Judaswiege: Thriller
ich glaube, ich weiß die Antwort auch so: zwei Frauen, stimmt’s?«
»Zwei attraktive, äußerst vorteilhaft angezogene Frauen, wie ich hinzufügen möchte. Sie sagen also Ja?«
»Nein, ich …«
»Das freut mich. Mit Stein habe ich schon gesprochen, Sie haben nächste Woche frei. Wir fliegen am Montagvormittag, um die Klamotten kümmere ich mich, ich glaube nicht, dass Ihr Kleiderschrank dafür gerüstet ist. Obwohl … man weiß ja nie.«
Pia glaubte, Klara am anderen Ende der Leitung grinsen zu sehen. Was meinte sie mit »Ihr Kleiderschrank ist für so etwas nicht gerüstet«?
»Hören Sie, Klara«, versuchte Pia zu antworten, aber sie hatte schon aufgelegt. Noch während Pia ungläubig auf das Display starrte, erhielt sie eine SMS mit den Flugdaten und einem Code für das hinterlegte Ticket. Schnell ist sie ja, das muss man ihr lassen.
Adrian wedelte mit seinem Korb vor ihrem Gesicht rum: »Was war denn das?«, fragte er neugierig.
»Ich bin nicht sicher. Ein Tsunami?«
»Wir stehen noch, also: nein.«
»Jedenfalls sieht es so aus, als flöge ich am Montag nach San Francisco, um gemeinsam mit Klara Swell einer Spur nachzugehen.«
»Was für eine Spur? Pia, ich möchte nicht, dass du da mit reingezogen wirst. Ist das gefährlich?«
»Ach wo, wir schauen uns nur inoffiziell einen Club an.«
»Was für einen Club?«
Gute Frage, dachte Pia und beschloss, sich zunächst einmal auf den Inhalt von Adrians Korb zu freuen. Sie war fast sicher, dass er eine Flasche Wein, eine Decke und ein paar Köstlichkeiten enthielt, und sie sah keinen Grund der Welt, sich das entgehen zu lassen. Genauso wenig wie einen romantischen Nachmittag auf einer Wiese im Central Park, weitab von der Hektik Manhattans.
K APITEL 22
Oktober 2011
Chicago, Illinois
An diesem Mittwochmorgen war es kalt in Chicago, und es regnete, was dem Mann in dem schwarzen Van nicht gefiel. Das hieß, dass die Mädchen lange Mäntel trugen und Mützen, sodass man sie nur schwer erkennen konnte. Die letzte Abstimmung über Fotos, die er zur Wahl gestellt hatte, war gar nicht nach seinem Gusto gelaufen, aber man konnte die Dinge nun einmal nicht ändern, Disziplin ging über alles. Er streckte sich in seinem Fahrersitz und starrte aus der regennassen Frontscheibe auf das teure Hotel, in dem sie arbeitete. Hotels, das hieß Kameras, das hieß Chauffeure vor der Tür, das hieß Zeugen. Er mochte keine Zeugen. Zumindest keine, die er nicht selbst ausgesucht hatte. Er klopfte an die Rückwand der Fahrerkabine.
»Hey, Hellbuoy! Es gibt Arbeit!«
Er hörte, wie der Junge im Laderaum aufstand, um den Wagen herumlief und sich kurz darauf neben ihn setzte. Er schaute neugierig aus dem Fenster. Der Mann drückte ihm die Kamera in die Hand und deutete auf das Hotel.
»Beobachte den Eingang, okay? Und wenn sie rauskommt, macht ein paar Bilder.«
Hellbuoy nahm die Kamera mit dem schweren Objektiv und balancierte sie auf der linken Hand aus, bis er den Eingang vor dem Sucher hatte. Folgsam war er, und gut zuhören konnte er auch. Das gefiel ihm. Fast wie seine Kinder, die er manchmal vermisste. Sie hätte er natürlich niemals mitgenommen, und neben der Tatsache, dass sie viel zu jung waren, hatte keiner seiner Söhne bisher Anzeichen gezeigt, dass eine dunkle Seite in ihm schlummerte. Bei Hellbuoy hingegen gab es diese Anzeichen. Und auch wenn er dem Jungen bisher das Gegenteil erzählt hatte, war er fest davon überzeugt, dass seine Veranlagung noch dunkler war als seine eigene.
Mit siebzehn hatte er gerade einmal entdeckt, dass ihn Schmerzen erregten. Als er Vikki den Arm gebrochen hatte auf dem Pausenhof und sie heulte, weil ein Stück Knochen aus der Haut ragte, hatte er eine Erektion bekommen. Zu dumm, dass es damals niemand gefilmt hatte, er hätte viel für dieses Tape von seinem ersten Mal gegeben. Danach hatte er entdeckt, was es für Menschen mit ihrer Disposition in den Weiten des Internet zu entdecken gab. Und dass sie nicht alleine waren.
Bei seinem ersten Mal war er siebzehn Jahre alt gewesen, so alt wie Hellbuoy heute. Und der träumte schon von toten Mädchen. Er hatte ihn genau beobachtet, als sie die Leiche in den Wald geschleppt hatten. In seinem Gesicht hatte die pure Neugier gestanden, kein Ekel und kein Schrecken. Ob er schon so weit war? Sie würden sehen, sie hatten alle Zeit der Welt. Er fischte ein Stück Beef Jerky aus der Tüte, die neben der Handbremse lag, und steckte es sich zwischen die Zähne.
Er kaute noch auf
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