Judastöchter
Ich will herausfinden, wer sich in den Gremien und in den höchsten Instrumentarien der Freiheit ausbreitet. Sie sind deren ausführendes Organ. Ein Organ, das ich entfernen möchte.« Er schob sich einen Bissen in den Mund. Die Kampfansagen waren ausgetauscht worden.
David nickte mit verkniffenem Mund und trank noch mehr Rotwein. Der Senator war ihm zu neugierig. »Wer sagt Ihnen, dass ich Ihr Essen nicht habe vergiften lassen?«
Baxter hörte für zwei Sekunden auf zu kauen. »Nein, das würden Sie nicht tun. Sie dachten bis vorhin, dass Sie mich aus dem Senat kaufen könnten«, entschied er. »Ich weiß, dass ich vorsichtiger sein muss, weil ich Sie mir heute zum Gegner gemacht habe.« Noch mehr Bœuf Bourgignon verschwand in seinem Mund. »Aber Ihre Saat aus Angst und Geld wird nicht länger aufgehen. Morgen schon setze ich den Senat von Ihren Machenschaften in Kenntnis. Ich kann es mir leisten, denn ich habe keinerlei Familie, die Sie bedrohen könnten. Dann werden wir sehen, wie es mit Ihnen weitergeht, Mister O’Liar.« Er zwinkerte und aß weiter.
»Brauche ich denn eine Familie, Sir? Sie sind alleine gekommen, und ich könnte Sie gleich hier töten, Sir. In der Nische des Restaurants. Niemand würde etwas mitbekommen, und Ihre Leiche verschwindet in einem Moorloch. Sie sehen, dass Sie mir am Herzen liegen, Senator. Ich möchte einfach nur, dass Sie in den Ruhestand gehen.« David gab den Fröhlichen. »Sollte das Geld Sie nicht dazu bewegen: Ich verspreche Ihnen, dass ich jede Woche ein Mädchen oder einen Jungen in Irland in einem beliebigen Kindergarten umbringen lasse, bis Sie mir sagen, dass Sie gehen. Das Gleiche gilt auch für jeden Versuch, mit der Presse oder der Polizei Kontakt aufzunehmen: ein Anruf, peng, ein Kind weniger. Sie sollten schweigen.«
»Was?« Baxter starrte ihn an. »Das … würden Sie nicht tun.«
David lachte ausgelassen, als hätte er einen guten Witz gehört. »Sie haben keine Ahnung, was
ich
alles tun kann, Sir! Ich habe kein Gewissen, Sie schon. Deswegen werden mit jeder Todesnachricht Ihre Schuldgefühle größer werden. Sagen wir«, er schwenkte sein Messer, hielt es kurz in den Rotwein und ließ rote Tropfen nebeneinander auf das weiße Tischtuch fallen, »ich nehme nur die Kleinsten. Ich kann sie überfahren lassen. Kampfhunde auf sie hetzen. Erschießen lassen. Mein Repertoire ist umfangreich. Wie gefällt Ihnen das?«
»Sie sind …« Baxter atmete schneller und griff sich an den Kragen. Seine Augen waren auf die Flecken gerichtet, und er dachte mit Sicherheit an das unschuldige Blut, das vergossen werden würde.
»Werden Sie Blumen an die Familien schicken, um Ihr Beileid auszudrücken?« David holte die Leine mit dem Fisch daran ein.
»Sie können mich damit nicht zwingen«, sagte der Senator endlich tapfer. »Ich weiß, dass
Sie
die Taten begehen, nicht ich, Sie Verrückter!«
»Aber, Sir!
Sie
zwingen mich doch dazu!
Ihre
Sturheit,
Ihre
Rücksichtslosigkeit,
Ihr
lächerlicher Anspruch, für eine ehrenhafte Sache kämpfen zu wollen –
Sie
alleine töten diese Kinder, Senator Baxter! Woche um Woche.« David schwelgte darin, dem Mann zuzusetzen. »Ich kann noch Zettel an den Orten verteilen lassen. Stellen Sie sich vor, wenn neben jeder Leiche eines süßen Jungen oder eines niedlichen Mädchens Ihr Bild liegt! Oh, was wäre das für eine Wirkung! Der Baxter-Mörder! Ihr Name wird in die Kriminalgeschichte eingehen.« Die Zuversicht stieg. David hatte nun doch wieder Hunger und kostete von den Nudeln in der Morchel-Trüffel-Soße. Es schmeckte zum Sterben gut. »Ich kann es auch weniger theatralisch halten, Sir. Aber wenn Sie aus dem Oberhaus verschwinden, wird es keine toten Kinder geben. Das verspreche ich Ihnen.«
Baxter hatte den Kopf gesenkt und hielt das Besteck umklammert. Man sah ihm an, dass er sich auf David stürzen wollte, aber genauso gut wusste, dass es nichts bringen würde. Nach Mister O’Liar kam der nächste Mister O’Liar. »Gut«, bellte er und warf Messer und Gabel auf den Teller, es klirrte laut. Ein Stückchen Porzellan sprang ab. »Sie haben gewonnen. Ich reiche dem Präsidenten gleich morgen mein Rückzugsgesuch ein.« Er erhob sich.
»Aber nein, aber nein, Sir! Nicht so schnell. Sie haben nicht aufgegessen.« David deutete auf den Stuhl. »Und was Ihren Rücktritt angeht: bitte erst in einem halben Jahr. Nicht vorher. Und sollten Sie wirklich versuchen, mir mit Ermittlern zu nahe zu kommen, kenne ich einen Kindergarten ganz
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