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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Legenden der Liebe
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sie sich zwar kein
Gesicht vorstellen können, aber ein schwaches Gefühl von freundlicher Wärme und
liebevoller Nähe gespürt, ein Gefühl von Verlust, als ob sie ihn schrecklich
vermißte. Ein Vater, der solche Gefühle weckte, würde sicher seine Tochter
niemals zwingen, einen Mann zu heiraten, den sie nicht im geringsten
bewunderte.
    Genau eine Stunde später klopfte
Stephen wieder an die Tür.
    Sheridan blickte zu der Uhr auf dem
Kaminsims und stellte ärgerlich fest, daß er zumindest pünktlich war, aber das
sollte ihre Entscheidung nicht beeinflussen. Sie studierte weiter die Zeitung,
die sie auf dem Sekretär am Fenster ausgebreitet hatte, und sagte zu der Zofe:
»Richten Sie seiner Lordschaft bitte aus, ich hätte mich hingelegt.« Sie war
stolz auf sich, als sie das sagte. Sie wußte zwar nicht viel über Charise
Lancaster, aber zumindest mangelte es ihr nicht an Charakter oder
Entschlußkraft.
    Auf der anderen Seite der Tür wurde
Stephens Schuldgefühl von beginnender Sorge überdeckt. »Ist sie krank?« fragte
er das Mädchen. Die Zofe blickte flehend zu Sheridan hinüber, aber die
schüttelte den Kopf, und so antwortete sie ihm verneinend.
    Als Stephen eine Stunde später
wieder an die Tür klopfte, wurde ihm mitgeteilt, sie nähme ein Bad.
    Eine weitere Stunde später war er
nicht mehr besorgt, sondern verärgert. Er klopfte laut, und dieses Mal hieß
es, die Miss schlafe gerade.
    »Sagen Sie
der Miss«, befahl er in unheilverkündendem, warnendem Tonfall, »daß ich in
genau einer Stunde wiederkommen werde, und daß ich sie dann anzutreffen
wünsche. Und zwar sauber, ausgeruht und bereit dazu, zum Abendessen herunterzukommen.
Wir essen um neun.«
    Als der Earl eine Stunde später an
die Tür klopfte, war Sheridan äußerst zufrieden mit sich. Lächelnd sank sie
tiefer in das warme Schaumbad, das beinahe das Marmorbadezimmer überschwemmte.
»Sagen Sie seiner Lordschaft, ich zöge es vor, heute abend auf meinem Zimmer zu
essen«, wies sie die Zofe an, die ihr beinahe schon leid tat, weil sie aussah,
als ob sie lieber verprügelt würde – oder Angst hätte, verprügelt zu werden.
    Stephen stieß die Tür auf, noch
bevor die Zofe ihren Satz beendet hatte, und rannte das Mädchen auf seinem Weg
ins Schlafzimmer fast über den Haufen. »Wo ist sie?« herrschte er sie an.
    »Im ... im Bad, Mylord.«
    Er wandte sich zu dem kleinen Flur,
der in das Marmorbadezimmer führte, das er vor einigen Jahren an das Schlafzimmer
hatte anbauen lassen. Als er jedoch den entsetzten Gesichtsausdruck des
Mädchens sah, änderte er die Richtung. Er trat zu dem Sekretär am Fenster und
blickte auf die aufgeschlagene Zeitung. Daneben lag ein beschriebenes Blatt Papier.
»Miss Lancaster«, sagte er, wobei er seine Stimme hob und einen Ton anschlug,
bei dem die arme Zofe erbleichte, »wenn Sie nicht in genau zehn Minuten im
Salon stehen, werde ich heraufkommen und Sie höchstpersönlich herunterschleifen,
ganz egal, ob Sie bekleidet sind oder nicht. Haben Sie verstanden?«
    Ungläubig registrierte er, daß diese
Göre sein Ultimatum nicht einmal einer Antwort würdigte! Stephen fragte sich,
wem sie wohl schreiben mochte, und griff nach dem Blatt Papier. Sarkastisch
dachte er, daß der junge Burleton tot wahrscheinlich besser dran sei, weil
Charise Lancaster ihm das Leben mit ihrem Eigensinn und ihrem Temperament
sicher zur Hölle gemacht hätte. Er hob das Blatt Papier hoch und inspizierte
ihre Arbeit. In präziser, eleganter Handschrift hatte sie Fakten aus der Morning
Post abgeschrieben, Fakten, die sie früher wohl gewußt hatte, die sie aber
jetzt erst wieder neu lernen mußte. Seinetwegen.
    König von England – George IV,
geboren 1762.
    Der Vater von George IV. war George
III. Starb vor zwei Jahren.
    Von den Engländern »Farmer George«
genannt.
    Der König mag Frauen, elegante
Kleidung und exzellente Weine.
    Nach dieser Faktensammlung hatte sie
versucht, ähnliche Informationen über sich selbst aufzulisten, aber dort, wo
normalerweise die Antworten hätten stehen müssen, gähnten nur leere Stellen.
    Ich bin 18 ... ? geboren.
    Der Name meines Vaters ist ...?
    Ich mag ... ?
    Schuldgefühle und Kummer übermannten
Stephen, und er schloß die Augen. Sie wußte weder ihren eigenen Namen noch den
ihres Vaters oder ihr Geburtsjahr. Schlimmer noch, wenn ihr Gedächtnis
zurückkäme, würde sie den schwersten Schlag zu verarbeiten haben – den
tragischen Tod ihres Verlobten. Und all das seinetwegen.
    Er ließ das Blatt

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