meinen Nägeln zerfleischen. Der Teufel kann nicht besser foltern als ich!
    »Halt’s Maul, Pfau.« Der Mann, der ihn durchsucht hatte, hielt eine leere Börse in der Hand. »Du willst uns zum Narren halten!«
    »Werft die Fässer um«, befahl Flaumkinn, der sich mit seinerStimme verriet. Er stand neben dem Maskierten, der Tanguy in Schach hielt, und hatte keine Augen für ihn. »Er wird das Gold im Salz verborgen haben.«
    Ein Gefäß nach dem anderen wurde ausgeleert. Die groben, grauweißen Kristalle ergossen sich auf den Weg und wurden von den Räubern sorgsam durchwühlt. Es hätte Tanguy gewundert, wenn sie etwas gefunden hätten.
    »Verdammte Scheiße!«, tobte eine weitere bekannte Stimme, die er dem Knebelbart zuordnete. Jetzt fehlte Tanguy für seine Rache nur noch Malo, und alle Hauptschuldigen von damals wären versammelt. »Salz! Wir haben uns auf den Weg gemacht, um
Salz
zu klauen, Frèraud!«
    Damit war der Name des Flaumkinns enthüllt. »Ich kann nichts dafür«, verteidigte er sich. »Ihr hättet ihn sehen sollen, gestern Abend. Ich hätte ihm zugetraut, Reichtümer durch die Gegend zu schleppen.« Er kam auf Tanguy zu. »Ein Adliger, der Salz transportiert. Was ist
das
für ein Spiel?«
    »Ich muss schauen, wo ich bleibe«, gab er zurück. Es amüsierte ihn, die enttäuschten Gesichter der Männer zu sehen, die sich Unmengen von Schätzen erhofft hatten. Aus der Enttäuschung würde gleich Schmerz werden. Er ließ sie noch ein wenig zappeln und gönnte sich mehr von seiner Scharade. »Auch ein Marquis hat es nicht mehr so üppig wie früher.« Er zeigte auf das Portemonnaie, das sich immer noch in den Händen des Räubers befand. »Auf dem Rückweg wäre es voller Münzen gewesen, Messieurs. Ihr kommt zu früh. Würdet ihr mein Salz wieder in die Fässer schippen? Dann würde ich es nach Saint Nazaire bringen und verkaufen, und ihr könntet mich auf meiner Rückkehr nochmals überfallen.«
    »Ein Scherzbold«, befand einer der Männer verstimmt.
    »Ich mag keine eingebildeten Scherzbolde«, sagte Frèraud und reckte den Arm nach links. Seine Hand fand den Abzug der Muskete des Kumpanen, und er drückte an dessen Stelle ab.
    Der aufgesetzte Schuss verursachte weniger Lärm, dennoch erschrak Tanguy. Einmal wegen des unerwarteten Krachens, einmal wegen des heftigen Schmerzes, der ihm wie ein heißer Eisenstab durch die Brust jagte. Damit hatte er nicht gerechnet.
    Die Kugel flog zusammen mit Blut aus seinem Rücken und jagte sogar noch in die Bordwand. Einer der Räuber auf dem Wagen fluchte. »Pass doch auf,

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