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Judaswiege: Thriller

Judaswiege: Thriller

Titel: Judaswiege: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Berkeley
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der Faust auf die Armlehne, die zwischen Sam und ihr heruntergeklappt war. Natürlich hatte er recht, aber das machte die ganze Angelegenheit nicht besser. Sie scrollte noch einmal zu dem Bild, das die meisten Stimmen bekommen hatte. Es zeigte eine unbekümmerte junge Frau beim Einkaufen in einem Schuhgeschäft. Schwarze lange Haare, zierlich, sie war bildhübsch. Die Aufnahme war von außerhalb des Geschäfts gemacht worden, sie probierte gerade eine Sommersandale und hielt sich an der Schulter einer Verkäuferin fest, als habe sie das Gleichgewicht verloren. Sie hatte keine Chance, es sei denn, sie fanden Judas_Iscariot, bevor er sie entführte. In diesem Moment klingelte Sams Handy. Er hörte ein paar Sekunden zu, dann sagte er zu Klara: »Wesley hat ihn im Chat. Drück die Daumen, dass es uns gelingt, ihn zu lokalisieren.«
    —
     
    [whisper to Judas_Ichariot]: Bist du da?
    [whisper to Thunder]: Ja, aber ich habe wenig Zeit.
    [whisper to Judas_Iscariot]: Okay. Ich dachte nur, weil …
    [whisper to Thunder]: Weil was?
    [whisper to Judas_Iscariot]: Ich muss immerzu an das Video denken.
    [whisper to Thunder]: Und was denkst du, wenn du an das Video denkst?
    [whisper to Judas_Iscariot]: Sie ist … so schön.
    [whisper to Thunder]: Du findest sie schön?
    [whisper to Judas_Iscariot]: Ja.
    [whisper to Thunder]: Warum findest du sie schön, Thunder?
    [whisper to Judas_Iscariot]: Weil sie Angst hat.
    [whisper to Thunder]: Nur deshalb?
    [whisper to Judas_Iscariot]: Nein.
    [whisper to Thunder]: Warum noch?
    [whisper to Judas_Iscariot]: brb (tel)
    Wesley Brown saß vor dem Computer und schwitzte. Er hatte sich bisher strikt an Sams Anweisungen gehalten, die ihn dem Täter näherbringen sollten. »Du musst versuchen, zu denken wie ein Serienmörder, Wesley«, hatte sein Chef gesagt. Aber das war einfacher gesagt als getan. Mit dem Hinweis auf ein Telefonat und dem online-typischen ›brb‹ für ›be right back‹ hatte er wenigstens etwas Zeit gewonnen, und das Suchprogramm auf dem Server des Forenbetreibers lief, wie er mit einem Seitenblick auf einen der Monitore feststellte. Außerdem hatte er nicht einmal gelogen, als er im Chat von einem Telefonat geschrieben hatte.
    »Liest du mit, Sam?«, fragte er ins Telefon. »Was soll ich machen?«
    »Versucht, ihn davon zu überzeugen, dass du tickst wie er. Denk daran, er ist ein Sadist, der sich am Schmerz anderer Menschen bis zu ihrem Tod ergötzt. Das Leiden in ihren Augen ist wie Sex für ihn; wenn ihre Lebensgeister erlöschen, ist das für ihn der Höhepunkt einer Tat, die er wochenlang vorbereitet hat.«
    » … okay«, stammelte Wesley. »Ich probiers.«
    »Aber übertreibst auch nicht«, ermahnte ihn der Psychologe.
    Mit zitternden Händen tippte Wesley die nächste Antwort.
    [whisper to Judas_Iscariot]: Weil sie aussieht wie das pure Verlangen. Sie verlangt so sehr nach etwas, das sie nicht haben kann.
    [whisper to Thunder]: Und was ist es, nach dem sie verlangt?
    Wesley überlegte eine Weile, als ihm die leise Stimme seines Chefs am Telefon die Antwort ins Ohr flüsterte. Er tippte sehr langsam und zögerte, bevor er die Nachricht mit »Enter« abschickte.
    [whisper to Judas_Iscariot]: Sie sehnt sich nach dem Tod.
    Hier wurde der schnelle Rhythmus, in dem sie bisher Nachrichten ausgetauscht hatten, jäh unterbrochen. Auf einmal kam keine Antwort mehr. Hatte er ihn verloren? Er überprüfte das Suchprogramm, aber der Tracer war noch nicht bis zu dem konkreten Anschluss vorgedrungen, er lokalisierte den Mörder nach wie vor im Großraum Chicago.
    »Sam, was ist, wenn er nicht antwortet?«
    »Gib ihm Zeit.«
    Aber Judas_Iscariot antwortete nicht.
    »Warum schreibt er nicht, verdammt?«, fragte Wesley mit lauter Stimme.
    »Vertrau mir, Wesley«, flüsterte Sam. »Diese Erkenntnis braucht Zeit. Und sie ist die wichtigste für uns. Wenn er dich als seinesgleichen akzeptiert, werden wir ihn schnappen – früher oder später.«
    Wesley stand der Schweiß auf der Stirn. Bennet, der ihm gegenübersaß, kratzte die Lackschicht von einem Bleistift, und die fleißige Anne starrte wie versteinert in ihre Akten. Nur das Surren der Belüftung für die Prozessoren der riesigen Bildschirme lag in der Luft ihrer kleinen Zentrale. Da, endlich kam eine Antwort. Wesley hoffte inständig, dass er den Mörder nicht verloren hatte.
    [whisper to Thunder]: Ja. Ihre Augen schreien nach dem Tod. Deshalb habe ich dir das Video geschickt.
    Plötzlich gab das Suchprogramm einen Warnton von

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