Judastöchter
ihr, als würden sich nur harmlose Gegner zeigen.
Sie richtete die Augen auf den Boden und sah zu, wie das brennende Benzin im Boden versickerte.
Wohin fließt es?
Beißender Qualm füllte das Gewölbe mittlerweile, Eric musste husten. »Kommt da noch was?« Er lud die Schrotflinte nach. »Das ist mir zu wenig Gefecht gewesen. Das sollen die legendären Feenfürsten gewesen sein? Und die lassen sich abknallen wie Hasen?«
Sia deutete auf den Boden. »Kann sein, dass da noch ein Stockwerk drunter ist.«
»Und wie finden wir das heraus?« Eric klopfte den Mantel ab. »Ich habe keinen Sprengstoff mehr.«
»Ich auch nicht.«
Sie hörten ein leises Scharren hinter sich und wandten sich um, schauten hinauf zum Loch.
Über ihnen standen zwei Männer und vier Frauen. Ihre weiße Kleidung mutete gleichermaßen modisch wie antiquiert an, doch erhaben wirkte es allemal. Ihre Gesichter hatten etwas Klassisches, Schmales, das zum feinen Körperbau passte. Sie sahen auf die Eindringlinge herab.
»Das werden die Hausherren sein.« Eric bewegte sich nicht. »Was …«
»Ihr habt es gewagt, euch gegen die Sídhe zu stellen!«, schmetterte eine der schwarzhaarigen Frauen auf sie nieder, und obwohl sie scharf und herrisch klang, kamen ihre Worte Gesang sehr nahe. Sia musste an die Legende von den Banshees denken. »Dafür stirbt die kleine Elena!«
»Elena ist nicht in eurer Gewalt. Sie ist in Sicherheit«, hielt Sia dagegen und betete stumm, dass es so sein möge. Wilson hatte sich seit dem abgebrochenen Anruf nicht mehr gemeldet. »Meine Schwester habt ihr elend verrecken lassen! Sind das die ehrenhaften Worte der Sídhe? Haltet ihr euch so an eure Abmachungen?« Sie machte sich für den Angriff bereit.
Sechs gegen zwei.
Wenn es sich bei den Sídhe um gewöhnliche Vampire handelte, traute sie sich zu, sie alleine zu eliminieren. Doch sie hatte Zweifel, dass es bei so wenigen Gegnern bleiben würde.
»Wir haben beraten und sind der Meinung, dass es falsch wäre, den Kampf gegen dich weiter fortzuführen.« Die Schwarzhaarige machte einen Schritt nach vorne und schwebte durch das Loch sanft wie eine Feder nach unten, während ihre Begleiter oben verharrten. »Du bist eine sehr mächtige Vampirin, eine Judastochter. Nach dem Tod von Harm Byrne sind viele der Fesseln gefallen, die er Irland und England angelegt hatte.« Sie blieb auf dem Hügel stehen, die Flammen waren erloschen. Sie hob die Hand, und der Qualm verwirbelte, nahm die Inselform des United Kingdoms an. »Ich bin Mhatha, eine Sídhe. Wir haben Macht über viele Vampire in Irland und möchten dir vorschlagen, mit uns die schleifenden Zügel zu übernehmen. Die Wandler haben uns zu lange bevormundet. Sie verdienen es, das Joch zu tragen, das du ihnen auferlegen sollst.«
Sie benehmen sich überheblicher als die Cognatio. Hochmut kommt vor dem Fall.
Sia ließ Mhatha erzählen und musterte die übrigen Sídhe. Da sie keine Waffen bei sich trugen, verließen sich die Vampire alleine auf ihre Fertigkeiten – was kein gutes Zeichen war. Zudem hielt sie Mhatha nicht für die Anführerin. Sie war die Vermittlerin. Sie tauschte einen raschen Blick mit Eric, der ihr signalisierte, sich bereit zu halten. »Es gibt zu viele Wandler. Sieben Vampire werden im offenen Kampf nicht ausreichen.«
»Dir werden noch andere, niedere Vampire wie Smyle und getreue Menschen für deine Schlacht zur Verfügung stehen. Nun vernimm, für wen du kämpfen wirst.« Mhatha bewegte die Finger, und der Nebel formte einen Berg. »Unsere Vorfahren kamen nach Irland, vor vielen Jahrhunderten. Es waren keine Schiffe, mit denen unser Volk anlegte. Das dichteten wir hinzu, um unser Erscheinen mystischer zu machen. Aber es stimmt, dass sie die Umgebung in Dunkelheit hüllten. Der Schutz gegen Licht, um ungestört unsere ersten Bauten errichten zu können. Die Fundamente unserer Herrschaft, tief gegraben in irische Erde und unauslöschlich für alle Zeiten.«
»Die Sídhe-Hügel«, warf Eric ein.
Unauslöschlich – wohl kaum. Das werde ich euch bald beweisen.
Sia ließ sich nichts anmerken.
Mhatha nickte. »Unsere Burgen entstanden unter der Erde. Eine davon habt ihr gesehen. Wir haben sie im ganzen Land verteilt, unsere Refugien geschaffen und uns die Insel untertan gemacht. Die Menschen, die wir als würdig erachteten, nahmen wir auf, und einige wenige machten wir zu den Unsrigen. Ein schwieriger, selten fruchtender Vorgang.«
Aha. Das erklärt, warum sie sich mit Smyle und seinesgleichen
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