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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Legenden der Liebe
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vorüber sei, und wartete, daß sie aufstand. Als
der Morgenmantel sich teilte und den Blick auf eine wohlgeformte Wade freigab,
sah er weg. Er hatte bereits eine Hand am Türknauf, als sie endlich redete.
    »Mylord?«
    »Ja?« antwortete er, ohne sich
umzudrehen.
    »Sie haben aber doch eins, oder?«
    »Ein was?«
    »Ein Herz.«
    »Miss Lancaster«, hob er an, wütend
über sich und sein Schicksal, das ihn in diese untragbare Situation gebracht
hatte. Er drehte sich um. Sie stand am Fußende des Bettes, eine Hand lag
anmutig auf dem Pfosten.
    »Mein Name ist ...«, sie zögerte, und
wieder überfiel ihn ein unerträgliches Schuldgefühl, weil sie sich sogar ihren Namen ins Gedächtnis rufen mußte,
»Charise. Ich wünschte, Sie würden mich so nennen.«
    »Sicher«, erwiderte er, obwohl er
keineswegs die Absicht dazu hatte, »und nun entschuldigen Sie mich. Ich habe
noch zu arbeiten.«
    Sheridan wartete, bis sich die Tür
hinter ihm geschlossen hatte, dann griff sie auch mit der anderen Hand nach dem
Pfosten. Schwindel und Übelkeit überfielen sie. Vorsichtig ließ sie sich auf
die Satin-Überdecke sinken. Ihr Herz hämmerte vor Schwäche und Angst.
    Was für ein Mensch mochte sie sein,
daß sie einen Mann heiraten wollte, der so dachte? Was für ein Mensch war er?
Ihr Magen krampfte sich zusammen, als sie daran dachte, wie kalt er sie
angesehen und wie geringschätzig er über Liebe gesprochen hatte.
    Was hatte sie sich bloß dabei
gedacht, sich in jemanden wie ihn zu verlieben? Wie konnte sie nur, fragte
Sheridan sich bitter.
    Aber sie fand die Antwort von
selbst: Es mußte etwas mit dem wunderlichen Gefühl zu tun haben, das sie
verspürte, wenn er sie anlächelte.
    Nur hatte er nicht gelächelt, als er
gegangen war. Er war ihrer überdrüssig gewesen, weil sie dauernd über Liebe
geredet hatte. Wenn er morgen früh kam, wollte sie sich entschuldigen. Oder
das Thema einfach nicht mehr erwähnen und nur versuchen, eine heitere
Gesellschaft zu sein.
    Sie schlug die Decke zurück,
kletterte ins Bett und zog die Decke bis ans Kinn hinauf. Hellwach, die Kehle
zugeschnürt von Tränen, starrte sie zum Betthimmel empor. Sie befahl sich
selbst, nicht zu weinen. Dieser Abend hatte ihrer Beziehung sicher keinen
irreparablen Schaden zugefügt. Sie waren schließlich verlobt. Er würde über
ihren falschen Standpunkt sicher hinwegsehen. Dann fiel ihr ein, daß sie ihn
gefragt hatte, ob er überhaupt ein Herz besäße, und der Tränenkloß in ihrer
Kehle schwoll faustgroß an.
    Morgen sieht alles viel freundlicher
aus, sagte sie sich. Sie fühlte sich immer noch schwach und war müde von der Anstrengung
des Badens, Haarewaschens und Anziehens. Aber morgen würde er sie besuchen
kommen, und alles würde wieder in Ordnung sein.

Dreizehntes Kapitel

    Drei Tage später war Stephen gerade
dabei, seinem Sekretär einen Brief zu diktieren, als Whitticomb eintraf.
Stephen bemerkte, daß er lächelte, während der Butler ihn an der Flügeltür
zum Arbeitszimmer vorbeiführte. Eine halbe Stunde später, als er nach der
Visite bei seiner Patientin wieder herunterkam, wirkte er nicht mehr so
erfreut. »Ich möchte gerne mit Ihnen unter vier Augen reden, wenn sie ein paar
Minuten erübrigen könnten«, sagte er und gab dem erschrockenen Butler, der in
der Tür stand und ihn ankündigen wollte, ein Zeichen zu gehen.
    Stephen hatte eine unbehagliche
Vorahnung dessen, was er zu hören bekommen würde. Mit einem irritierten Seufzer
entließ er seinen Sekretär, schob seine Korrespondenz beiseite und lehnte sich
in seinem Stuhl zurück.
    Hugh Whitticomb begann, kaum daß
sich die Tür hinter dem Sekretär geschlossen hatte. »Ich erinnere mich ganz deutlich,
Ihnen gesagt zu haben, daß Miss Lancaster unter gar keinen Umständen erregt
werden darf. Der Spezialist, den ich wegen des Gedächtnisverlusts zu Rate
gezogen habe, hatte mich ausdrücklich darauf hingewiesen, und ich habe es an
Sie weitergeleitet. Können Sie sich an dieses Gespräch erinnern?«
    Der Ton des Arztes reizte Stephen
sehr zu einer scharfen Erwiderung, aber er antwortete nur: »Ja.«
    »Wollen Sie mir dann bitte
erklären«, fragte Dr. Whitticomb, der den warnenden Unterton bei seinem
Gesprächspartner bemerkt hatte und sich ein wenig mäßigte, »warum Sie seit
drei Tagen nicht hinaufgegangen sind, um sie zu besuchen? Ich habe Ihnen doch
gesagt, wie wichtig Zerstreuung für sie ist, um sie von ihren Sorgen
abzulenken.«
    »Sie haben es mir gesagt, und ich
habe für alle

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