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Judaswiege: Thriller

Judaswiege: Thriller

Titel: Judaswiege: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Berkeley
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O’Hare in die Kamera. Ja, Klara, dachte Sam, aber ich hatte lange nicht mehr das Vergnügen, mit dir zusammenzuarbeiten.
    —
     
    Klara erreichte den riesigen Washington O’Hare International eine Stunde früher als Sam, was ihr die Zeit ließ, noch einige wichtige Einkäufe zu erledigen: zwei Sonnenbrillen, eine Baseballmütze, ein dicker Pullover, eine blaue Daunenjacke und eine Mütze. Als sie die fabrikneue Kleidung in einer Ecke der Ankunftshalle über den Boden schleifte, schaute eine ältere Dame, die nach der Anzahl ihrer Koffer zu urteilen, von einer Weltreise zurückkehrte, pikiert über ihren Gepäckwagen. Nachdem die Klamotten ihren leuchtenden Glanz verloren hatten, stopfte Klara alles in zwei Plastiktüten und machte sich auf den Weg zu dem Terminal, an dem die Privatjets des FBI abgefertigt wurden. Sie erreichte die schmucklose Halle beinah zeitgleich mit Sam, der telefonierte und ihr mit hektischem Winken zu verstehen gab, dass sie gleich los mussten. Ihr Empfangskomitee, zwei Kollegen vom Chicagoer Büro, warteten mit laufendem Motor vor dem Ausgang. Es muss etwas passiert sein, dämmerte es Klara.
    Erst als die Tür zugeschlagen war, beendete Sam das Telefonat.
    »Das Büro in der Stadtmitte, aber schnell, wenn ich bitten darf«, bellte Sam und ließ sich in die weichen Polster der Sitze fallen. Ihr Fahrer reagierte, ohne zu antworten, und fädelte sich auf die Zufahrt zum Freeway ein.
    »Was ist los, Sam?«, fragte Klara besorgt. »Wieder ein entführtes Mädchen?«
    »Nein, noch nicht.« Sam reichte ihr sein Handy. »Lies das, so geht es schneller.«
    Klara erkannte die Grafiken sofort wieder: Es war das Forum, in dem sie gestern Abend Judas_Iscariot aufgestöbert hatten. Es war ein Foreneintrag mit acht Fotos von jungen Frauen. Was hatte es damit auf sich? Sam hatte gesagt, dass es keine weitere Entführung gegeben hatte. Klara schwante Übles.
    »Wesley, also ›Thunder‹, hat heute Morgen eine Nachricht bekommen, dass ›Judas_Iscariot‹ ein neues Thema erstellt hat, das nur für bestimmte Leute sichtbar ist. Offenbar war er trotz seines schnellen Abgangs neulich Nacht neugierig genug, um ›Thunder‹ zumindest auf die Probe zu stellen.«
    Klara scrollte auf dem Telefon zurück zum Anfang des Eintrags:
    Started by: Judas_Iscariot
    Vote (PRIVATE): # 5
    Klara scrollte weiter nach unten, als ihr neben den Fotos kleine Kästchen auffielen. Das war unmöglich, oder? So etwas Krankes konnte sich niemand wirklich ausdenken, oder? Und doch hatte es Judas_Iscariot zu seiner Realität werden lassen: Er ließ im Internet über sein nächstes Opfer abstimmen. Nicht öffentlich zwar, aber nach der Anzahl der Stimmen zu urteilen, beteiligten sich über dreihundert Menschen an der Hatz.
    »Glaubst du, die User wissen, bei was sie da mitmachen?«, fragte Klara schockiert.
    Sam schüttelte den Kopf: »Nein, wir glauben, dass sie größtenteils ahnungslos sind – wie es Wesley ja auch wäre. Wir vermuten, dass er mit diesen Einladungen relativ offen umgeht, schließlich handelt es sich ja um eine geschlossene Benutzergruppe, und er versorgt dieselben Leute hinterher mit den Filmen. Da wir außer bei Jessica von Bingen nie wieder Bildmaterial gefunden haben, das eine tote Person zeigt, müssen wir davon ausgehen, dass die Leute denken, sie beteiligten sich an einer Art Castingshow für SM-Filme.«
    »Du hältst das für möglich?«
    »Durchaus«, meinte Sam. »Natürlich gehört eine gehörige Portion Augen-Zu ebenso dazu, aber ja: Ich halte es durchaus für möglich, dass es sich bei dem Großteil der Leute um reine Voyeure handelt, die von den grausamen Taten keine Ahnung haben. Voyeure verstecken sich oft ähnlich verschämt wie Täter, da sie sich – obwohl sie das nie zugeben würden – innerlich doch als Teil der Tat sehen.«
    Klara atmete tief ein: »Und was machen wir jetzt? Hast du die Bilder schon an die Polizeistationen und die Fernsehsender geschickt?«
    Sam wirkte traurig, aber bestimmt, als er sagte: »Nein, Klara. Das können wir nicht.«
    »Was meinst du mit, das können wir nicht? Das müssen wir! Wir können diese Mädchen warnen!«
    »Ja, aber damit riskieren wir unsere Quelle: Wesley. Und warnen gleichzeitig unseren Täter – und so nah kommen wir nie wieder an ihn ran. Wir müssen ihn jetzt schnappen, sonst riskieren wir noch viel mehr tote Frauen. Und leider haben wir zu dem Foto keinen Treffer in den Datenbanken. Sie ist ein unbeschriebenes Blatt.«
    Resigniert schlug Klara mit

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