Jürgen Klopp: Echte Liebe
Fehlverhalten eines Spielers. Angesprochen auf den italienischer Stürmer Mario Balotelli von Manchester City, der laut Medienberichten im Frühjahr 2011 mit Dartpfeilen auf Juniorenspieler geworfen haben soll, äußerte sich der Trainer konsequent: Sollte einer seiner Spieler auf eine solche Idee kommen, »wird er nie wieder das Trikot dieses Vereins tragen. Der hat keine Chance auf einen zweiten Fehler: ›Pass’ auf, du kannst kicken, aber ich möchte dich nicht mehr sehen.‹ Denn wir haben so viele gute Jungs, mit denen es sich lohnt, zu arbeiten«, stellt Klopp klar.
Und mit diesen Jungs arbeitet Klopp auch auf Ebenen, die noch vor wenigen Jahren kaum jemand dem Fußball zugeordnet hätte:
»Wahnsinn« Life Kinetik
Jürgen Klopp ist neugierig im besten Sinne, immer offen für neue Impulse, für Anregungen, die ihn und seine Mannschaft weiterbringen. So entdeckte er, wenn auch zufällig durch einen Fernsehbericht, die Life Kinetik von Diplom-Sportlehrer Horst Lutz und integrierte sie einmal wöchentlich in den Trainingsplan. »Die Life Kinetik ist so unglaublich spannend, das ist wirklich Wahnsinn. Da musst du dir als Trainer Zeit für nehmen«, ist Klopp begeistert.
Worum geht es? Um eine gesteigerte Gehirnleistung durch die Bewältigung komplexer Aufgaben. »Mit Life Kinetik werden dem Körper nicht alltägliche, visuelle und koordinative Aufgaben gestellt. Das Gehirn stellt durch diese Herausforderungen neue Verbindungen (Synapsen) her. Je mehr Vernetzungen im Gehirn angelegt sind, desto höher ist die Leistungsfähigkeit des Gehirns (…) Das Ziel dieses Trainingsprogramms ist es, möglichst viele Vernetzungen im Gehirn anzulegen, die durch neue Übungen entstehen«, heißt es dazu auf der Homepage lifekinetik.de .
Stabilität kommt vor Flexibilität
Mit Trainingsinhalten wie der Life Kinetik erhöht Jürgen Klopp die (gedankliche) Flexibilität seiner Profis. Grundsätzlich besitzt Flexibilität für Klopp eine wichtige Bedeutung, ist aber »erst der dritte, vierte, fünfte Schritt, höchstens.« Denn: »Bevor Flexibilität kommt, brauchst du Stabilität. Ich hatte als ganz junger Trainer mal das Glück, gegen Peter Neururer zu spielen, damals Trainer bei Rot-Weiß-Ahlen. Wir haben 4-3-3 (abweichend vom sonst bevorzugten 4-4-2) gespielt, da hat er einen dritten Innenverteidiger eingewechselt und Manndeckung gemacht. Und da haben wir, jung und lustig wie wir waren, gedacht: ›komm’, stellen wir das System um‹ und so hatten wir dann nur noch zwei Stürmer auf dem Platz, um der Manndeckung zu entfliehen. Das ist alles Quatsch. Es geht immer darum, dass du dein eigenes Ding durchziehst.«
Klopps Quintessenz aus dieser Erfahrung: »Das entscheidende ist, Stabilität zu finden, weit vor Flexibilität. Mit Stabilität punktest du und gewinnst Spiele.« Flexibilität erweitert die Handlungsspielräume, ist daher eine Art »Bonus«. Auch weil Fußball ein Mannschaftssport ist, betont Klopp die Bedeutung der Stabilität: »Entscheidend ist die Bereitschaft der Spieler, sich in das Teamgefüge einzubringen. Das ist der Grund, weshalb wir mit dem Kicken angefangen haben – und eben nicht mit einer Einzelsportart wie Tennis. Wir wollten in einer Gruppe sein, und das müssen wir als absolute Regel bis zum Ende unseres Lebens annehmen: Ich bin nur so stark, wie mich meine Mitspieler sein lassen. Dann funktioniert es wunderbar. Über Stabilität.« Auf das Spielergebnis hatte die Systemumstellung gegen Ahlen im Mai 2001 übrigens keinen Einfluss mehr: Vorher und nachher stand das Ergebnis von 2:2.
Eine praktische Übung kann so aussehen, dass dem Spieler ein Ball zugeworfen und zugleich eine bestimmte Farbe genannt wird. Dabei steht jede Farbe für eine bestimmte Anweisung, die auszuführen ist: mit rechts oder links fangen, den Ball zurückköpfen oder mit der Brust stoppen – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Auch anspruchsvolle Jonglier-Übungen oder Ballfangen mit gekreuzten Armen gehören zum Programm. Dass die Umsetzung der Aufgaben zunächst Schwierigkeiten bereitet, ist so gewollt. Denn durch diesen Lernprozess entstehen die neuen Synapsen.
Der Mehrwert (nicht nur) für den Fußballer liegt in der schnelleren Auffassungsgabe, der größeren Handlungsschnelligkeit. Eigenschaften, die im modernen Tempofußball unerlässlich sind. Ein erster Effekt soll sich bei wöchentlich einer Stunde Übung nach zwei bis acht Wochen einstellen. Zusätzlich attraktiv macht die Life Kinetik, dass sie den Körper
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