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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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auf und schaltete das Handy ganz aus. Niemand würde ihn aufhalten. Grimmig starrte er aus dem Fenster, die Augen auf die Sackgasse gerichtet.
    Die Worte des Sídhe klangen in seinem Verstand nach. Er setzte sich über dessen Willen, nein, über dessen direkten Befehl hinweg! Ein Krieger, der den Befehlen nicht folgte, das durfte es nicht geben …
    Mike ballte die Rechte zur Faust und schlug gegen das Lenkrad. Aber es
musste
sein! Niemand hätte damals gezögert und eine Gelegenheit verstreichen lassen, um einen Hitler, einen Stalin oder einen anderen Tyrannen zu eliminieren und die Karten neu zu mischen. Nur eine Kugel reines Silber, und der taktische Vorteil gegenüber dem Tuath wäre uneinholbar hoch. Ein toter, ermordeter BlackDog, so etwas hatte es schon Jahrzehnte nicht mehr gegeben! Ein Fanal!
    Aber umso mehr Mike sich einredete, für die Sache zu kämpfen, desto mehr hörte er die Stimme des Sídhe, die ihm den Rückzug befahl. Ein Alleingang. Er konnte damit auch eine Katastrophe auslösen, eine Katastrophe für seinen Herrn und die Seinen. Durfte er das verantworten?
    Seine Entschlusskraft weichte auf, nervös und zunehmend unsicherer starrte er auf die Stahltür des Hinterausgangs.
    Noch drei Minuten.
    Die Tuatha waren Legion, nein, nicht ganz. Ihre Zahl lag bei etwas weniger als hundert, aber sie stellten eine zahlenmäßige Überlegenheit dar, die den Sídhe zum Verhängnis werden konnte. Ein Schuss würde einen Sturm auslösen, der zu früh begann und zu viele unvorbereitet traf.
    Mikes Hals wurde trocken, aber er hatte nichts zu trinken mitgebracht. Er sah auf die Decke, unter der das AK lag. Niemals hatte er derart über die Zukunft zu bestimmen gehabt wie heute. Über die Zukunft von so vielen …
    Er schaltete das Radio ein, um sich abzulenken, und landete nach kurzer Suche bei einer Nachrichtensendung, über die er nicht hinweghören konnte: Sie sprachen von einem Haus, das in die Luft geflogen war.
Seinem
Haus! Schnell drehte Mike lauter.
    »… nimmt die Polizei an, dass es sich um mehr als eine Gasexplosion gehandelt hat. Im Umkreis der Unglücksstätte sind verbrannte Waffenteile und Pistolen sowie Munition gefunden worden. Experten gehen davon aus, dass es sich um das Versteck einer Terrorgruppe handelte, vermutlich der IRA , das aus noch ungeklärter Ursache in die Luft geflogen ist. Bislang wurden zwei Leichen gefunden. Es handelt sich um eine Hausbewohnerin und einen Unbekannten, der noch nicht identifiziert …«
    Noch eine Minute.
    Mike schluckte und schaltete ab. Er zweifelte nicht daran, dass die BlackDogs dahintersteckten! Vielleicht hatten sie ihn beobachtet, als er den Abfallcontainer verschoben hatte, vielleicht hatte einer seiner Informanten gesungen, vielleicht hatten sie ihn sowieso überwacht, weil sie den Sídhe und dem Friedensbündnis nicht vertrauten.
    Seine Hände schlugen sich ins Lenkrad, der Hass verlangte nach Rache. Für Mike stand fest: Sie hatten herausgefunden, was er beabsichtigte, und versucht, ihn umzubringen. Aber an seiner Stelle waren Sínead und Mitch draufgegangen. Sínead, die ihn in seinem Leben begleitet und die er geliebt hatte.
    »Ihr beschissenen Ficker!«, schrie Mike und sah, wie McFinleys grauer Bentley vorbeifuhr und vor dem Haupteingang anhielt.
    Zuerst stiegen die Oenach aus, seine besten Kämpfer und Leibwächter, und schirmten ihn mit ihren Körpern ab, bevor der Rí folgte und eilends im
Waterfront
verschwand. Mike konnte nur einen kurzen Blick auf den kleinen, dicken West-Iren werfen, der einen weißen Sportanzug trug. Ein kleiner Trick, und er hätte McFinley lange genug im Fadenkreuz, um ihn zu vernichten.
    Hatte Mike bis eben noch darüber nachgedacht, von seiner Attacke abzusehen, gab es nun kein Zurück mehr. Der Anschlag auf sein Haus und Síneads Tod hatten alles verändert. Die BlackDogs mussten für ihre Tat bestraft werden!
    Er nahm die AK -103 unter der Decke hervor, klappte die Schulterstütze nach vorne und arretierte sie, legte den Sicherungshebel um und nahm das kleine Kästchen mit dem roten Knopf aus der Tasche. Er drückte ihn, und in einer lauten Detonation explodierte der Mülleimer vor dem Eingang des
Waterfront.
Die Bombe darin hatte er in den frühen Morgenstunden deponiert, als Penner getarnt.
    Der graue, sehr teure Bentley machte einen Hüpfer zur Seite, Splitter spickten die Motorhaube, knallend barsten die Scheiben. Zwei Sicherheitsleute vor der Tür des Clubs brachen zusammen und rührten sich nicht mehr.
    Mike

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