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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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richteten sich auf ihn.
    »Senator, ich sehe mich vollkommen bestätigt. Ich habe Sie als einen schlauen, umsichtigen Mann eingeschätzt, der auch mal gerne genießt.« David ließ sich vom Rotwein einschenken und wartete, bis der Kellner verschwunden war. Dann begann der Teil der Unterredung, der nicht für fremde Ohren bestimmt war. »Ich möchte, dass Sie noch mehr genießen.«
    »Bei was?«, sagte Baxter mit Unverständnis.
    »Ich möchte Ihnen etwas ans Herz legen: Ihre Gesundheit.« David prostete ihm zu und ließ diesen kleinen Satz wirken. »Sir.«
    »Soll ich das so verstehen, dass Sie in der Lage sind, das zu ändern, Mister O’Liar?« Baxter täuschte Amüsement vor, konnte die Unsicherheit in seinen Augen jedoch nicht verbergen. David erkannte so etwas sehr schnell.
    »Sie sollten den stressigen Job als Senator in einem halben Jahr an den Nagel hängen und sich in Ihr nettes, kleines Häuschen am Ufer des Shannon zurückziehen, wo Sie von morgens bis abends angeln gehen können.
Genießen,
Sie verstehen?« David legte die Ellbogen auf den Tisch. »Das wäre mir sehr viel Geld wert, Sir. Ich kann Ihnen im Monat zweitausend Euro anbieten. Solange Sie leben.«
    Baxter lehnte sich nach hinten, die Hände blieben auf der weißen Decke, und er streckte die Arme. Eine Geste der Ablehnung. Die Entrüstung blieb aus, da er mit einem solchen Angebot sicherlich gerechnet hatte. »Der Präsident der irischen Republik selbst hat mich in den Senat berufen und rechnet mit meiner Loyalität, wenn es um die Beratungen im Oberhaus und im Unterhaus geht. Wie stellen Sie sich das vor? Abgesehen davon, dass ich es impertinent finde, wie Sie auftreten, Mister O’Liar.«
    David unterbrach den Blickkontakt nicht. Er würde den zappelnden Fisch nicht vom Haken lassen, denn angebissen hatte er mit der Annahme der Einladung. Er war bestechlich – blieb die Frage nach der Summe. »Sind Ihnen zweitausend zu wenig? Gut, ich erhöhe auf dreitausend plus einen Einmalbonus von einer halben Million Euro. Von beidem wird niemand etwas erfahren, und dazu kommen noch Ihre staatlichen Bezüge. Davon können Sie die Hütte aufstocken.«
    »Was passiert denn, wenn ich gehe?« Baxter schien die Taktik ändern zu wollen. »Wen bringen Sie an meiner Stelle ins Oberhaus? Welche Interessen soll er vertreten im Gegensatz zu mir? Ich meine, darauf läuft es doch hinaus?« Er runzelte die Stirn. »Haben Sie den Präsidenten in der Hand, damit er den Nachfolger beruft, den Sie brauchen? Und eine Garantie, dass ich das Geld erhalte, werden Sie auch nicht geben können.«
    David lächelte, obwohl ihm nicht danach war. Baxter stellte zu viele Fragen, auf die er keine Antworten bekommen würde. Ein Mann wie der Senator akzeptierte es nicht, keine Auskünfte zu erhalten. Deswegen musste er den Senat verlassen. »Auf mein Wort können Sie bauen. Belasten Sie sich nicht mit derlei Gedanken. Das ist nicht gut für Ihre Gesundheit, Sir.«
    Aber Baxter hatte Witterung aufgenommen. Er beugte sich nach vorne. »Ich frage mich seit zwei Jahren, Mister O’Liar, welches Spiel Sie treiben – und vor allem: für wen? Nachforschungen über Sie liefen ins Leere, und nach außen sind Sie ein netter, unauffälliger Finanzberater, dessen Unternehmen eigene Fonds auflegt. Aber dennoch hört man Ihren Namen, der mit Hochachtung, Furcht und Hass ausgesprochen wird, auffallend häufig von vielen meiner Ex-Kollegen aus Senat und Parlament.«
    David gefiel es gar nicht, was er sich anhören musste: Der dumme Fisch versuchte, den Angler zu beißen. »Sir, bitte. Sie machen sich zu viele Sorgen und vertrauen den falschen Leuten.«
    »Das bedeutet, ich müsste
Ihnen
vertrauen, Mister O’Liar«, konterte Baxter spitz und sah auf.
    Der Kellner brachte die Bestellungen, goss Wein nach und verschwand wieder. Der wundervolle Duft von gebratenen Morcheln sowie Trüffeln und Bœuf Bourgignon verteilte sich in der Luft.
    David hatte allerdings seinen Appetit verloren, was er bedauerte. Der sture Fisch an seiner Angel war nervig. »Fünftausend, Sir, und eine Million Aussteigergeld«, sprach er leise und kühl.
    Baxter nahm das Besteck auf und begann zu essen. »Nein. Ich denke, dass ich Sie überwachen lassen werde, Mister O’Liar. Überwachen, durchleuchten und mit allen Mitteln ans Licht zerren, was Sie vor mir verbergen. Vor mir«, die Zinken zielten auf David, »und der Öffentlichkeit. Ihre Dienste dienen nicht dazu, die Demokratie des Volkes zu unterstützen, das ist sicher.

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