Julia Ärzte zum Verlieben Band 36
„Wachse, Kleines, werde stark und kräftig. Deine Mummy liebt dich mehr als alles andere auf der Welt.“
Als hätte es sie verstanden, bewegte sich das Kind, und wieder überschwemmte sie diese unbeschreibliche Erleichterung. Ihr Baby war eine Kämpfernatur, ganz sicher. Dass es überhaupt in ihr heranwuchs, grenzte ja schon an ein Wunder.
Annie ging ins Wohnzimmer und fand einen Stapel nagelneuer Zeitschriften auf dem Couchtisch – genug, um sie für den Rest ihrer Schwangerschaft zu beschäftigen. Neugierig ging sie die Titel durch und lachte plötzlich leise auf. Es war sogar eine Ausgabe der Biker’s Weekly dabei. Hielt er sie für einen Motorradfan?
Lächelnd stellte sie sich vor, wie er im Zeitschriftenladen die Arme vollgeladen hatte, weil er nicht wusste, was sie am liebsten las. Das Lächeln verging ihr jedoch, als sie in einem bekannten Reisemagazin einen vierseitigen Bildbericht über Andalusien entdeckte. Ein versteckter Hinweis, dass sie doch mit ihrem Kind nach Spanien ziehen sollte?
Sie schwankte zwischen Belustigung und Ärger. Es war verwirrend, wie alles, was mit Rafael zusammenhing. Musste er wieder in ihrem Leben auftauchen, charmant und so männlich, dass ihr jedes Mal die Knie weich wurden, wenn sie ihn sah?
Unruhig trat sie ans Fenster. Die Sonne schien von einem wolkenlosen Himmel, es war ein herrlicher Frühsommertag, und doch fühlte Annie sich rastlos. Vielleicht sollte sie ein paar Yoga-Übungen machen, dagegen hätte bestimmt auch Dr. Gibson nichts. Keine große Anstrengung. Annie stieg das Blut ins Gesicht, als ihr einfiel, was die Ärztin noch gesagt hatte. Aber da bestand keine Gefahr!
Damals in Spanien hatte Rafael sie begehrt, doch wie es aussah, war sein Verlangen längst erloschen.
Annie bekam allmählich Hunger. Ihr Magen knurrte laut und vernehmlich, und wie auf ein Stichwort klopfte es an der Haustür.
Sie öffnete, und vor ihr stand Rafael, in einer Hand einen bunten Frühlingsstrauß. Verwundert blickte sie darauf und versuchte zu ignorieren, dass ihr Herz einen Takt schneller schlug. Schließlich durfte sie nicht vergessen, dass dieser Mann alles unternehmen würde, um über das Leben ihres Babys zu bestimmen.
Auch wenn sie fast dahinschmolz, wenn er sie mit diesem jungenhaft verwegenen Lächeln ansah.
In der anderen Hand trug er eine Tüte, aus der es köstlich duftete.
„Ich habe vorhin deinen Kühlschrank inspiziert“, sagte er. „Du hast überhaupt nichts im Haus. Weißt du nicht, dass du essen musst? Du brauchst deine Kräfte.“
„Ich weiß. Für das Baby.“
Ihre Antwort war wohl etwas scharf ausgefallen, denn er blickte sie erstaunt an. „Aber das wollen wir doch beide, oder?“
„Ja, sicher. Natürlich.“ Annie unterdrückte ein Seufzen. Was fiel ihr ein? Wünschte sie sich etwa, dass er in ihr mehr sah als die Mutter seines Kindes? Dass er sie als Frau wahrnahm?
Nein. Wie könnte sie eine Beziehung zu einem Mann wollen, der ihr mit Anwälten drohte? Allerdings hatte er ihr auch noch nicht genauer gesagt, was er tun wollte, wenn das Baby da war. Annie beschloss, Kates Rat anzunehmen und ihn darauf anzusprechen.
„Wir müssen miteinander reden“, sagte er da, als hätte er ihre Gedanken gelesen. „Aber zuerst essen wir. Ich kann nämlich nicht mit leerem Magen denken. Eigentlich wollte ich ja für uns kochen, aber ich wusste nicht, was du magst – von Meeresfrüchten abgesehen. Doch die solltest du während der Schwangerschaft lieber nicht anrühren. Also habe ich etwas aus dem Restaurant an der Hauptstraße mitgebracht.“
Rafael holte Teller aus der Küche und verteilte den Inhalt der Folienkartons darauf.
„Gute Idee“, neckte Annie lächelnd. „Wenn ich an meinen Toast heute Morgen denke, verzichte ich lieber auf deine Kochkünste …“
Erst tat er beleidigt, aber dann verzog er den sinnlichen Mund zu einem draufgängerischen Lächeln, und ihr Herz machte einen Satz. Weiß er eigentlich, wie umwerfend er aussieht? dachte sie.
„Ich möchte nachher ein bisschen spazieren gehen“, sagte sie. „Das Wetter ist traumhaft.“
Das Lächeln machte einem Stirnrunzeln Platz. „Du solltest dich ausruhen. Wenigstens die nächsten ein, zwei Tage.“
Frustriert warf sie ihm einen ärgerlichen Blick zu. „Dr. Gibson hat nichts davon gesagt, dass ich mich im Haus einsperren soll!“ Sie errötete. Rafael würde sich bestimmt auch daran erinnern, was die Ärztin noch gesagt hatte. „Du kannst mich ja wohl kaum in jeder Minute der
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