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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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bewusstseinsgetrübt durch die schleswig-holsteinische Pampa wackelten, auf der Suche nach der alden Transidschdregge? Die jungen, abenteuerlustigen Fahrer von Taxi Nummer fünf, sechs und sieben waren dann schließlich bereit, das Risiko einzugehen. Gegen Zusicherung von allfälligem Zugang zu jedweder Backstage-Belustigung setzte sich der Konvoi in Gang. Böswillige Menschen hätten es für eine Rockstarallüre halten können – aber was sollten sie anderes tun? Nach Verlassen der Autobahn übernahm eine Polizeieskorte den Konvoi, um ihn durch den Teil des Flachlandes zu lotsen, in dem besonders gut sichtbar in schon eingebrochener Dunkelheit allenthalben die Fanale der Flaschbier-Anarchie loderten. Lagerfeuer brannten vor Häusern, denen die Gartenzäune fehlten. Fumpp! Zwanzig Kilometer noch bis Hartenholm. Schwankende Gestalten zu Fuß, auf allen Vieren, auf schweren Harley Davidsons, strebten zu Licht und Ton, zu Schall und Rauch hin, stolperten aus buntbemalten Wohnmobilen, Flaschbier, Flaschwein, Flaschschnaps in der Hand. Fumpp! Fumpp! Auf ihren Kutten waren Werners und Holgis Porsches und Horexe, Nieten und Nutten, Himmelarsch und Zwirn. Fumpp! Fumpp! Fumpp! Das war sie dann wohl, die alte Transitstrecke. Trotz Fieber und Schüttelfrost wollte Jürgen, hinter der Bühne angekommen, mal ganz schnell gucken, mit wem er es da zu tun haben würde. Er stieg die steile Treppe hoch, schob den Vorhang einen kleinen Spalt weit auf und – Fumuummppppp! Da waren sie, 250.000 Mann. Hoch. Breit. Sehr breit. Und viele sahen exakt aus wie Werner und Holgi. Und all die anderen Menschen, wie man sie in Kiel backstage öfter treffen würde. Die der damals alkoholabstinente Wolfgang Niedecken schon mal überraschen konnte, wenn er ein Glas Orangensaft auf die erstaunte Frage: „Wass drinkssnduda?“ als „Pernod-Korn-Schorle“ umdeklarierte. Damit war man natürlich ein Held. Menschen, bei denen man in der Stammkneipe Wodka-Orange bestellte, und die sich vielleicht wunderten, wenn der Barkeeper die ganze Flasche Wodka übern Tresen schüttete, aber nur vielleicht. „Du hasssnich Ssstop gesaaachd“, hieß es dann. Was macht man in einem solchen Fall mit einem solch erlesenen Publikum und schon deutlich nach Mitternacht auf der Bühne des alten Flugplatzes in Hartenholm? Man gibt Gas. „Alles fit … he?“ eröffnete Wolfgang Niedecken Rock’n’Roll-Vollbedienung bis morgens um drei. Der Major bratzte breitbeinig los und ab ging es mit
heavy metal thunder.
„Born to be wild“ musste jetzt sein, was auch sonst. Am nächsten Morgen verlor Brösel in Sekundenbruchteilen schnell gegen Holgi – und soll hinterher gesagt haben: „Ich hab extraaaa kein Aklkohol getrunken. Das mach ich nie meaaa.“
    Die eigentliche „Da Capo Tour“ hob am 14. Oktober 1988 in der Siegerlandhalle in Siegen ab. BAP war auf der Bühne fantastisch. Manchmal hatte Jürgen das Gefühl, er brauchte nur auf das Publikum zu hören, um ganz neue Dimensionen galoppierender Glückseligkeit zu erfahren. Da machte es dann auch nichts mehr, wenn der Rest der Kapelle dem mittlerweile nicht mehr von Nervosität zerfressenen Trommler davoneilen wollte. Sei’s drum. Er spielte sein Ding und grinste breit. Wenn sie beschleunigten, sollten sie doch, er beschleunigte mit. Wenn Major am Horizont entschwand, dachte er sich: „Der kommt schon wieder“ und versuchte so lange mit seinen Kräften hauszuhalten. Immerhin 37 Songs hatte die Band auf ihrer Setliste für den Abend stehen, und irgendwann ging auch das längste Gitarrensolo zu Ende.

    JÜRGEN ZÖLLER … SELBST: Das ist das, was mich heute och manchmal stört. Diese ganzen alten Stücke sind alle auf demselben Vier-Viertel-Groove, den spiel ich im Schlaf. Aber eigentlich hab ich manchmal gar keine Lust mehr, ihn zu spielen, weil ich gern mal wieder andere Rhythmen spielen würde. Das war schon alles sehr teutonisch für mich, von der Rhythmik und der Konstruktion der Stücke, sehr deutsch. Das war eines der größten Probleme, die Rhythmik, dass alles so „guitar hero“- mäßig angelegt war, Hardrock im Grunde genommen. Nichts was ich vorher gemacht habe, war wie BAP. Da waren Stücke dabei, die in körperliche Pein ausarteten. Da versuchst du, unbeschadet durchs Programm zu kommen, so dass du von der Bühne gehst und nichtganz tot bist. Kräfte einteilen ist das Stichwort.

     
    Es war die erste wirkliche BAP-Tour für Jürgen, sie endete erst am 22. Dezember und war überhaupt nicht zu

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