Judaswiege: Thriller
in der Sonne. »Wieso, was ist mit Tammy?«
»Wir vermuten, dass sie«, setzte Sam an, aber Klara unterbrach ihn jäh: »Wir haben nur ein paar Fragen an sie. Als Zeugin bei einem Autodiebstahl, nichts Wichtiges.« Das Mädchen beäugte sie kritisch, schien ihr die zugegebenermaßen recht dünne Geschichte nicht abzukaufen. Aber es hatte keinen Sinn, die beiden Mädchen verrückt zu machen, vielleicht war Tammy ja wirklich nur einkaufen. Zumindest waren die anderen nach Klaras Einschätzung nicht in Gefahr. Ihr Täter suchte sich seine Opfer gezielt vorher aus, fuhr ihnen hinterher, spähte sie wochenlang aus, bevor er mit einer Autobombe zuschlug. Klara schluckte.
»Ist sie mit dem Auto unterwegs?«
»Ja«, antwortete die Braungebrannte. »Wie immer. Bis zum Supermarkt sind es gute fünf Meilen.«
Klara zog sich der Magen zusammen, und sie sah, dass es Sam nicht anders ging.
»Wo ist dieser Supermarkt?«, knurrte Sam.
»Fünf Meilen, die Straße runter.« Sie deutete mit ausgestrecktem Finger in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
»Ich zeige es Ihnen«, versprach der junge Polizist und ließ seinen Kollegen alleine mit den Jugendlichen weitermachen. Du wirst es noch einmal zu etwas bringen, dachte Klara, als sie hinter dem Streifenwagen herfuhren, der mit Blaulicht und Sirene die Sherdian Road hinunterjagte. Eine gehörige Portion Cleverness und ein guter Fahrstil sind ordentliche Grundlagen für eine Polizeikarriere, dachte Klara, auch wenn Sam das natürlich anders sehen würde.
»Steht endlich die Peilung für ihr Handy?«, bellte Sam auf dem Beifahrersitz in sein Handy. »Das kann doch nicht so lange dauern, Anne. Mach denen mal ordentlich Druck auf dem Kessel.« An der nächsten Straßenecke vermeldete Sam endlich Erfolg.
»Sie ist nicht mehr beim Supermarkt, das Handysignal kommt von einem Waldparkplatz ein ganzes Stück westlich von hier.«
Wieder drückte Sam die Taste für Wahlwiederholung und wartete die frustrierenden Sekunden ab, um doch wieder nur die Ansage ihrer Mailbox zu hören. Klara sah zu ihm herüber, aber er konnte nur den Kopf schütteln. Ab der nächsten Querstraße fuhren sie nach Westen, und Klara bemerkte befriedigt im Rückspiegel, dass der junge Kollege ihr Abbiegen bemerkt hatte und ihnen in einigem Abstand folgte.
»Ein Waldparkplatz, Sam?«, fragte sie ihren Kollegen und warf ihm einen skeptischen Blick zu.
»Ich weiß, verdammte Scheiße!« Sam hieb mit der Faust auf das Armaturenbrett. Als sie die Abzweigung zu dem Waldparkplatz nahm, auf dem Tammys Handy zuletzt geortet worden war, klammerte sie sich immer fester ans Lenkrad. Sam starrte durch die Windschutzscheibe nach vorne, sie spürte, wie er vor Anspannung zitterte. Erst als sie die letzte Kurve nahm, sahen sie Tammys Kleinwagen am anderen Ende des Parkplatzes. Hätte Sam sie nicht davon abgehalten, hätte sie direkt dahinter geparkt, aber Sam erinnerte sie gerade noch rechtzeitig daran, dass sich mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Bombe in dem Auto befand. Klara bremste jäh, und sie näherten sich dem Auto vorsichtig und mit ihren Pistolen im Anschlag. Von beiden Seiten spähten sie in die Fenster, aber sie konnten kaum etwas erkennen, da die Scheiben zu sehr spiegelten. Verdammt noch mal, dachte Klara. Regeln sind dazu da, gebrochen zu werden. Klara ließ jede Vorsicht fahren und stürmte die letzten Meter zum Wagen.
»Vorsicht«, rief Sam von der anderen Seite. »Nichts anfassen!«
Sie wollte nur wissen, ob Tammy in dem Auto war oder nicht. Alles andere zählte nicht. Klara achtete nicht darauf, dass ihre Waffe gen Himmel zeigte. Mit den Händen schirmte sie das Sonnenlicht ab und blickte ins Innere des Wagens: Er war leer.
»Sie ist nicht drin, Sam«, rief sie.
»Weg von dem Wagen, Klara. Das ist ein Befehl!«
Klara brachte ihre Waffe in Anschlag und zog sich zurück. Sie streifte mit der Kimme über den Wald und bewegte sich seitwärts, weg von dem Auto.
»Wie lange ist das Signal ihres Handys schon hier?«, fragte Sam in sein Handy, so laut, als müsse er Klara immer noch davon abhalten, sich dem Auto zu nähern.
»Du kannst die Waffe runternehmen, Klara«, sagte Sam enttäuscht. »Das Signal hat sich schon seit einer halben Stunde keinen Zentimeter mehr bewegt. Tammy ist weg, Klara.«
Frustriert ließ Klara die Waffe sinken. Wenigstens hatte sie den Kampfmittelräumdienst in weiser Voraussicht gleich mit angefordert, sie müssten jeden Augenblick aus Chicago hier eintreffen. Wenn sie Glück
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