Julia Ärzte zum Verlieben Band 45
wenn Sie mir sagen würden, in welchen Bereichen Sie Verbesserungsbedarf sehen, beziehungsweise wo Ihnen Defizite aufgefallen sind.“
„Defizite …“ Seth trommelte gedankenverloren mit seinen Fingern auf die Schreibtischplatte. „Da fällt mir sofort die Schwierigkeit ein, einen Myokardinfarkt bei Frauen zu diagnostizieren. Heute haben wir wieder einmal gesehen, dass bei Frauen die Symptome vollkommen atypisch sein können.“
Kylie nickte. „Ja, das habe ich mir schon notiert. Gleich nachdem Jim mich für verrückt erklärt hat, als ich darauf beharrte, dass sie einen Infarkt haben könnte.“
Sie hoffte aus ganzem Herzen, dass Jims Kenntnisse und Fähigkeiten nicht repräsentativ für ihr gesamtes neues Team waren. Denn sollte dies der Fall sein, dann lag mehr Arbeit vor ihr, als sie erwartet hatte.
„Wie sieht es mit Intubationstechniken aus? Sie haben vorhin darauf bestanden, dass mein endotrachealer Tubus noch einmal überprüft wird …“
„Kylie, bitte nehmen Sie es nicht persönlich“, bat er sie sanft. „Eine Überprüfung der Tubuslage sollte bei jeder Reanimation Standard sein. Ich wollte damit keinesfalls andeuten, dass das Rettungsdienstpersonal nicht ordentlich intubieren kann.“
„Sind Ihnen denn in der letzten Zeit irgendwelche Schwächen bei meinen Kollegen aufgefallen?“, fragte sie herausfordernd. „Es muss doch etwas geben, das Sie für verbesserungswürdig halten.“
„Natürlich. Da würden mir einige einfallen.“ Seth beugte sich vor und schenkte ihr ein weiteres umwerfendes Lächeln. „Geben Sie mir ein wenig Zeit, darüber nachzudenken. Könnten wir uns später noch einmal darüber unterhalten – zum Beispiel heute beim Abendessen?“
Wie bitte? Mit offenem Mund starrte Kylie ihn an. Versuchte er tatsächlich gerade, sich mit ihr zu verabreden?
„Tut mir leid, ich habe keine Zeit“, erklärte sie kühl. Wieso hielten sich die meisten Männer bloß für unwiderstehlich? Bens Vater war auch ein Charmeur gewesen. Am Ende hatte sie für ihre Naivität einen hohen Preis bezahlt.
„Wir können gern einen anderen Termin vereinbaren“, erklärte sie kurzangebunden.
Seth sah sie mehrere Sekunden lang prüfend an. „Ich vermute, an einem gemeinsamen Mittagessen morgen haben Sie ebenfalls kein Interesse?“
Kylie runzelte die Stirn. Was sollte das? Seth Taylor war ein attraktiver Mann und – soweit sie es beurteilen konnte – ein sehr kompetenter Arzt. Warum interessierte er sich für sie? Glaubte er womöglich, sie sei leicht zu haben? Oder benahm er sich Frauen gegenüber immer so offensiv?
„Dr. Taylor, ich möchte nicht mit Ihnen essen gehen. Mich interessiert ausschließlich Ihre Einschätzung des Ausbildungsstandes meines Teams.“
„In Ordnung.“ Abwehrend hob er die Hände. „Geben Sie mir eine Minute Zeit.“
Erleichtert stellte Kylie fest, dass er sein gewinnendes Lächeln abgelegt hatte und sich auf ihre Frage zu konzentrieren schien. Gedankenverloren kritzelte er auf einem Stück Papier herum.
„Es gibt da eine Sache, die ich persönlich sehr begrüßen würde“, erklärte er schließlich. „Ich fände es gut, wenn schon der Rettungsdienst bei reanimationspflichtigen Patienten eine Hypothermie einleiten würde.“
„Hypothermie?“ Kylie hatte sich aufgesetzt. „Wie meinen Sie das?“
„Es gibt Kühldecken, die gleich am Einsatzort über die Patienten gelegt werden können, um die Körpertemperatur zu senken.“
Kurz bevor sie fortgegangen war, hatte man in Chicago ebenfalls darüber diskutiert, ob eine solche Behandlungsleitlinie entwickelt werden sollte. Es war verblüffend, dass selbst in einem kleinen Krankenhaus wie dem Cedar Bluff Hospital die neuesten Methoden umgesetzt werden sollten.
„Ich wäre sehr gern bereit, diese Richtlinie zu definieren und umzusetzen. Haben Sie die Vorgehensweise schon formuliert?“, fragte sie.
„Nein, noch nicht. Vielleicht könnten wir gemeinsam daran arbeiten?“
Sein Lächeln war leider nicht völlig unschuldig, doch Kylie wollte sich diese phantastische Gelegenheit keinesfalls entgehen lassen.
„Gern. Es würde mir großen Spaß machen, an der Entwicklung einer neuen Behandlungsleitlinie mitzuarbeiten.“
„Dann ist es abgemacht.“ Seth sah sie an. „Ich möchte nicht aufdringlich sein – Sie haben offensichtlich bereits eine feste Beziehung – aber mein Terminkalender ist ziemlich voll. Es wird sich möglicherweise nicht vermeiden lassen, dass wir uns gelegentlich zum Essen treffen
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