Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders
«Flüssigkeit» verlor, «einfach so». Ich hatte ja oft gemerkt, daß meine Hose naß war, also da tat sich «laufend» etwas. Daraus schließe ich (auch aus der Erinnerung glaube ich es noch zu wissen): da ich zum Zeitpunkt, als ich onanierte, stets schon einige Flüssigkeit verloren hatte, kann der Orgasmus nicht besonders groß gewesen sein. Ist das richtig? Ach, hol mich der Teufel, ich weiß es auch nicht.
Vielleicht habe ich auch deswegen meist auf das Onanieren verzichtet, unbewußt, um die Tat
möglichst lange
[zweimal unterstrichen] hinzuziehen? Mag sein oder auch nicht, jedenfalls kann ich für die Dinge, die ich zu der Zeit rein instinktiv gemacht habe, keine logische Erklärung geben, fast möchte ich sagen selbstverständlicherweise.
Nun aber weg vom Onanieren: Während der ganzen Tatzeiten, der eigentlichen, also vom Ausziehen der Opfer bis zum Zerschneiden der Leichen, habe ich eine ganz unglaubliche sexuelle Lust empfunden!! Das war so stark, also viel hätte das Onanieren da auch nicht mehr steigern können! Aber einen Höhepunkt a la Lehrbuch, so mit «Bewußtseinstrübung und Bewegungslosigkeit» und dergleichen – nein, nein, so war es überhaupt nie. Aber habe ich es angestrebt? Wohl nicht, denn meiner Ansicht nach hatte ich während der Taten durch die derart große sexuelle Befriedigung, die Lust, einen einzigen, stundenlangen Orgasmus. Das sollte, von der Vorstellung und vom Trieb her, auch so lange dauern, all das beinhaltend, was ich dann ja auch tat. Der Nachteil (so empfand ich es jedenfalls): der vom Trieb Gelenkte bekommt nie genug, auch lange genug ist es nie. Das ist recht furchtbar.
Wenn all das nur irgendwann mal zu Ende ist, für
immer
[doppelt unterstrichen], werde ich Gott danken …
***
Düsseldorf, den Juli 1970
… Ich bin froh, daß ich Ihre Fragen über meinen Vater falsch verstanden habe. Natürlich gehört mein Vater (meine Mutter natürlich auch) zu den Menschen, die überzeugt sind, die «Erziehung» der Nazi’s hätte auch ihr Gutes gehabt. «Selbstverständlich», möchte ich beinahe sagen, habe ich auch meinen Vater schon sagen hören (im Gespräch mit ebenfalls älteren Leuten, die ja nahezu alle so denken!): «Da war noch Disziplin, da war Ordnung, die kamen nicht auf dumme Gedanken, wenn sie geschliffen wurden» usw. («Geschliffen» ist ein «Fachausdruck» für«Strammstehen! Rauf! Runter!» usw.) Ich glaube, daß die meisten jungen Leute so wie ich darauf verzichten werden, sich über Verwandte in puncto Drittes Reich zu erkundigen, weil ja jeder von uns befürchten muß, es käme irgendwas dabei heraus, das wir lieber gar nicht wissen wollten.
… Wenn man eingesperrt ist und einen solchen Trieb hat wie ich, überschlägt sich die Phantasie ein wenig. Neuerdings denke ich daran, daß ich auf der Erde liege, und der Junge müßte dann breitbeinig über mich kriechen, das Gesäß oben, und das Ding würde ein wenig runterhängen. Da müßte er langsam runterkommen, ich mache den Mund auf, dann möchte ich alles, sowohl das Glied als auch die Hoden, in den Mund nehmen. Ich würde nicht reinbeißen. Es wird sich komisch anhören, aber das wäre eine eher zärtliche Sache, wenn ich es so ausdrücken soll.
… Ich habe meiner Erinnerung nach gar nicht bei jeder Tat onaniert. Bei welcher ja und welcher nein? Auch das weiß ich heute nicht mehr. Nur eines kann ich genau sagen: wenn ich bei den ersten vier Taten onaniert habe, so war das zu einem Zeitpunkt, als das Opfer schon tot (und ganz oder teilweise zerteilt) war.
Anders im letzten Fall, beim Fall Frese: dort habe ich, als der Junge nackt neben mir stand, kurz angefangen zu onanieren, dann habe ich gedacht, es wäre sehr gut, es erst mal bei ihm zu machen. Ich habe ein bißchen an ihm herumgefummelt, aber es tat sich nichts. Da wurde ich ziemlich wild und habe ihn angeschrien «Kriegst Du keinen hoch?!». Er sagte was von «Geht nicht». Anscheinend konnte ich da gar nicht klar denken, nicht mehr logisch denken, denn wer Todesangst hat, der ist natürlich zu einer Erektion gar nicht fähig! Ich wurde damals nicht noch wilder, fummelte, glaube ich, noch ein wenig (Sekunden nur) an mir herum, aber dann schlug ich wie von Anfang an weiter auf den Jungen ein und so, nicht aus Wut wegen dessen Versagen, denn zwar wäre es schön gewesen mit Onanieren an ihm; aber viel wichtiger war das große Quälen. Die anderen Sachen waren dagegen doch Nebensache und Kleinigkeiten.
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[Eine
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