Julia Ärzte zum Verlieben Band 36
sie schwanger war, und schon wollte sie ihr Baby unbedingt beschützen. Mit einem so stark ausgeprägten Mutterinstinkt wäre sie auch niemals imstande gewesen, ihr Kind zur Adoption freizugeben. Sie konnte doch nicht neun Monate lang ein Baby austragen, seine Bewegungen in sich spüren und es dann einfach weggeben.
Das bedeutete, sie würde es behalten. Und sie musste es allein aufziehen.
Gut, ihre Mutter hatte sie auch allein großgezogen. Aber erst, als Lisa sechzehn und schon fast erwachsen gewesen war. Das war etwas ganz anderes, als von Anfang an eine alleinerziehende Mutter zu sein.
Durchs Wasser zu laufen half Lisa nicht weiter. Deshalb ging sie ein Stück den Strand hoch und setzte sich auf den Sand. Sie zog die Knie an und schlang die Arme um ihre Beine.
Die Fötusposition. Ausgerechnet.
Im Augenblick fühlte Lisa sich der Situation ganz und gar nicht gewachsen. Sie war wie betäubt von der Neuigkeit und davon, wie sehr dies ihr Leben beeinflussen würde. Ob sie wohl in der Lage wäre, ihr Kind genug zu lieben? Da sie sich bisher immer vor Beziehungen gescheut hatte, konnte sie überhaupt wirklich lieben?
Tja, das würde sie bald herausfinden.
Sie seufzte. Es war ja nicht nur ihr Baby. Der Vater hatte ein Recht darauf, es zu erfahren. Obwohl er darauf bestanden hatte, dass sie nur Kollegen waren. Sonst nichts. Joel hatte nicht mal Platz für sie in seinem Leben. Wie sollte er da Platz für ein Baby haben? Und wie würde Beth reagieren?
Das Ganze war ein einziges Chaos.
Lisa wusste, dass sie auch den einfachen Weg wählen konnte. Sie könnte nach London zurückkehren und ihr Kind dort aufziehen, ohne Joel irgendetwas davon zu erzählen. Aber damit würde sie ihn und ihr Baby betrügen. Sie war nie eine Lügnerin gewesen und wollte jetzt auch nicht damit anfangen.
Also musste sie sich überlegen, wie sie es ihm am besten beibringen sollte.
Da fiel ihr noch etwas ein. Vanessa war bei ihrem Tod schwanger gewesen.
Einem Mann zu sagen, dass er plötzlich Vater wurde, war eine Sache. Es jedoch einem Mann zu sagen, der offenbar noch immer um seine verstorbene Ehefrau und das Baby trauerte, das er verloren hatte …
Kompliziert war gar kein Ausdruck.
Zuerst musste Lisa absolut sicher sein. Sie nahm sich vor, einen Termin bei ihrer Hausärztin zu machen, um die Schwangerschaft tatsächlich zu bestätigen.
Danach war immer noch genug Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, wie sie es Joel beibringen sollte.
8. KAPITEL
Nachdem Lisa bei ihrer Hausärztin gewesen war, dauerte es trotzdem noch einige Tage, bis sie es wirklich verinnerlicht hatte. Sie war schwanger und würde ein Baby bekommen. Jemand, der von ihr abhängig war. Jemand, den sie automatisch lieben und der das Zentrum ihres Lebens sein würde.
Sie hatte es sich nicht ausgesucht. Es war einfach passiert.
Doch noch immer hatte sie Joel nichts davon erzählt.
Irgendwie schien nie der richtige Zeitpunkt dafür zu sein. In den folgenden zwei Wochen war entweder bei der Arbeit die Hölle los, oder er wollte gerade gehen, um seine Tochter abzuholen, oder es kam etwas anderes dazwischen.
Im Grunde genommen waren das jedoch alles Ausflüchte. Lisa hatte einfach noch keine Lösung dafür gefunden, wie sie es ihm sagen sollte.
Heute war ihre nächste Schicht bei der Luftrettung, und sie hatte auch keine Bedenken, diese zu übernehmen. Ihre Schwangerschaft war noch in einem sehr frühen Stadium, und das Kind wurde keinem unnötigen Risiko ausgesetzt. In ein oder zwei Monaten musste sie sich allerdings ernsthafte Gedanken darüber machen, mit dieser Arbeit eine Weile auszusetzen. Im Moment wollte Lisa jedoch ihr Leben so normal weiterführen wie möglich.
„Seenotfall“, sagte Marty und legte den Hörer auf. „Lisa, wie seefest bist du?“
„Na ja, in London hatten wir eigentlich keine Seenotfälle“, antwortete sie.
„Hier schon. Also werden wir das ja gleich feststellen“, meinte Dave und lachte. „Und wir haben keine Zeit, dir eine Pille gegen Seekrankheit zu geben. Ich schätze, dann nehmen wir am besten ein paar Spucktüten mit. Für alle Fälle.“
Lisa lachte ebenfalls. „Keine Chance. Ich werde viel zu beschäftigt sein, um seekrank zu werden!“ Bisher hatte sie Glück gehabt. Das Einzige, was ihr Übelkeit verursachte, waren besonders starke Gerüche. Davon würde es auf See keine geben. Hoffentlich. Denn sie war noch nicht bereit, den anderen von ihrem Baby zu erzählen. Jedenfalls nicht, bevor sie es Joel gesagt hatte.
Noch
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